Alles oder Nichts

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Auf dem Weg zurück zum Quartier der Volturi wanderte mein Blick auf den Rücksitz, wo meine Mutter aus dem Fenster sah und sich müde das lange braune Haar nach hinten strich. Schlafen brauchten Vampire nicht, daher war es selten, wenn man sie mal müde aussah, aber die Tatsache, dass ich trotz der kürzlich geschehenen Ereignisse zurück wollte, machte sie alle fertig. Niemand wusste wie das Enden würde. Das hatten wir schon nicht gewusst, als wir aufgebrochen waren und nun wussten wir es noch weniger.

Ich hatte meiner Familie nicht von meinem Plan erzählt. Lediglich mein Vater wusste natürlich davon. Er hielt mich nicht auf, obwohl er ihn kannte und sie hielten mich nicht auf, weil ich sie im Ungewissen gelassen hatte. Und vielleicht war das auch gerade richtig so.

Ja, es war richtig. Ich wollte auf keinen Fall mein ganzes unsterbliches Leben, mit meinen Kindern auf der Flucht sein. Ich wollte sie in aller Ruhe aufwachsen sehen, wollte ihnen eine ebenso behütete Kindheit geben, wie ich sie bekommen hatte. Im Kreise unserer Familie und nicht irgendwo im sonnigen Mallorca, nur damit die Sonne uns vor jenen schützte, die uns unerbittlich jagten.

Diesmal wurden wir nicht von Heidi begrüßt. Stattdessen stand ein mir unbekannter Vampir mit schwarzem kurzen Haar und blutroten Augen vor dem Tor und öffnete uns die Pforte.

„Ah ...“, sagte Aro nur, als er uns eintreten sah. Er hätte genauso gut ein Anwalt sein können, dem die Sekretärin ein paar Akten brachte, die er haben wollte. Zumindest hatte er diese Tonlage.

„Aro“, gab mein Vater zurück.

Aro kreuzte die Arme vor der Brust und schüttelte sachte den Kopf.

„Wie bedauerlich, dass ihr euren Teil der Abmachung nicht erfüllt habt, meine Lieben.“

„So war es nicht...“, antwortete mein Vater, doch Aro schien ihn einfach zu überhören.

„Aber offenbar, scheinen Halbvampire im allgemeinen ziemlich hitzköpfig zu sein ...“, sagte er mit bedauerndem Ton und fixierte Nahuel, der Aro einfach nur etwas zerknirscht musterte.

„Ihr versteht nicht ...“, hörte ich dann meinen Vater wieder, doch der Kopf der Volturi ignorierte ihn weiter.

„Was machen wir da nur ...“, sagte er dann und legte die Hand ans Kinn, so als würde er angestrengt überlegen.

„Vielleicht wäre es ein guter Anfang, wenn ihr uns einfach eine Chance zur Erklärung gebt“, meldete sich nun mein Großvater zu Wort.

„Chance?“, brüllte Caius dann von weiter hinten. „Ihr hattet eure Chance. Und das Einzige, was deine liebliche Enkelin tat, war unsere Abmachung zu brechen!“

„Renesmee ist nicht ohne Grund geflohen“, sagte Carlisle ruhig.

„So?“, fragte Aro dann. „Edward ... hast du deine Tochter etwa nicht über unsere Abmachung informiert?“

„Doch“, antwortete er. „Aber-“

- „Ich möchte, dass sie selbst spricht“, bat Aro dann und reichte mir seine bleiche Hand. Jake stand direkt hinter mir und hatte seine Hände an meine Hüfte gelegt. Als ich einen Schritt nach vorn gehen wollte, wurde sein Griff fester.

„Jake ...“, sagte ich nur, dann ließ er mich widerwillig los und ich konnte zu Aro gehen. Als ich näher trat, schlug mir das Herz bis zum Hals, dann legte ich meine Hand in seine. Es war kein schönes Gefühl. Eigentlich war es ein Händeschütteln wie so viele Andere auch, aber es bereitete mir Unbehagen zu wissen, was Aro da tat. Einige Sekunden später lächelte er mich an und ließ meine Hand wieder los.

„So war das also ...“

Ich nickte nur.

„Gut ... lasst mich nur sicher gehen.“

Rising Sun - Biss das Licht der Sonne erstrahlt (Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt