Das dritte Kind

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[Jacob's Sicht]

Geschockt starrte ich sie an. Ihre schokoladenbraunen Augen, die mich stets so sehr verzauberten, sahen mich müde an.

„Jake...“, hauchte sie geschwächt und ich nahm meine Hand von ihrer Schulter, die sie bis dato gehalten hatte, in die Ihre. „Bitte...“

Verständnislos betrachtete ich sie mit offenem Mund. Weinen konnte ich nun nicht mehr. Anschreien konnte ich sie auch nicht. Ich fühlte weder Wut, noch Trauer noch Hass. Ich fühlte einfach gar nichts mehr. Sie sagte nichts, sah mich einfach nur an. Doch ihre Augen sprachen Bände. Wie konnte sie das von mir verlangen?

Ich konnte ihr keine Bitte ausschlagen, aber das war zuviel. Ich konnte die Person, die für mich der Mittelpunkt der Welt war, den Grund meines Lebens, nicht umbringen. Ich konnte ihr niemals weh tun. Ich konnte es nicht.

Langsam schüttelte ich den Kopf. Sie sah mich hilfesuchend an und hielt meine Hand. „Willst du, dass unser Baby stirbt?“, fragte sie verzweifelt.

Ich sah sie mit einer Mischung aus Angst und Entsetzen an. „Nein, natürlich nicht.“

„Dann hilf ihm ...“

Ich krallte meine Hände an den Rand des Beckens, das Material drohte fast zu bersten.„Das kann ich nicht ...“

„Du musst!“

„Nein!“, rief ich verzweifelt.

„Jake!“, schrie sie mich unter Schmerzen an und sackte dann wieder zusammen. Ich hielt sie über Wasser. Meine Augen fixierten sich anschließend auf Carlisle.

„Ich sehe keine Möglichkeit Beide, zu retten …“, sagte er leise, dann hing er den noch viel schlimmeren Satz hinten dran. „Ich sehe nicht einmal eine Möglichkeit, sie zu retten ... wir können nur hoffen, dass das Baby die Strapazen übersteht.“

Mein Herz raste noch schneller. Die wichtigste Person in meinem Leben hing ausgelaugt und kraftlos in meinen Armen und drohte zu sterben. Das Einzige was ich noch retten konnte, war das Leben in ihr, das ein Teil von ihr war. Und ein Teil von mir.

Aber würde ich damit leben können, nicht in der Lage gewesen zu sein, sie zu retten? Würde ich unsere Kinder ohne sie großziehen können? War ich dazu wirklich stark genug?

Im Moment fühlte ich mich zu überhaupt nichts mehr in der Lage. Ich wollte nur noch sterben ... sehnte mich danach, ihr zu folgen, wenn sie ging. Dann spürte ich, wie jemand neben mich trat. Bella sah ebenso fertig aus wie ich. Sie konnte nicht weinen, aber das war auch gar nicht nötig... „Sie hat vielleicht noch eine Chance...“, meinte sie.

Sofort horchte ich auf und sah sie an. „Wie?“

„Wir machen es wie damals bei ihrer Geburt. Wir holen das Baby und bevor ihr Herz aufhört zu schlagen, verwandeln wir sie.“

Mir klappte der Mund auf. Nessie ein vollwertiger Vampir? Ging das überhaupt? Und wenn ja, würde ich damit zurechtkommen?

Ja, das würde ich... lieber so, als tot.

Bella sah mich an, wartete auf eine Antwort. Ich wollte gerade etwas sagen, da unterbrach mich Carlisle. „Was ist, wenn es nicht funktioniert? Sie ist ein Mischwesen, genau wie Jacob. Das Gift könnte sie genauso gut töten ...“

„Das weiß ich“, antwortete Bella. „Aber eine andere Wahl haben wir nicht...“

Carlisle zögerte einen Moment, dann nickte er.

„Also gut ... Jacob du stützt sie, ich öffne ihren Bauch und Bella, du holst dir dann das Baby.“

Mir wurde ganz schlecht ... die Sätze hörten sich an, wie aus einem makaberen Splatter-Movie. Die Bilder würde ich nie wieder aus meinem Kopf bekommen ... ich hatte bei ihrer Geburt schon gehofft, so etwas nie wieder erleben zu müssen und jetzt wiederholte es sich wieder ... warum war das Schicksal nur so verdammt grausam?

Rising Sun - Biss das Licht der Sonne erstrahlt (Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt