29. August 2015
» Louis
Wenn ich bislang in der Annahme war, dass verliebte Männer das Schlimmste auf der Welt waren, so musste ich diese nun revidieren. Es gab etwas Schlimmeres.
Verliebte Pärchen.
Besonders solche, die ihr Glück auch noch jeden unter die Nase reiben mussten und noch schlimmer war es, wenn man drei davon vor sich sitzen hatte. Ständig klebten sie mit den Lippen einander, säuselten sich sich irgendwelche süßen Scheußlichkeiten in das Ohr oder kicherten über blöde Banalitäten.
Was mich aber weitaus mehr störte als meine Verräterfreunde, war die Tatsache, dass irgendjemand auch Maya angeschleppt hatte. Ihr Bauch war deutlich gewölbt und ich musste mich zusammenreißen um sie nicht anzustarren. Ich hatte das Gefühl, dass sie sich wie ein Geist durch den Raum bewegte und wann immer ich mich auf einen Punkt fokussierte, nahm sie genau dort eine feste Gestalt an. Sie hielt sich von mir fern. Sie hatte mich nicht einmal begrüßt, während sie alle anderen liebevoll in den Arm genommen hatte. Es sollte mich nicht stören, aber es störte mich.
Aber wenn sie nicht mit mir sprechen wollte, bitteschön! Ich war nicht darauf angewiesen und beschäftigte mich lieber damit den Alkoholbestand zu dezimieren, der von den anderen Gästen reichlich vernachlässigt wurde. Payno hatte offensichtlich nur eingeladen um mit der Frau in seinen Armen anzugeben. Genauso wie auch die anderen ihre besseren Hälften vorführten.
Ich hasste es hier zu sein. Es war eine Folter. Mit dem Glas in der Hand erhob ich mich von der Couch und begab mich nach draußen auf den Balkon. Ich wusste nicht, weshalb sie überhaupt hier war. In ihrem Zustand sollte sie nicht mehr reisen. So viel wusste ich von meiner Mutter als sie mit den Zwillingen schwanger war. Von Flugreisen wurde in den letzten Wochen vor der Geburt abgeraten.
Auf dem Balkon schlug mir kühle Luft entgegen und ich atmete tief durch. Es kühlte langsam ab, aber dennoch war die Hitze des Tages noch immer zwischen den Häusern gefangen. Ich schloss meine Augen und lehnte mich über das Geländer. Das Glas mit dem Whiskey in den Händen. Gesprächsfetzen wehten von drinnen zu mir heraus, jedoch waren sie so gedämpft, dass ich einzelne Worte nicht verstehen konnte. Ich versuchte es auszublenden und die Stimmen wurden zu einem monotonen Summen.
Meine Gedanken schweiften davon. Ich schaffte es nicht sie von ihr wegzulenken. Immer wieder landete ich bei Maya und dem Baby. Damit kamen auch die Zweifel.
Hatte ich richtig gehandelt?
War es fair sie alleine zu lassen?
Könnte ich es jemals wieder gut machen?
Die Antwort auf diese Fragen lautete in jedem Fall: Nein. Ich hatte ganz schönen Mist gebaut und war jetzt zu feige um dazu zu stehen. Es war leichter wegzulaufen als zu den Fehlern zu stehen, die man gemacht hatte.
Ich hob das Glas an die Lippen und trank einen Schluck. Der Alkohol brannte in meiner Kehle und doch genoss ich dieses Gefühl. Es war ein Zeichen, dass ich doch noch etwas fühlte und nicht ganz abgestumpft war.
Hinter mir waren Schritte zu hören. Meine Augen schlossen sich und ich wünschte mir wer immer es auch war, dass er einfach ruhig sein würde und wieder verschwand. Leider war das Leben kein Wunschkonzert und mir wurde selbst dieser kleine Wunsch nicht gewährt.
"Du solltest nicht so viel trinken."
Alles in mir spannte sich an und ich kniff die Augen noch fester zusammen. Es hätte jeder sein können. Warum ausgerechnet sie? Ich umfasste mein Glas fester und öffnete langsam meine Augen. "Was geht es dich an?", fuhr ich sie an, drehte meinen Kopf und erstarrte. "Entschuldige", entwich es mir noch ehe es mir bewusst war, dass ich mich entschuldigte. Ihre Augen wurden groß und wie wandte schnell den Blick ab.
Leise seufzte ich, nutzte den Moment um sie zu mustern. Ich sollte es nicht tun, aber ich tat es trotzdem. Sie sah gut aus. Wenn man es denn in diesem gedämmten Licht überhaupt deutlich erkennen konnte. Ihr Bauch war deutlich gewölbt und wenn ich es nicht besser wüsste - Niall war meine Quelle - würde ich behaupten, dass da mehr als ein Baby drin steckte. Es juckte mir in den Fingern meine Hand auf ihren Bauch zu legen. Immerhin war dort mein Baby drin. Obwohl sie es gewiss nicht gut heißen würde, wenn sie von diesem Gedanken erfuhr.
"Schon gut", meinte sie nur und ein gutmütiges Lächeln erschien auf ihren Lippen. "Wie geht es dir?", fragte sie, während ich sie verwundert musterte. Ich zuckte mit den Schultern. "Geht schon. Und dir?" Mir fiel nichts besseres ein. Smalltalk war nie meine Stärke gewesen, aber ich wusste nicht, was ich sonst sagen sollte. Mein Kopf war sie leer gefegt.
"Gut", sagte sie leise und legte ihre Hände auf den Bauch. Ich folgte ihrer Bewegung und fragte mich wie sie reagieren würde und ob es das Theater wert wäre, wenn ich einfach meine Hand auf ihren Bauch legte.
"Ich bin froh, wenn es da ist." Noch immer sprach sie leise und ich konnte sie kaum verstehen. Fragend hob ich meinen Kopf um sie anzusehen. "Warum?" Nun lachte sie leise. "Es ist anstrengend. Meine Füße sind angeschwollen und ich muss gefühlt alle fünf Minuten wohin."
Ich runzelte die Stirn, weil ich nicht ganz verstand, worauf sie hinauswollte. Sie verdrehte ihre Augen und vollführte einige eindeutige Gesten, die den Groschen bei mir zum Fallen brachte. Verlegen lachte ich auf, dass ich das nicht begriffen hatte. "Ehm... wann ist der Geburtstermin?", erkundigte ich mich und hoffte ihr damit nicht zu nahe zu treten.
"Im Oktober."
Langsam nickte ich und rechnete mir gedanklich aus, dass es nicht mehr lange dauerte. "Ich fahre morgen wieder mit Gina und Harry nach Hause", fing sie plötzlich an zu erzählen. "Es ist quasi der letzte Ausflug mit Baby im Bauch." Schwach lächelte sie und strich sich wieder über den Bauch.
"Louis, wirst du das Baby als deines anerkennen?"
Ich schluckte und fuhr mir durch das Haar. "Ist es denn von mir?"
Kennt ihr diese Momente, in denen ihr genau wisst, dass ihr Scheiße labert? Hier ist einer meiner Momente.
Sie wurde blass. Selbst bei dem schwachen Licht konnte ich das erkennen. "Natürlich ist es deins", entfuhr es ihr, ehe sie herumfuhr und davon watschelte. Aufgrund ihres Umfanges war es ihr leider nicht möglich grazil davon zu stelzen. So erweckte sie eher dein Eindruck eines übergewichtigen Pinguins.
Es dauerte nicht lange und einer ihrer Anstandswauwaus trat raus auf den Balkon. "Sag mal, spinnst du eigentlich? Wer hat dir ins Hirn geschissen?"
Ich schaltete auf Durchzug, während Harry mich weiterhin beschimpfte. "Ich hab nicht nachgedacht", gestand ich, worauf Harry trocken auflachte. "Denkst du überhaupt jemals?" Ich zuckte mit den Schultern und schob mich an ihm vorbei nach drinnen.
Maya hockte im Kreis ihrer Wachhunde, die mich finster ansahen. Ich schwöre, wenn Blicke töten könnten, wäre ich spätestens jetzt tot.
"Was willst du?", fuhr Emma mich an.
"Kann ich mich bei Maya entschuldigen?"
"Kannst du. Aber das kannst du auch hier."
Ich tippte mir mit dem Zeigefinger gegen die Stirn. "Ganz bestimmt nicht. Können wir unter vier Augen sprechen?", wandte ich mich direkt an Maya. "Bitte?" Sie musterte mich und ich flehte innerlich, dass sie Ja sagte. Schließlich schüttelte sie den Kopf.
"Ich glaube es ist besser, wenn du jetzt gehst, Kumpel." Liam stand plötzlich neben mir und legte die Hand auf meine Schulter. Ehe ich mich versah hatte er mich in den Flur bugsiert und öffnete die Haustür. "Du machst es nur noch schlimmer, wenn du bleibst."
Damit schloss er die Tür und ich konnte nicht fassen, dass Liam mich gerade tatsächlich rausgeworfen hat. So ein Arsch!
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Baby Blues
FanfictionZwei kleine Streifen veränderten das Leben von Maya von grundauf. Ohne Mann, aber mit neuen Freunden sieht sie sich ihrem größten Abenteuer gegenüber. Entstanden ist diese Geschichte als Wichtelgeschenk für die liebe Michelle, daher wird es hier f...