Kapitel 28

23 3 0
                                    

Chameli POV

Schmerzerfüllt lag ich auf dem Bett. Es war soweit. Gleich würde ich mein Kind gebären. Kavita bestand darauf, mich ins Krankenhaus zu bringen, doch ich wollte nicht. Wenn ich ins Krankenhaus gegangen wäre, hätten mich Shreyas Leute wohlmöglich gefunden. Das konnte ich einfach nicht riskieren, weswegen ich hier zu Hause mein Kind zur Welt bringen wollte. Es waren heftige Schmerzen, die ich nur schwer ertragen konnte.
"Gleich ist es vorbei, Chameli. Pressen", sagte Kavita. Sie war in ihrer Jugend glücklicherweise eine Hebamme gewesen, weswegen sie genau wusste, was sie tat. Ich presste, so stark wie möglich, bis dann das befreiende Geschrei zu hören war. Mein Kind war auf der Welt. Erleichtert atmete ich aus.
"Es ist ein Junge", sagte Kavita mit funkelnden Augen und ich war überglücklich. Ich habe einen Sohn bekommen. Ein Junge. Nachdem Shreya ihn gut versorgt hatte, übergab sie ihn mir endlich und all meine Schmerzen waren auf einmal weg. Ich nahm den Kleinen in meine Arme und verliebte mich direkt in ihn, war aber gleichzeitig traurig. Er sieht aus wie Rahul, dachte ich mir. Die selben braunen Augen. Die selben schwarzen Haare. Der selbe Ausdruck. Er war wunderschön. Mir kamen die Tränen. Ach, wäre Rahul doch nur hier bei mir und würde das miterleben, dachte ich mir. Wären wir doch niemals getrennte Wege gegangen. Hätten wir uns doch nur anders kennengelernt. Dann wären wir nun glücklich und würden in Frieden leben, dachte ich mir. Warum mussten wir beide solch ein grausames Schicksal erleiden? Warum wurden wir so bestraft? Hätte alles nicht anders kommen können? Ich schluchzte und küsste die Stirn meines Sohnes. Werde ich Rahul jemals wiedersehen?

Rahul POV

Ein ganzer Monat war vergangen. In diesem Monat hatte mich nichts weiter als die Suche nach Chameli beschäftigt. Ich wollte und musste sie finden. Ich wohnte bei Sapna, in ihrem Haus und gemeinsam suchten wir jeden Tag nach meiner Liebsten. Wir fragten in der ganzen Stadt nach Chameli, doch niemand wusste von ihr oder wo sie sich befand. Ich war am verzweifeln. Werde ich sie jemals wiedersehen?
Nachdem wir in etlichen Häusern und an Ständen gefragt hatten, setzten wir uns erschöpft vor ein leeres Haus. Wir waren mit unseren Kräften am Ende. Ich blickte Sapna an. Sie atmete schon sehr schwer und schien ziemlich schwach.
"Du solltest nach Hause gehen und dich ausruhen", sagte ich zu ihr. Doch sie stritt dies ab.
"Auf keinen Fall. Wir müssen nach Chameli suchen. Ich werde nicht gehen, bis wir sie gefunden haben", erklärte sie entschlossen. Ich lächelte.

Es war rührend und schön, dass Chamelis Tante sich endlich um sie sorgte und sie anerkannte. Chameli wird sich sehr freuen und überglücklich sein, dachte ich. Das macht mich glücklich.
"Chameli könnte überall sein. Mach dir keine Sorgen. Ich werde sie finden und wenn ich sie gefunden habe, werde ich mit ihr zurückkehren. Also gehe nach Hause und warte auf uns", sagte ich vetraut zu Sapna. Sie blickte mich an.
"Versprochen?", fragte sie mich. Ich nickte, woraufhin sie zufrieden lächelte.
"Gut, mein Sohn. Ich vertraue dir. Bring Chameli so schnell wie möglich zurück. Ich erwarte euch beide und wir werden eine glückliche Familie sein. Bring sie als deine Braut wieder zurück", bittete Sapna sie mich und ich nickte lächelnd. Ja, als meine Braut. Sie stand auf und machte sich dann auf den Weg nach Hause, während ich hier hinterher blickte und nachdachte. Wo könnte Chameli sich nur befinden?

"Hey, du", hörte ich plötzlich eine Stimme hinter mir. Ich blickte hinter mich und erkannte eine junge Frau. Sie lächelte mich an und setzte sich neben mich. Wer war sie?
"Wie heißt du?", fragte sie mich neugierig. Ich seufzte.
"Wer sind Sie?", fragte ich sie wiederum.
"Oh. Mein Name ist Neha. Ich habe hier früher mit meiner Familie gewohnt. Aber jetzt wohne ich ein paar Straßen weiter. Du siehst ziemlich niedergeschlagen aus. Geht es dir nicht gut?", fragte sie mich besorgt. Sie war zugegeben wirklich sehr freundlich und aufmerksam. Doch ich wusste einfach nicht, wer sie war und ob ich ihr vertrauen könnte. Ich blickte sie genauer an. Ein kleiner, glänzender Piercing zierte ihre Nase, der ihr wirklich gut stand. Sie hatte große, grüne Augen und lange, dunkelbraune Haare. Außerdem trug sie keine traditionelle Kleidung. Ihr Look war ziemlich modern und stylisch, was sie sehr jung aussehen ließ.
"Rahul", sagte ich schließlich und sie blickte mich verwundert an. Doch dann lächelte sie wieder.
"Schöner Name. Dürfte ich wissen, was dich bedrückt, Rahul?", fragte sie mich schließlich. Na ja. Sie schien mir wirklich sehr sympathisch. Also erzählte ich ihr mein Problem. Sie hörte sich meine ganze Geschichte an und schien ziemlich schockiert.

"Jetzt suche ich nach ihr. Ich bin wirklich verzweifelt. Ich hätte nie gedacht, dass ich sie so lieben würde. Mehr als mich selbst", erklärte ich ihr, als ich am Ende meiner Geschichte angelangt war. Neha hatte Tränen in ihren Augen, wischte sich diese aber wieder weg.
"Chameli. Diese Frau, mit diesem schönen Namen. Wie ist sie so?", fragte sie mich dann. Ich lächelte.
"Sie ist wundervoll. Ein Engel. In meinem Leben habe ich noch nie solch eine gutherzige, schöne Frau gesehen. Ich bereue es bis heute, was ich ihr alles angetan habe. Ich habe solch ein Glück, dass sie sich in jemanden wie mich verliebt hat", erklärte ich traurig.
"Sag so etwas nicht. Du bist ein guter Mann. Alleine schon dafür, weil du die ganze Stadt nach ihr absuchst. Ja, du hast Fehler begangen. Fehler, die unverzeihlich sind, doch sie, diese grausamen Menschen, haben dich zu solch einem Menschen gemacht. Im Gegensatz zu ihnen bist ein guter Mensch, denn in deinem Inneren hast du niemals aufgehört, Chameli zu lieben. Du hast ständig an sie gedacht. Du würdest alles für sie tun. Das ist wirklich bewundernswert. Oh man. Ich wünschte, dass auch mich so ein Mann lieben würde", sagte sie und ich lächelte wieder.

"Das wird bestimmt irgendwann einer. Ehrlich gesagt bist du eine tolle Frau. Es gibt nicht viele wie dich. Schätze dich so, wie du bist", sagte ich und sie nickte lächelnd.
"Du sagtest vorhin, dass Chameli damals einen blau-roten Saree getragen hatte. Irgendwie glaube ich, dass ich sie damals gesehen habe. Ich denke, dass ich sie kenne", meinte sie plötzlich.
"Was meinst du? Du kennst sie? Wo hast du sie damals gesehen?", fragte ich sie auffordernd.
"Ich bin damals in einem Club aufgetreten und da habe ich sie gesehen. Sie wirkte ziemlich verzweifelt und hat telefoniert. Ich wollte sie etwas aufheitern, also habe ich für sie gesungen", erklärte sie mir.
"Was hast du gesungen?", fragte ich sie dann. Sie lachte und fing dann an dieses Lied zu singen.
"Man saath samandar dhol gaya jo tu aankhon se bol gaya. Le teri ho gaya sajna ve sajna", sang sie voller Freude. Sie hatte wirklich eine schöne Stimme. Dieses Lied heiterte mich tatsächlich auf.

"Du singst wirklich sehr schön", sprach ich beeindruckt und sie bedankte sich überglücklich.
"Wenn ich sie sehe, werde ich aufjedenfall nach dir suchen und sie zu dir bringen. Gib nicht auf. Ich bin mir sicher, dass du sie schon ganz bald finden wirst. Die Liebe ist stark", sagte Neha zu mir. Da hatte sie Recht. Die Liebe ist stark und sie macht einen ebenfalls stark.
"Danke, Neha", bedankte ich mich bei ihr mit einem Lächeln. Sie lächelte ebenfalls. Dann verabschiedeten wir uns voneinander. Als ich Neha getroffen hatte, wusste ich, dass sie einfach eine unbeschwerte und glückliche Frau zu sein schien. Chameli hatte sie bestimmt sehr gemocht. Neha glaubte an mich. Ach ja. Außerdem hatte sie mir noch erzählt, dass auch sie Shreya mal zum Opfer gefallen war. Shreya hatte auch sie entführen lassen und wollte sie verkaufen. Doch Neha konnte sich befreien. Was eine starke Frau. Sie war bewundernswert und hatte mir ebenso Mut gemacht, weiter zu kämpfen. Auch wenn ich sie nicht kannte, hatte sie mir Kraft gegeben. Manchmal sind Fremde einem näher, als andere. So war das damals auch bei Chameli und mir. Wir waren uns fremd, begegneten uns in dieser stürmischen Nacht. Doch trotzdem war sie mir so nah und vetraut. Ja, sie ist mein Schicksal, dachte ich mir fest entschlossen. Also ließ ich mich von nichts aufhalten, stand auf und machte mich weiterhin auf die Suche nach meinem lang ersehnten Ziel. Meinem Schicksal, Chameli.

ChameliWo Geschichten leben. Entdecke jetzt