Es ist nun zwei Tage her, seitdem das Wunder geschehen ist. Seitdem wohnt Ayumi bei mir, da sie ihre Eltern verloren hat und nicht alleine in der Wohnung bleiben konnte. Und ich führe ein normales Leben, ohne die Zukunft zu schreiben oder zu kennen. Naja, nicht ganz normal. Denn bisher habe ich mich nicht getraut zu schlafen. Ich bin zwar totmüde, aber jetzt zu schlafen könnte schlimm enden. Denn wenn ich schlafen würde, dann würde ich wahrscheinlich den Herren in der Traumwelt treffen. Was für Strafen mich dort erwarten, möchte ich gar nicht wissen. Früher oder später werde ich es zu spüren bekommen.
Zum Glück weiß Ayumi von all dem nichts. „Guten Morgen, Moira.“, sagt sie gähnend und reibt sich die Augen. „Guten Morgen.“, sage ich und beiße gedankenversunken ein Stück vom Marmeladenbrötchen ab. Ich sitze nämlich gerade in der Küche und frühstücke. Ich mag es, wie die Sonne durch die Gardine scheint und die Fussel so hilflos und durcheinander in der Luft schweben. Es erinnert mich irgendwie an die Menschen, wie sie ihr Schicksal nicht selbst in der Hand haben und nicht entscheiden können, welchen Weg sie nehmen. Dass man sie nur im Licht der Sonne wahrnehmen kann, hat auch etwas. Aber jetzt bin ich dem wohl ähnlich. Ich frage mich, ob es jemanden gibt, der jetzt auch mein Schicksal schreibt.
„Was ist los? Du machst machst dir über etwas Gedanken?“, fragt mich Ayumi nun, nachdem sie im Badezimmer war.
„Ähm nein, es ist nichts.“
"Du siehst sehr müde aus. Hast du auch gut ausschlafen können?", fragt sie besorgt.
"Ja, mehr oder weniger."
„Wie wär’s damit? Ich backe dir die leckersten Pancakes auf der Welt.“, verkündet Ayumi selbstsicher.
„Die Leckersten?“
„Ja, die Leckersten.“, sagt sie ohne Zeichen von Selbstzweifel zu zeigen. Sie scheint ziemlich überzeugt zu sein, von dem, was sie sagt.
„Gut, die möchte ich gerne ausprobieren.“
...
Sie hat alle Zutaten und Kochutensilien vorbereitet und backt nun die Pancakes. Ich habe keine Ahnung vom Kochen, aber sie scheint einige Rezepte zu kennen. Wie Ayumi mit ihrer Schürze da am Herd steht und Pancakes backt… Ich finde, es sieht irgendwie süß aus. Ich stehe auf und gehe zu ihr.
"Na, wo ist dein superduper geheimnisvolles Rezept, kann ich es sehen?", frage ich humorvoll.
"Nein, Moira. Es ist geheim.", sagt sie und will, dass ich mich wieder hinsetze.
"Wusstest du, dass du mit der Schürze total niedlich aussiehst?"
"Danke...", sagt sie verlegen.
Ich streiche ihr langsam mit der Hand über das Gesicht. Sie hat eine so weiche Haut, das ist mir schon beim letzten Mal aufgefallen. Meinen Blick kann ich blöderweise nicht von ihren Lippen abwenden. Sie schaut mich verwirrt an.
In mir brennt ein großes Verlangen auf einen intensiven Kuss mit ihr. Ich halte Ayumis Hand und nehme sie mit zur nächsten Wand, wo wir schließlich einen kurzen Kuss haben.
"Gefällt es dir wenn wir uns küssen oder nicht?", frage ich vorsichtshalber.
"Ich habe Angst, dass es falsch ist, was wir tun.", gesteht sie.
"Gefällt es dir nun oder nicht?"
"Ja, ich mag es...", antwortet sie.
"Dann ist es nicht falsch."
Ich lege meine Hände auf ihre Schultern und führe den Kuss fort. Unsere Zungen treffen mehrmals aufeinander und jedes mal ist es ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Es ist schöner als alles, was der Himmel zu bieten hat. Der Kuss dauert bestimmt schon eine halbe Minute, aber ich habe nicht vor ihn zu unterbrechen. Mir gefällt es, wie Ayumi dezent stöhnt, wenn sie erregt ist. Beim Luft holen haucht sie mir ins Gesicht und ich atme die Luft ein, die in ihrem Körper war. Ja, man kann sagen, ich bin verrückt nach ihr.
"Wieso schlägt mein Herz immer schneller, wenn wir uns küssen?"
"Ich weiß nicht...", sagt sie verlegen und schaut runter.
Sie sitzt nun angelehnt an der Wand und ich vor ihr auf meinen Knien. Ich lege eine Hand auf ihr Bein und mit der anderen Hand halte ich ihr Gesicht beim Küssen. Ihre Lippen sind mittlerweile schon so feucht, dass ich beim Küssen von ihnen abrutsche. Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ich weiß nicht wie lange wir es schon tun, ich weiß nur, dass es nicht lang genug ist. Jetzt, wo ich Zeit mit ihr verbringen kann, möchte ich sie nutzen. Ich möchte körperlichen Kontakt zu ihr. Ich möchte alles mit ihr machen. Ich will mit ihr um die Welt reisen und Eiscreme verkaufen. Denn vor allem wünsche ich mir, dass ihr Traum in Erfüllung geht. Dann bin ich auch glücklich. Mir ist jetzt nämlich bewusst, dass alles jederzeit enden kann.
"Was riecht hier.. verbrannt? Oh nein! Ich habe die Pancakes vergessen!", sagt sie und geht schnell zum Herd. Man, diese blöden Pancakes. Ich hätte jetzt viel lieber weiter gemacht.
"Wegen dir sind jetzt meine geliebten Pancakes angebrannt. Danke, Moira.", sagt sie verärgert und wirft sie in den Restmüll.
"Tut mir leid. Aber es war doch schön, oder?"
"Ja. So ein schönes Gefühl kann nicht falsch sein... Du hast dir heute über etwas Sorgen gemacht? Ich möchte dir helfen, du kannst deine Sorgen mit mir teilen.", sagt sie während sie neue Pancakes macht. Ich setze mich wieder auf den Stuhl.
"Ach, das waren keine Sorgen, im Gegenteil. Ich bin glücklich, dass es dir gut geht. Ich muss es nur erst richtig realisieren."
...
„Ich hatte schon ziemliches Glück, dass der Tumor wie durch ein Wunder verschwunden war.“, sagt sie plötzlich. Ich sitze zwar hinter ihr, aber ich kann trotzdem aus dem Winkel erkennen, dass sie sich zu einem Lächeln zwingt. Denn ihr ist es unangenehm, über das Thema zu reden. Natürlich ist es das. Ich weiß, dass sie es nur tut, damit ich es schneller verarbeite.
„Als hätte ich einen Schutzengel auf meiner Seite.“
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Verbotenes Wunder
FantasyMoira, ein Schicksalsengel, bekommt vom Herren einen Auftrag. Sie soll das Schicksal der Bürger einer Kleinstadt namens Revise City schreiben. Menschen sind langweilig. Ihre Handlungen sind vorhersehbar. Sie denken, sie seien frei, dabei folgen sie...