Kapitel 3

18 2 0
                                        

Ich befinde mich nun in der Schulbibliothek. Sie ist groß und nur wenige Schüler sind hier. Ich setze mich schnell auf ein Platz. Was war mit dem Mädchen los? Sie hat nicht aufgehört zu husten und wurde von einem Krankenwagen abgeholt. Moment, Ich habe eine Idee. Ich lese es in mein Schicksalsbuch nach. Hektisch suche im Buch nach der Seite, auf der Ayumis Schicksal steht. Da ist die Seite. Ich kann nicht glauben was hier steht. Ayumi erkrankt an Lungenkrebs. Das Schlimmste? Ich müsste es gestern geschrieben haben, als ich betrunken war. Von nun an plagen mich schwere Schuldgefühle.

Ich habe erstmal beschlossen sie im Krankenhaus zu besuchen. Nun stehe ich vor ihr Krankenzimmer, nass bis zu den Socken und traue mich nicht herein zu gehen. Langsam öffne ich die Tür. Das Licht ist an. Sie liegt wach im Bett und starrt ihr nicht-abgedecktenes Auge auf die Decke. Neben ihr ist ein Fenster, draußen ist es stockdunkel und regnet. „Hey, ich bins, deine Klassenkameradin. Ich war besorgt um dich und wollte nach dir sehen. Wie geht es dir?", sage ich, doch sie reagiert nicht. Sie starrt weiterhin nur auf die Decke. Wieso frag ich überhaupt. Ich habe vorhin, als ich in mein Buch nachgesehen habe, auch gelesen, was im Krankenzimmer passieren wird. Denn letzten Endes ist sie auch nur ein Mensch, dessen Schicksal ich bestimmt habe. Auch wenn ich sie irgendwie mag und interessant finde. Sie wird die ganze Zeit nur auf die Decke starren und nicht reagieren. Denn es gibt mehrere Regeln beim Schicksalschreiben. Eine davon lautet, dass das Verhalten, das man Menschen zuschreibt, deren Charakter zumindest teilweise entsprechen muss. Deshalb kann ich sie nicht einfach so reagieren lassen, wie ich es mir wünsche.

„Kannst du reden? Weiß man schon, was vorhin los war?", frage ich, ohne eine Antwort zu erwarten. Plötzlich dreht sie ihren Kopf zu mir. Sie schaut mir mit einem Auge ganz tief in die Augen. So, als würde sie meine tiefsten Geheimnisse sehen. Es ist irgendwie unheimlich. Sie ist irgendwie unheimlich. „Äh, wo sind eigentlich deine Eltern? Kommen sie dich gl-", frage ich eingeschüchtert, als sie plötzlich vom Bett aufsteht. Aber das stand nicht im Buch, als ich vorhin nachgeschlagen habe. Wie kann das also sein? Sie geht zum Fenster und blickt zum Himmel. „Manchmal stelle ich mir vor, dass die Wolken ganz große Marshmallows sind.", sagt sie. Das habe ich definitiv nicht geschrieben. Auf so ein Satz würde ich nicht mal betrunken kommen. „Aber wieso sind sie so fern?", flüstert sie. Sie dreht sich zu mir um. „Moira, glaubst du, du könntest alle Wolken aufessen, wenn sie Marshmallows wären?", fragt sie mich. Sie fragt mich so, als wäre es die normalste Frage der Welt. Und vor allem in dieser Situation. „Moment, weiß man schon, was heute auf dem Dach mit dir los war?", frage ich irritiert. „Lungenkrebs.", antwortet sie mit neutraler Stimme.

Verbotenes WunderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt