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Gefühlte 2 Stunden vergingen, in denen ich hier rumsaß, kein Wort sprach und meinen Körper dafür verfluchte, dass er so unendlich viele Schmerzen auf einmal aussenden konnte. Doch irgendwann, vermutlich schon nach zehn Minuten, öffnete sich eine Tür hinter mir. Ich konnte den Lichtkegel sehen, der sich am Boden bildete, sobald die Tür auf ging, und der wieder zurück ging, sobald die Tür ins Schloss fiel. Schritte näherten sich in einem ruhigen Tempo. Eine Hand strich durch meine Haare, an meinem Hals entlang, und verharrte schließlich unter meinem Kinn, hob es leicht an. Shaw zeigte sich vor mir und kam mit seinem Gesicht sehr nah an meines. „Leticia, mein Engel" hauchte er mir entgegen und ich kam nicht drum hin, ihn nur mürrisch anzugucken, erwiderte jedoch nichts. Stattdessen spuckte ich ihn ins Gesicht. Niemand nannte mich Leticia, fesselte mich an einen Stuhl und hielt mich als seine Gefangene! Fast selbstbeherrscht zog sich Shaw zurück und wischte sich mit seinem Ärmel über das Gesicht, sah mich dabei verachtend an, ging dann zum Stuhl gegenüber, zog ihn näher heran und setzte sich darauf. „Charmant, wie eh und je," sagte er und erst jetzt sah ich die Waffe in seiner rechten Hand. Fast beiläufig wog er sie in seiner rechten Hand, stützte sich mit seinen Ellenbogen auf die Knie ab. „Einer der Gründe, warum ich dich als Crewmitglied sehr geschätzt habe, meine Liebe. Die Kälte, die du ausstrahlen kannst ist einfach wahnsinn. Ich bin mir sicher, dich wird es brennend interessieren, wieso du überhaupt hier bist." Seine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. Ich antwortete nicht. „Wo ist mein Chip?" fragte er nach einem kurzen Moment der Stille. Ungerührt zuckte ich mit den Schultern. Shaw schnaubte und betrachtete kurz den Boden, offenbar, um seine Selbstbeherrschung nicht zu verlieren. „Tu nicht so, als ob du nichts davon wüsstest. Ich frage dich noch einmal: Wo – ist – mein – Chip?" Nun sah er mich wieder an und sein Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes. Die Wahrheit war, dass ich wirklich nicht wusste, wo der Chip war. Das letzte Mal hatte ich ihn in Hobbs Hand gesehen, bevor dieser damit verschwand. „Ich weiß es nicht" knurrte ich und hielt seinem Blick stand. "Du musst ganz schön verzweifelt sein, wenn du dir eine Geisel holen musst, um an etwas ranzukommen." Das Gute war, dass ich mal für ihn gearbeitet hatte und ihn daher einigermaßen kannte, das Schlechte war, dass ich für ihn gearbeitet hatte und er somit keinerlei Gründe hatte, um mich am Leben zu lassen. Allerdings war er nie wirklich traurig darüber, wenn er ein Mitglied seiner Crew verlor, das habe ich am eigenen Leib selbst erleben müssen.

Shaw konnte sich noch nie an meine Art gewöhnen. Er wusste einfach nicht, wie er mir entgegen kommen sollte. Seine Wut brach einfach aus ihm heraus. Er stand schwungvoll auf, sodass sein Stuhl nach hinten umkippte. Das metallene Geräusch auf dem harten Steinboden war wie eine Explosion in meinen Ohren, der Raum hallte. Shaw kam auf mich zu und packte mir an den Hals, zwang mich, ihn an zusehen. Panik stieg in mir auf, doch ich schluckte sie herunter und blieb still. Selbst, als sein griff sich immer fester um meinen Hals schloss. „Ich hätte dich damals im Krankenhaus einfach erschießen sollen. War scheinbar doch keine so gute Idee gewesen, aus einem rohen Stein einen Diamanten schleifen zu wollen. Aber was solls. Du wirst mir schon noch verraten, wo mein Chip ist und wenn es das Letzte ist, was du tust!" Sein Blick war irre und sein Griff war zu fest, als dass ich noch ruhig bleiben konnte. Ich versuchte mich irgendwie aus seinem Griff zu winden, was nicht gerade leicht war, mit gefesselten Händen hinter dem Rücken. Mir war klar, dass er mir die Luft abschnüren würde, wenn ich nicht redete, aber ohne mich hätte er keine Chance, den Chip je zu finden, zumindest verließ ich mich darauf, auch wenn mein Gesichtsfeld jetzt schon langsam schwarz wurde. Ein leises Krächzen verließ meine Lippen und Shaw hörte auf, mir die Luft abzudrücken. „Verdammt!" fluchte er, sah mich an und schlug mir mit der flachen Hand ins Gesicht. Meine rechte Wange fing augenblicklich an zu brennen und ich spürte, wie etwas warmes aus meiner Nase lief. „Gibt ihr ein Taschentuch und stellt sicher, dass sie nicht abhaut" sagte er zu seinen Lakaien und wandte sich zum gehen. „Ich brauche sie noch, also lasst die Finger von ihr."

Fast and ForgottenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt