Sie munkeln. Zwei von meinen Jungs auf dem Revier tuscheln geheimniskrämerisch hinter ihren Schnauzbärten, stehen aber sofort stramm, wenn ich vorbeiziehe. Wie tollwütige Waschweiber benehmen sie sich!
Über den Umstand ihrer Unterhaltung haben sie mich nicht so recht ins Bild setzen wollen, als ich sie eines Morgens dabei erwischte. Die Wiedergabe ihrer ureigenen Interpretation einer gewissen delikaten Angelegenheit sei womöglich missverständig aufzufassen, sagten sie- oder würde mehr Schaden als Nutzen anrichten.
Kurz vor Dienstschluss bekam ich dann doch noch Bericht erstattet. Der mit Abstand gescheitere der beiden, ein frischgebackener Sergeant, hätte den Doktor und den Detektiv in meinem Büro eindeutig gestikulieren sehen. Neulich, zur Mittagszeit, als die Sonne hereinschien. Und das machte alles so wirksamkeitsdeutlich, wie das Monokel seines Stiefvaters dessen Seheffizienz, betonte er.
Die Methoden des Holmes seien ihm nicht fremd genug, um sie nicht genau auf ebenjenen anzuwenden und eins und eins zusammen zu zählen, wo sich hier die Gelegenheit bieten würde. Wozu er sonst das Strand Magazine studiere, frage er sich, wenn nicht, um selbst eines Tages die Besetzung eines höheren Postens im Präsidium anzustreben. Liest das Blatt wohl stets mehrmals, bis es ganz abgegriffen ist. Diese Jungspunde haben vielleicht Zeit! Na, hoffentlich tut er es nach Dienstschluss.
Sein gewonnener Eindruck ließe ihm keine Ruhe. Die angestrebte Karrierelaufbahn, seinen polizeilichen Dienstgrad bald zu erhöhen, gestatte schließlich keine Umwege. Und deshalb meinte er, mir nun doch Meldung darüber machen zu müssen und seine Weste rein zu halten.
Mir! Als ob ich mir nicht selbst ein Bild machen könnte, aus dem, was an Hinweisen vor mir liegt. Wenn denn da Hinweise wären! Es war also so, dass mein Sergeant, der an dem Tag, an dem wir den Hamperson-Fall endlich lüften konnten, die Tüte mit den Kompassen in mein Büro gebracht hatte. Kurze Zeit später kehrte er noch einmal dorthin zurück, weil er darüber hinaus ein Ermittlungsprotokoll nachliefern sollte. Während er vor meiner Glastür auf mich, der nicht mehr zugegen war, wartete, hätte er der drinnen stattfindenden Auseinandersetzung eine anzügliche Thematik entnommen. Was, teils aus Verwirrung, teils aus Mangel an Gewohnheit, für das Wecken seines Interesses verantwortlich zu machen wäre. Eine fallengelassene Bemerkung, die zu deuten als Hinweis auf einen überaus vertrauenswürdigen, ja fast zu vertrauenswürdigen Umgang zwischen Holmes und Watson schließen ließe, wäre doch sicher in direkten Zusammenhang mit grober Unzucht zu stellen, so seine Auffassung.
Watsons Insistenz, das heimische Bett aufzusuchen und das, was der Sergeant noch so alles durch die Scheibe, von der abgeneigt meine beiden Besucher standen, gesehen und gehört hätte, sei für die Bildung seines Verdachts ursächlich gewesen.
Eine regelrechte Episode an Assoziationen, dass es sich in meinem Arbeitszimmer nicht bloß um die rein sachliche Analyse eines Kriminaldeliktes handeln würde, sei ihn ihm geweckt worden. Aus dem, was ihm zu Ohren gekommen sei, die im Übrigen sogleich errötet wären, könne er sich was denken. Und zwar, wie die ständigen detaillierten Wissensbekundungen von Holmes zu Stande kämen. Nämlich genaus so, wie möglicherweise bald vor mir präsentierte Aneignungen darüber, was gesellschaftliche Verbannung nach sich ziehen würde. Ich solle mich nur in Acht nehmen, denn er glaube, dass dieses ganze skurrile Detektiv-Wissen, auch das über gewisse Praktiken, auf persönliche Erfahrungen zurückzuführen sei.
Nun ja, das sind schwerwiegende Anschuldigungen, das ist wohl wahr. Aber diese Unterstellungen sind nicht meiner Überzeugung entsprungen.
Die hier Bezichtigten weisen sich durch eine nonchalante Ungezwungenheit im Miteinander aus und nehmen kein Blatt vor den Mund, auch nicht vor mir. Halten zusammen wie Pech und Schwefel, erst jüngst wieder, als ich sie zwei Tage, nachdem sich der Doktor diese Gehirnerschütterung zugezogen hatte, besuchte. Holmes hat ihn ja fast vor mir heilig gesprochen, ihn schwer verteidigt und die Angriffsfläche, die er dem Übeltäter auf dem Gehweg geboten hatte, als Heldenmut herausgestellt.
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Verborgen in 221b (Fortsetzung)
FanfictionDiese epilogische Ergänzung schließt an "Verborgen in vier Himmelsrichtungen" an und lässt all diejenigen zu Wort kommen, die etwas hinsichtlich einer sich seitdem entwickelnden Zuneigungsbekundung beizutragen haben: Mrs. Hudson, Inspektor Lestrade...