Ich sitze im Krankenhaus. Der Geruch von Tod liegt in der Luft. Neben mir sitzt Ayumi und weint, denn sie hat ihre Eltern verloren. Sie sieht so hilflos aus. Sie tut mir wirklich leid. "Das Schicksal meint es nicht gut mit mir", sagt sie mit schluchzender Stimme. In dem Augenblick hörte ich auf nachzudenken und küsste sie.
...
Und in dem Moment geisterte kein einziger Gedanke in meinen Kopf, außer der, dass ihre Lippen weich sind. Es fühlt sich so gut an. "Ich werde dafür sorgen, dass dich in Zukunft bessere Tage erwarten.", sage ich ihr benebelt vom Kuss. Ayumi bricht den Kuss ab. "Die Leute schauen uns an, Moira.", sagt sie leise.
Wir gehen schnell in eine kleine Abstellkammer. Ich halte ihre Wange und sehe ihr tief in die Augen. Mein Herz schlägt ganz schnell. Ich glaube, ich habe mich in sie verliebt. Wir führen unseren Kuss fort. Ich gehe mit meiner Zunge ziemlich weit. Aber es scheint ihr auch zu gefallen. Was der Herr wohl über mich denkt? Das ist mir in dem Moment sowas von egal.
Während wir uns küssen, kommt in mir eine Angst hoch, dass wir früher oder später damit aufhören werden. Ich will nicht aufhören. Plötzlich erinnere ich mich, dass Ayumi bald sterben wird. Und dass es meine Schuld ist. Ich gehe einen Schritt zurück. "Was ist los, Moira?", fragt sie.
"Bist du froh, dass deine Eltern tot sind?"
"Wieso fragst du mich auf einmal so etwas?", antwortet sie und ich merke, dass die Frage sie etwas verärgert hat.
"Nur so."
"Lass uns lieber weiter machen, Moira."
"Ja, klar.", sage ich nachdenklich. Ich wollte aber keinen nachdenklichen Eindruck machen. Plötzlich fängt sie wieder an, Blut auszuhusten. Mein Herz schlägt schneller als es sowieso schon tat. Ich bekomme Angst um sie und rufe schnell einen Arzt.
...
Das mit dem Kuss stand nicht im Schicksalsbuch. Ich habe es einfach getan. Deshalb war es für mich unvorhersehbar, wie sie reagiert und was passieren wird.
Ayumi befindet sich nun im Krankenzimmer. Ich darf sie endlich besuchen, nachdem die Ärzte sie behandelt haben. Sie liegt im Bett und schaut traurig aus. "Was ist los, Ayumi? Haben dir die Ärzte was erzählt?", frage ich, ohne bereits die Antwort zu kennen. "Ich habe noch höchstens wenige Monate zu leben, sagen die Ärzte." Was, so schnell schon? Was soll ich mit meinem Leben anfangen, wenn sie stirbt?
"Ich habe dir noch gar nicht von meinem Traum erzählt", sagt sie mit einem Lächeln.
"Was ist dein Traum?"
"Ich will durch die ganze Welt reisen und das leckerste Eiscreme der Welt verkaufen! Und dann werde ich reich."
"Oh.."
"Ich wollte das mal. Ich weiß, dazu wird es nicht mehr kommen. Aber falls ich, wie meine Eltern es mir sagten, wiedergeboren werde, dann komme ich als erstes zu dir und wir reisen gemeinsam durch die Welt. Okay, Moira?"
"Na.. -türlich. Einen Moment, ich muss kurz...", bekomme ich noch raus und verlasse den Raum. Ich laufe weinend mit einer Hand an der Wand durch den Gang im Krankenhaus.
Ich bin machtlos, ich als Engel. Es macht mich fertig, sie so zu sehen. Ich wünschte, ich könnte ihr helfen. Nun, eigentlich kann ich ihr helfen. Aber das würde bedeuten, ich müsse mich Gott wiedersetzen. Und die folgen wären gar nicht auszumalen. Aber eigentlich bin ich bereit, alles für sie herzugeben. Mir fällt ein, ihren Traum habe ich nie geschrieben. Es ist ihr eigener Wille. Ich glaube, ich werde es wagen... Ich werde alles für sie aufgeben. Damit ihr Wunsch in Erfüllung geht!
***
Ayumi wird durch ein Wunder geheilt.
***
Das heißt, ab jetzt bin ich ein gefallener Engel. Aber das soll mir recht sein.

DU LIEST GERADE
Verbotenes Wunder
FantasyMoira, ein Schicksalsengel, bekommt vom Herren einen Auftrag. Sie soll das Schicksal der Bürger einer Kleinstadt namens Revise City schreiben. Menschen sind langweilig. Ihre Handlungen sind vorhersehbar. Sie denken, sie seien frei, dabei folgen sie...