3

89 4 14
                                    

*Trigger Warning*
Falls du leicht angreifbar gegenüber Selbstmord/Selbstverletzung bist, rate ich dir, dieses Kapitel zu überspringen. (Ich hab dich gewarnt.)

----------------------------------------------------

P.O.V. Tyler

Samstag, 19. August

Ich schlage die Augen auf und alles, was ich sehen kann, ist Dunkelheit. Durchdringende Dunkelheit. Ich stütze mich auf die Hände und sehe Umrisse von Bäumen. Bin ich in einem Wald?
Wo bin ich? Und wie bin ich hier her gekommen?

Ich stehe auf und betrachte die Umgebung genauer. Jetzt weiß ich, warum es so dunkel ist, der Mond ist nicht am Himmel und auch die Sterne werden wohl von Wolken verdeckt.

Es ist komplett windstill, nicht Mal ein Lüftchen weht und im Allgemeinen kann ich nicht sagen, ob es kalt ist, denn ich spüre keine Temperatur.

Ich will es nicht wirklich, doch ich beginne zu laufen. In letzter Zeit habe ich das Gefühl, als würde ich nichts mehr bewusst tun, ich ließe mich nur von meinem Instinkt treiben.

Ich laufe und alles was ich höre, ist mein Atem. Nicht Mal meine Füße machen auf dem Waldboden ein Geräusch.

Ich sehe nur Umrisse, aber ich glaube, einen bekannten Ort erkennen zu können.

Das alte Baumhaus ist da vorne.

Sogleich gehe ich einen Schritt schneller, denn es stimmt. Das ist mein Lieblingsort in unserem Wald. Ich vermisse ihn, aber die Polizei hat wahrscheinlich immer noch alles abgesperrt.

Jedoch kann ich keine Abspeerbänder erkennen. Alles, was ich sehe, ist eine Leiter, die am Baumhaus hinabbaumelt.

Das kann nicht sein.

Am Baumhaus befindet sich schon seit Jahren keine Leiter mehr, irgendjemanden hat sie wohl abgerissen und auch wenn ich eine Neue bauen wollte, Josh hat mir immer geraten, dass es mittlerweile sowieso viel zu gefährlich ist, da das Holz schon ganz morsch sei.

Ich greife die Leiter und steige langsam Sprosse für Sprosse hinauf.

Ich robbe am Boden des Baumhauses entlang, da das Dach zu niedrig ist, um zu stehen.

Und plötzlich lässt mich etwas in nächster Nähe erstarren.

Es sieht aus wie ein Körper... Eines Menschen.

Ich krieche näher heran. Mir ist heiß und kalt gleichzeitig.

Der Junge, der dort liegt hat tiefe Schnittwunden in den Armen. Neben ihm liegt eine kleine Klinge, wie aus einem Spitzer ausgebaut. Die Klinge ist blutgetränkt. Ich sehe ihn vor mir, wie er die Zähne zusammenbeißt und die Klinge an den Arm ansetzt. Er drückt und seine Haut gibt nach, er schneidet sich ins Fleisch.
Der Junge, der dort liegt hat sich ein Wort in den Arm geritzt.
GONER
Der Junge hat seine Hand zu einer Faust geballt und er hält sich an einem Stück Papier fest, als hänge sein Leben davon ab.
Vorsichtig öffne ich seine Hand, ich spüre nicht, ob sie kalt ist, oder noch warm, und ich fühle mich, als würde ich ihm sein Geheimnis weg nehmen. Ich falte den Zettel auseinander.

Beware of the voice only the broken can hear.

Ich schaudere und wandere mit dem Blick weiter an ihm nach oben.

Seine Augen sind geöffnet und ich sehe lang erloschene Verzweiflung in ihnen, doch nicht einen Funken Schmerz. Ihm hat es nicht weh getan.
Der Junge, der dort liegt hat sich umgebracht, nachdem er sich sicher war, dass ihn nichts mehr halten kann. Er war sich hundert Prozent sicher.

Seine verwuschelten braunen Haare haben ihren Glanz verloren.

Und dann fällt mir noch etwas auf.

Er hat eine kleine Narbe an der rechten Seite seines Halses.

Alles um mich beginnt, sich zu drehen.

Die Narbe hat er bekommen, als er mit sechs vom Fahrrad gefallen und einen Hang komplett hinunter gefallen ist. Sein Freund Josh hat seine Eltern gerufen und nichts Schlimmes ist passiert.

Der Junge, der dort liegt, bin ich.

Maybe we love // Joshler [Ger]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt