Kapitel 15
Dieses "Nein" manifestierte sich in meinem Kopf. Es setzte sich fest und pulsierte kräftig hinter meiner Stirn. Es war da. Unbarmherzig. Aber was sollte das heißen? Was hatte es zu bedeuten?
'Bist du bescheuert? Grade stellst du dir Fragen über dein Leben und alles drum und dran und das Finale war Wird jemals wieder alles normal? und die Antwort lautet NEIN und du weißt nicht was es bedeuten soll? Sagte ich nicht vorhin schon einmal, dass du gestört bist?' - innere Stimme ahoi!Ich zuckte zusammen. Es war wahr. Ich war gestört. Wieso um Himmels Willen hat der Arzt ein so gestörtes Wesen wie mich auf die Menschheit losgelassen? -Oh. Ja. Ich vergaß. Wie sollte er denn rausfinden, dass ich so seltsam gestört war? Ich hatte ja nicht mit ihm geredet - und soweit meine Kenntnisse über diese Welt, auf der ich nun wohl oder übel noch eine Weile war, der Wahrheit entsprachen, können Ärzte noch keine Gedanken lesen. Also ist die Antwort ganz einfach: Ich wurde auf diese Welt losgelassen, weil ich zu dämlich war meinen Mund aufzumachen. Oder zu dickköpfig. Darüber lässt sich streiten.
Tränen rannen meine Wangen herunter. Heiß und nass. Leise schluchzte ich vor mich hin. Der Strudel gab nach, ebbte ab. Es war alles still. Fast schon zu still. Ich hörte meinen eigenen Atem. Und mit ihm seltsam erstickte Laute. Als probierte ich zu reden während ich vor mich hin weinte. Ich spürte, wie sich in mir etwas regte. Es war keine Welle aus Wut oder Schmerz. Nein, es war auch keine Ruhe - da war nichts beruhigendes. Nein. Ich glaube es war Verzweiflung. Und Angst. Ich spürte, dass ich die Kontrolle verlor. Nicht, dass ich sie jemals irgendwie vollkommen hatte - aber nun entglitt sie mir vollkommen. Etwas in mir wurde kalt. Sehr kalt. Und es kam von meinem Herzen aus. Langsam breitete sich die Kälte aus. Wieso war sie da? Mit dieser Kälte kam ein Gefühl von Zerfallen. Etwas in mir zerfiel - zersplitterte. Ich merkte, dass ich nicht mehr eins war. Ich blickte wie ein fremder Mensch auf mich selbst herab und beschrieb meine Gefühle. Ergab das Sinn? N. E. I. N.
Nichts ergab mehr Sinn. Also... Wieso nicht alles vergessen und von vorne anfangen?
Ich raffte mich zusammen, packte meine Knie und zog mich auf irgend eine Art und Weise daran hoch. Jetzt stand ich in der Mitte des Bades. Schwankend. Mit dem bedrohlichen Gefühl, nicht mehr eins zu sein. Nicht mehr zu wissen wer ich selbst war. Was würde ich dafür geben, alles hinter mir zu lassen; aus dieser Tür hinaus zu gehen, von Mate in den Arm genommen zu werden und mich fallen zu lassen. Was würde ich dafür nur geben... Aber konnte ich das nicht einfach tun? Wieso musste ich mich an meiner Vergangenheit festhalten? Was war überhaupt meine Vergangenheit? Was wusste ich denn schon über mich selbst? Wieso hielt ich an den einzelnen kleinen Erinnerungsfetzen fest, wo ich nicht mal wusste, was sie zu bedeuten hatten? Das war es doch was mich selbst so zerstörte... Das nicht-wissen, was mit mir los ist. Die ständige Angst neues an mir zu entdecken, was mich schocken könnte, weil ich nicht wusste wie ich selbst eigentlich tickte... In diesem Moment lief ein Ruck durch meinen Körper.
Langsam anfangen. Erst mal das Offensichtliche noch mal deutlich machen. Ich griff nach meinen Haaren. Sie waren etwas länger wie schulterlang. Und blond. Ziemlich fransig. Und ein hässliches blond. 'Straßenköterblond' - schoss es mir durch den Kopf. Langsam ging ich auf den Spiegel über dem Waschbecken zu. Mein Ansatz war braun. Hellbraun. Haselnussbraun. Ein schönes braun. So sollte es wieder werden.
Meine Augen: Blau. Mal so mal so. Das wusste ich ja schon...
Und ansonsten: Viel zu dünn. Überall standen Knochen raus. Wenn man mich so sah musste man denken ich kipp bei dem leisesten Windhauch um.Ich brauchte Klamotten, mit denen ich in die Stadt gehen konnte. Leise schlich ich aus dem Bad. Mate war wohl im Wohnzimmer und schaute irgend einen Film. Auf Zehnspitzen machte ich mich auf den Weg in sein Zimmer. Dort stand ein Schrank. Vorsichtig machte ich ihn auf. Die Tür quitschte. Heftig zuckte ich zusammen und horchte, ob Mate etwas bemerkt hatte und vielleicht kommt... Nein. Nichts. Vorsichtig suchte ich mir eine andere Jogginghose raus. Und ein Pulli. Man musste ja nicht sofort sehen, was für ein Klappergestell ich war. Rasch zog ich mich um. Die alten Sachen ließ ich einfach auf dem Boden liegen. Schnell sah ich mich im Zimmer um. Da war ein Sparschwein auf seinem Schreibtisch. Gott meinte es wohl gut mit mir heute... 'GOTT?!' - meine innere Stimme schrie mich mal wieder an. Ich schmunzelte. Vorsichtig packte ich das Sparschwein und machte es unten auf. Ein Haufen Scheine kamen mir entgegen geflattert. Das musste reichen. Ich stellte das Sparschwein zurück und machte mich auf den Weg Richtung Haustür. Ich hatte keine Schuhe. Mist. Jetzt sah ich nicht nur aus wie ein Penner, ich verhielt mich auch noch so. Ohne Schuhe draußen rumlaufen... Naja... Was solls. Wollte ich nicht neu anfangen? Ja. Also. Los.
Ich öffnete vorsichtig die Haustür. In der einen Hand das Geld und in der anderen die Türklinke. 'Wie schnell das jetzt alles ging. Gerade lag ich noch bibbernd und in Embryostellung auf dem Boden und jetzt benahm ich mich wie ein komplett neuer Mensch, der die Welt für sich entdecken wollte...' - Innere Stimme Ahoi! Aber diesmal war es schon wieder anders.
Mit einem kleinen Lächeln auf dem Gesicht trat ich leise aus der Tür und zog sie hinter mir zu. Dann rannte ich los. Nicht nach rechts blickend, nicht nach links blickend.
*Da bin ich mal wieder. :) Sagt mir bitte wie ihrs findet, auch wenn ich das eigentlich nicht wirklich verdient hab, so selten wie ich mich melde. Ich dachte daran,mal eine kleine Zwischenentschuldigung zu schreiben, aber ich persönlich mag das nicht, wenn das zwischen zwei Kapiteln kommt... Öhmmmmm und wegen dem Aussehen von April/June - könntet ihr mir nochmal aufzählen, was ich da schon alles preisgegeben hatte? dankeeeeeee:) *
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(never) forget to smile?!
Mystery / ThrillerMein Blick folgte den Gleisen. Lange zogen sie sich durch die Natur. Man erkannte sie nur schwach. Ein leichtes Glitzern im Mond. Geschwungen waren sie. Fast wie ein Fluss. Ich blickte in die Ferne. Da tauchten sie auf. Die zwei hellen Lichter. Sie...