Kapitel 5

300 25 5
                                    

Kapitel 5

Er kam immer näher auf mich zu. Ich bewegte mich keinen Millimeter. Mein Atem ging stoßweise. "Warum?", fragte mich meine innere Stimme. Erschrocken darüber, dass ich überhaupt eine hatte, zuckte ich zusammen. Der Typ blieb stehen. "Psht!", war das einzige, was er sagte. Dann lief er langsam weiter. Wenige Zentimeter vor mir hielt er an. Er bückte sich leicht, um nach meinen Händen zu greifen. Ich kniff die Augen zusammen. Jetzt würde wieder dieser Schmerz kommen. Doch nichts geschah. Ich spürte die Tränen hinter meinen geschlossenen Augenlidern. Es waren Tränen der Erleichterung. Die Erleichterung, dass kein Schmerz kam. Ich spürte, wie sie langsam meine Wangen hinunter liefen. Immer noch hielt ich die Augen geschlossen. Heiße Spuren zogen sich über meine Wangen. Der Typ hielt immer noch meine Hände. Ganz vorsichtig nahm er sie so hoch, dass sie in der Lücke zwischen unseren Bäuchen waren. "Ich hab sie dir verbunden, als du bewusstlos warst. Ich dachte daran dich aufzuwecken, doch ich glaube, das wäre nicht richtig gewesen...", flüsterte seine Stimme an meinem Ohr. Ich spürte, wie er meine Hände übereinander legte, sodass er sie in eine Hand nehmen konnte. Die andere näherte sich meinem Gesicht. Ich spürte die Wärme, die von ihr ausging. Ganz leicht streifte sie meine Wange und wischte meine Tränen fort. Dann wanderte seine Hand zu meinem Kinn. Er drückte es hoch, sodass ich ihm wahrscheinlich ins Gesicht blicken würde, wenn ich die Augen öffnete. Doch ich hielt sie geschlossen. Die Tränen waren versiegt. "Mach bitte die Augen auf.", vernahm ich ein raues Flüstern. Ich wusste nicht wieso, aber es jagte mir einen Schauer durch den Körper und ich wagte es nicht, meine Augen weiterhin geschlossen zu halten. Langsam öffnete ich sie und ich hatte recht: Ich blickte ihm direkt ins Gesicht. Es bildete sich ein winzig kleines Lächeln auf seinen Lippen, als er mein Gesicht studierte. Seine Hand wanderte wieder von meinem Kinn weg, zu meinen Händen. Nun hatte er jeweils wieder eine meiner Hände in einer seiner. "Ich hab Essen gemacht. Du brauchst was.", sagte er leise, während er mir die ganze Zeit über ins Gesicht schaute. Dann sah er runter zu meinen Händen. Vorsichtig lief er rückwärts und zog so leicht an meinen Händen. Unerwartet traf mich der Schmerz. Meine Beine gaben nach. Der Typ packte mich unter den Achseln und zog mich hoch, bis ich wieder wacklig auf meinen Füßen stand. Seine Hände wanderten zu meiner Hüfte und hielten mich vorsichtig fest. "Kannst du laufen?", fragte er skeptisch. Ich stöhnte innerlich auf. Was war das bitte für eine doofe Frage? Gerade bin ich wieder zusammengeklappt?! Aber gut. Ich nickte tapfer. Ich würde das schon schaffen. Seine Hände lösten sich von meiner Hüfte und ich begann, vorsichtig einen Fuß vor den anderen zu setzen. Der Typ ging langsam hinter mir her. Ich machte noch ein paar Schritte. Es war anstrengend. Sehr anstrengend. Ich schüttelte verzweifelt den Kopf. Das würde ich nicht schaffen. Wieder flossen Tränen meine Wangen herunter. Ich schluchzte still auf. Da waren plötzlich wieder die Hände auf meiner Hüfte. Groß und warm. Sie stützten mich. Ich blieb stehen. Ich musste Kraft schöpfen, sonst würde ich es nicht schaffen, weiter zu laufen. Weiterlaufen. Aber wohin? Ich wusste ja nicht, wo hier was war.

Ich stand immer noch da. Seine Hände an meiner Hüfte. Warum und groß. Vorsichtig lehnte ich mich nach hinten, an seine Brust und schloss die Augen. Ich spürte seinen regelmäßigen Herzschlag an meinem Rücken. Es gab mir Sicherheit. Ich fühlte mich sicher. Sein Herzschlag war schnell. Ich horchte in mich hinein: Meiner war nicht so schnell. Stimmte mit mir etwa was nicht? 'Ja. Verdammt. Was ist denn los mit dir? Stehst hier und lehnst dich an einen Wildfremden. Weißt du denn wie er heißt? Nein! Weißt du nicht. Er hat dich praktisch von der Straße aufgegabelt... Schau nur wie schwach du bist. Nichts kannst du. Du bist schwach. Hörst du? SCHWACH. SCHWACH. SCHWACH.', schrie mich meine innere Stimme an. Ich zuckte krampfartig zusammen. Einerseits geschockt, dass sich meine Stimme schon wieder meldete und andererseits, getroffen von der Heftigkeit und leider auch der Wahrheit ihrer Worte.

Der Griff an meiner Hüfte wurde fester. Ich schlug die Augen wieder auf. Vorsichtig wurde ich weiter nach vorne geschoben. Ganz sachte und doch bestimmt. Ich wurde durch den Flur geschoben, ohne, dass ein Wort fiel. Ich ließ mich führen. Ich fühlte mich sicher in seinen Armen. Seine Brust war noch immer nur wenige Zentimeter von meinem Rücken entfernt. Wenige Zentimeter und ich würde wieder diese Sicherheit spüren, aus welcher mich meine innere Stimme so liebevoll gerissen hatte... Ich achtete wieder auf den Weg und nicht mehr auf den Typen hinter mir. Wir landeten in einer Küche. So sah es jedenfalls aus. Und was sollte es dann auch anderes sein? In der Mitte war eine kleine Kochinsel mit Barhockern drum herum. Auf der Kochinsel stand ein Brötchenkorb mit Brötchen, Butter, Marmelade und Rührei. Ich blieb stehen und starrte alles an. Tränen schossen in meine Augen. Jemand hatte Frühstück gemacht. Und das für mich. Das war unbeschreiblich. Ich fühle mich elend. Aber wieso? Wieso war ich nicht einfach glücklich, dass jemand an mich dachte? Mich packte schon wieder die Wut. Ich wusste ganz genau, wieso ich mich nicht wirklich freute: Es zeigte mir aufs Neue, dass ich versagt hatte. Eigentlich sollte ich niemanden mehr interessieren. Weil ich nicht mehr da war. Doch es interessierte sich jemand für mich, beziehungsweise ging es jemandem darum, wie es MIR ging. Jemand nahm von mir Notiz. Und das, obwohl ich eigentlich nur ein Nichts sein wollte...

* Hallihallöchen... Mh, ja also hier ist das 5te Kapitel, wie ja unschwer zu erkennen ist. Ich hoffe meine Geschichte ist ein bisschen spannend und auch interessant... Allerdings muss ich dazu sagen, dass in nächster Zeit wohl nicht so viele Kapitel kommen. Weil es dauert immer ein bisschen bis mir wieder was einfällt und jetzt habe ich keine 'vorrätigen' Kapitel mehr... :o

Naja, ich hoffe das macht nicht so viel aus  :) *

(never) forget to smile?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt