I s i e b e n I

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Der Plan stand und jeder hatte seine Aufgabe. Ich konnte die Nacht kaum schlafen, so aufgeregt war ich. In gewisser Hinsicht war ich stolz, dass Scipio mir vertraute, auch wenn ich nicht sagen wollte, was genau ich vorhatte. Nach dem Mittagessen, begann die Mission irgendwie auch schon für mich, indem ich mir Wespe schnappte und sie durch die Straßen zog. „Riley? Wohin gehen wir denn?", quengelte sie herum, doch ich weigerte mich es ihr zu sagen. Erst vor dem Laden, wo wir vor einigen Tagen noch das blaue Kleid gesehen hatten, blieb ich stehen. Meine Augen leuchteten und ich starrte verträumt durch das Schaufenster. „Das ist nicht dein Ernst, oder?", fragte sie aus der Puste und ungläubig. Meine Antwort wurde klar, als ich sie mit hereinzog. Nach langem, schier unendlichen hin und her probieren, fand Wespe das perfekte Kleid. Es war dunkelrot und endete kurz über meinen Knien, sodass es schick aussah, aber dennoch nicht zu billig. An der Taille war es enger geschnitten und der Teil zwischen Hals und Dekolleté, war mit schwarzer Spitze verziert, sodass man meine Haut darunter noch sah. Wespe strahlte über das ganze Gesicht, als ich aus der Umkleide heraustrat. Schnell war uns klar, dass dieses Kleid mitmusste und wir gingen damit zur Kasse. „Von wo hast du eigentlich das Geld dafür?", fragte Wespe währenddessen. „Ich habe Scip darum gebeten", erklärte ich. „Und er hat es dir einfach gegeben?! Ich wusste es!", rief sie als wir wieder auf die Straße traten. „Eigentlich war er anfangs etwas misstrauisch, doch was wusstest du?", fragte ich irritiert. Wespe grinste fröhlich weiterhin. „Nichts, nichts", nuschelte sie dann schnell und zog mich in ein Schuhgeschäft. Während ich gerade ein einfaches Paar Ballerinas anprobieren wollte, hatte Wespe wohl ihren Shopping Geist gefunden, denn sie riss mir die Schuhe aus der Hand und hielt mir dann schwarze High Heels hin. Nach langen diskutieren, wurde ich dann mehr oder weniger gezwungen, die Schuhe anzuprobieren. Erstaunlicher Weise, fiel es mir gar nicht so schwer in ihnen zu laufen und meine Freundin, die ihr Grinsen gar nicht mehr abnehmen wollte, nickte nur. Ich verdrehte die Augen und sah mich selbst im Spiegel an. Mit den Schuhen war ich größer, fast so groß wie Scipio wahrscheinlich, doch sah ich sowie so nicht mehr aus wie früher. Ich schien so viel älter von außen, dass ich mich selbst von weitem vielleicht gar nicht mehr erkannt hätte. Nur eine Sache störte mich, meine Haare. Sie hingen, leicht gewellt, über meine Schulter bis zu meiner Brust. Ich sah hinunter zum Preis der Schuhe und merkte erfreut, wie sie mehr als die Hälfte reduziert waren. Durch das Geld was wir dadurch übrig hatten, konnten wir noch zum Friseur und mein Haarproblem lösen. Als wäre heute unser Glückstag, tat dieser auch noch kostenlos mein Makeup zur Frisur. Meine Haare, waren nun auf Kinnlänge, hatten einen weiten Seitenscheitel und glänzten im Licht der Sonne. Begeistert war nicht nur ich, sondern auch Wespe, die so aussah, als hätte sie am liebsten angefangen zu weinen. Mit Tüten bepackt, steuerten wir dann wieder das Stella an. Wir passierten gerade an einem kleinen Café mit Fensterscheibe vorbei, als ich in mein Spiegelbild sah. Doch ich sah nicht mich, sondern meine Mutter. Sie hatte dieselben braunen Haare wie ich, nur statt blauer, grüne Augen. Ihre Haare waren noch kürzer, aber in einem ähnlichen Schnitt. Sie lächelte mich freundlich an, aber als ich den Kopf schüttelte und noch einmal genauer hinsah, war es wieder nur ich. Ohne das uns jemand bemerkte, kamen wir ins Stella geschlichen und gingen gleich ins Bad. Wespe half mir mit dem Kleid und rückte noch einmal meine Haare zurecht. Sie ging vor mir schon einmal hinunter, wo wir die Jungs schon den Plan diskutierten hörten. Ich schlüpfte noch in die Schuhe, warf einen letzten, prüfenden Blick in den Spiegel und lief dann die Treppe hinunter, bedacht nicht hinzufallen. Wespe saß auf einem Sessel und grinste sowieso schon herum wie ein Honigpferd. Riccio und Mosca saßen rechts und links vom Tisch und ihre Blicke waren auf eine Karte gerichtet. Scipio stand über den Tisch gebeugt, mit dem Rücken zu mir und Noah ihm gegenüber. Deswegen bemerkte mein Bruder mich auch zuerst und seine Kinnlade fiel nach unten. Riccio und Mosca wendeten dann ihre Blicke zu mir und sahen mich mindestens genauso erstaunt an. Erst als der Herr der Diebe bemerkte, dass ihm niemand mehr zuhörte und sie nur noch mich anstarrten, drehte er sich um. Seine Augen wurden groß und er sah mich perplex an. Er machte den Mund auf und suchte nach Worten, schloss ihn dann aber wieder. Erst als Wespe zum mir schlenderte und mir meine Maske in die Hand drückte, lösten sich die Jungs aus ihrer Starre. „Du siehst... toll aus", nuschelte Scipio und kratzte sich im Nacken, meinen Blick meidend. Ich lächelte. „Toll? Toll?! Toll ist gar kein Wort! Wer bist du und was hast du mit meiner Schwester gemacht?", fragte Noah aufbrausend. Ich musste lachen und wuschelte ihm durch die Haare. „Aber wie soll uns das helfen?", fragte Mosca ahnungslos. Lächelnd schüttelte ich den Kopf. „Zusehen und lernen."

Königin der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt