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"Was ist passiert?", fragt er mich.

Die drei Worte, vor denen ich mich am meisten fürchte.

Die ich vermeiden will, denn ich kann sie nun mal nicht beantworten. Ich weiß nicht genau, was passiert ist. Ich wünschte, ich täte es.

Ich erzähle ihm
Alles.

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P.O.V. Josh

Einatmen. Ausatmen.

Keiner spricht ein Wort.

Vor meinem inneren Auge spielen sich die letzten dreißig Minuten ab. Tyler, der langsam beginnt zu erzählen. Von der Stimme gestern, von seinem Traum, dem Baumhaus, dem Jungen, der sich das Leben nahm. Während er mir das alles schildert beginnt er, immer schneller zu reden, immer mehr zu gestikulieren. Er wird immer offener. Erst dann merke ich, wie viel Druck seit gestern auf ihm lastet und ich fühle mich schlecht, dass er sich nicht getraut hat, mit mir darüber zu reden.

Irgendwann ist er dann in Tränen ausgebrochen und nun liegt er in meinen Armen auf meinem Bett. Er riecht nach Macadamia. Ich seufze. Er schnarcht. Ist das sein Ernst? Aber sein Traum wird ihn sicher total fertig gemacht haben und er ist immer noch müde.

Während wir hier so liegen schweifen meine Gedanken zu Brendon. Er wollte mich heute Morgen treffen. Ich weiß nicht genau warum, wahrscheinlich wollte er Mal wieder meinen Ratschlag, weil er sich wieder mit Ryan rumgebissen hat obwohl er doch versucht, das Herz von Dallon zu erobern.

Ich lächle leicht. Brendon hat es so leicht. Niemand sagt was gegen seine Sexualität. Er ist einfach er. Ohne Labels. Ohne Probleme.

Jedenfalls kam er zu mir mit eindeutigen Nebenwirkungen von Drogen. Ich kann nicht sagen, welche es waren, weil ich auf dem Gebiet absolut unerfahren bin. Ich war erst ein einziges Mal betrunken und an dem Abend musste Tyler mich nach Hause schleppen. Ich kann mich nur noch an den heftigen Kater am nächsten Tag erinnern aber nicht mehr an die Nacht davor.

Ich gab Brendon etwas Wasser und frühstückte mit ihm.

Ich kann mich noch ziemlich genau an den Nachmittag erinnern als wir uns trafen.

Ich saß allein im Wald und dachte nach. Vor allem über Tyler. Ich sah sein wütendes und zugleich verletztes Gesicht vor mir und vereinzelte Tränen tropften auf das trockene Gras am Waldrand.

So tief wie ich in meiner Traumwelt war, merkte ich gar nicht, wie sich jemand von hinten näherte. Ein braunhaariger großgewachsener Junge setzte sich neben mich auf den umgekippten Baum.

Eine Weile schwiegen wir und als ich aufgehört hatte, zu schniefen, stellte er sich als Brendon vor, der aus Skilly House ausgebüchst war. Er fragte mich, warum ich weinte und ich erzählte ihm, dass mein bester Freund versucht hatte, sich das Leben zu nehmen und er der Einzige sei, den ich hatte und brauchte. Dass ich schreckliche Angst hatte, ihn zu verlieren. Und schreckliche Angst, ihm nicht mehr sagen zu können, wie wichtig er mir war.

Bis heute habe ich Tyler nie von Brendon erzählt, weil ich nicht will, dass er eifersüchtig ist. Ich erzähle Tyler alles, was mich bedrückt aber mit Brendon kann man so gut reden und er verurteilt dich nicht. Er nimmt es ungefiltert und ohne voreingenommen zu sein, auf.
Natürlich würde mich Tyler niemals verurteilen aber er kennt meine ganze Geschichte. Er weiß alles über mich.

Sein Kopf dreht sich und müde Augen treffen auf meine. Ich halte die Luft an. Er ist so wunderschön. Seine schokoladenbraunen Augen und seine leicht geschwungenen Lippen lassen sich stundenlang bewundern.

"Ich brauch' nen Kaffee", sagt er, steht auf und verlässt das Zimmer.

Maybe we love // Joshler [Ger]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt