⋱31⋱

1.5K 239 60
                                    

Jungkook Pov

"Wieso läufst du? Das Opfer ist verletzt, es wird wohl kaum davon laufen", ruft Jin hinter mir und versucht mit mir mitzuhalten. Ich laufe weiter, biege an der Ecke rechts ab ohne groß auf ihn zu achten und bleibe direkt vor der Ärztin und dem Jungen stehen, die vor der Tür stehen die zu dem Zimmer führt, in dem Taehyung sich befinden soll.

Die beiden sehen mich verwirrt an, der Junge noch viel mehr als die Ärztin, die uns immerhin gerufen hatte. Das die beiden bis eben in einem Gespräch gesteckt haben interessiert mich nicht sonderlich, ich strecke der Ärtztin einfach meine Hand hin und stelle mich vor. "Jeon Jungkook", sage ich und werfe noch einmal kurz einen Blick auf die Tür, durch die ich am liebsten sofort gehen würde, aber ich muss erst einmal wissen, was mich erwartet.

"Wer sind Sie?", frage ich und sehe den Jungen an, der mich ansieht als wäre ich sein Feind. Er sieht gut aus, hat freundliche Gesichtszüge und trotz dem unfreundlichen Blick, mit dem er mich bedenkt, erkennt man das Glänzen in seinen Augen.

Statt mir zu antworten verschränkt er seine Arme vor der Brust und sieht mich mit angespanntem Kiefer Stur an. Ich weiß nicht, was das soll, warum er mich ansieht wie ein Hund, in dessen Revier ich gerade geplatzt bin, aber ich beschließe einfach ihn zu ignorieren.

"Das ist Jung Hoseok, der beste Freund des Patienten. Wir haben ihm gesagt, dass er nicht ins Zimmer darf bis Mr. Kim von der Polizei verhört wurde", sagt die Ärztin und macht mir damit begreiflich, warum der Junge mich so ansieht wie er es nun mal eben tut.

Das ist also Jung Hoseok, Taehyungs bester Freund, den er während des Pinkelns in einer Bar getroffen hat. Ich hatte ihn mir etwas bedrohlicher vorgestellt, keine Ahnung warum, aber eigentlich sieht er aus wie ein Sonnenschein, dem man etwas zu nahe gekommen ist. Ich verstehe ihn und auch die Tatsache das er Taehyung so schnell wie möglich sehen will, aber ich kann das ganze nicht ändern. Niemand darf zum Patienten bevor er verhört wurde.

"Wie geht es ihm?", meldet sich Seokjin hinter mir zu Wort, der den beleidigten besten Freund im Gegensatz zu mir einfach vollkommen ignoriert.

"Die Stichwunde in seiner Schulter ist nicht weiter gefährlich und die Wunde an seinem Hinterkopf, die ihm mit einer Glasflasche beigefügt wurde, wird verheilen. Es geht ihm also relativ gut, allerdings würde ich trotzdem vorsichtig mit ihm umgehen, die Kopfschmerzen müssen ziemlich stark sein. Wir haben ihm etwas dagegen gegeben, aber es wird eine Weile dauern bis die Medikamente anfangen zu wirken."

"Ist er in der Lage verhört zu werden?", fragt Jin kaum das sie ausgeredet hat. Ich sollte es ihm eigentlich gar nicht verübeln, dass er so sachlich mit der Lage umgeht, er kennt Taehyung nicht. Für ihn ist es nur eines von vielen Opfern, mit denen wir täglich zu tun haben, es ist sein Job. Für mich ist er allerdings mehr als das, auch wenn ich mir das nicht anmerken lassen darf.

"Er ist bei Bewusstsein, das sollte also kein Problem sein. Allerdings spricht er nicht, weder mit mir, noch mit den Krankenpflegern."

Er spricht nicht? Die Ärztin sagte, es würde ihm soweit gut gehen. Seine Wunden wurden wahrscheinlich genäht und der Heilung steht nichts im Weg, aber das ist nur das Physische wohlergehen. Niemand von uns kann sich vorstellen, was ihm passiert sein muss. Er wurde in seiner eigenen Wohnung verletzt, von jemandem, der höchstwahrscheinlich noch mit der Sache mit dem Handy zu tun hat. Er muss unglaubliche Angst gehabt haben.

"Sie warten hier draußen", sage ich an Hoseok gerichtet während sich Jin bei der Ärztin bedankt und ihr sagt, dass sie bitte erreichbar bleiben soll falls wir eventuelle nachfragen haben.

Langsam öffne ich die Tür nachdem ich angeklopft habe und betrete den Raum, hinter mir Seokjin. Uns wurde gesagt, dass man Taehyung extra in einen Raum gebracht hat, in dem er für das Verhör alleine sein würde und so ist es auch. Die beiden Bette links und rechts neben ihm sind unbelegt, er ist der einzige in diesem Raum und anscheinend auch der einzige in seinen Gedanken.

"Mr. Kim?" Seokjin tritt nach vorne und stellt sich vor sein Bett, aber Taehyung beachtet uns gar nicht. Sein Blick ist auf seine Hände auf der Bettdecke gerichtet, die vollkommen regungslos da liegen. Weder unser auftauchen, noch die kalte Luft im Zimmer, die durch das offene Fenster kommt, scheinen ihn in irgendeiner Weise zu interessieren.

Ganz anders bei mir. Während Jin versucht die Aufmerksamkeit Taehyungs irgenwie auf uns zu ziehen, kann ich nicht anders als ihn anzustarren. Es sind fast drei Monate vergangen, in denen wir geschrieben haben und er hat mir nur ein einziges Bild von sich gesendet, ein Selfie. Bereits darauf konnte man erkennen, dass er ein schöner Mann war, sogar mehr als das. Er sah aus wie ein Model, wie einer dieser Menschen, die immer gut aussehen, egal was sie taten und dieser Anblick gerade bestätigt das ganze nur.

Er wurde mit einem Messer in der Schulter verletzt und niedergeschlagen, aber trotz der rissigen, trockenen Lippen und der blassen Haut schadet es seinem Aussehen nicht. Er sieht nach wie vor aus wie aus einem Magazin entsprungen.

"Mr. Kim, mein Name ist Kim Seokjin, ich bin Polizist. Ich bin hier um Ihnen zu helfen, können Sie mir ein paar Fragen beantworten?" Er hat bereits sein Notizbuch und einen Stift in der Hand, bereit seine Fragen zu stellen, die Antworten zu notieren und wieder zu verschwinden, aber heute scheint es nicht so einfach für ihn zu sein, denn Taehyung regt sich nach wie vor nicht.

Plötzlich wird die Tür zum Zimmer aufgerissen und es erscheint ein aufgewühlter Krankenpfleger, der nach draußen zeigt. "Mr. Jung verursacht Schwierigkeiten für die Mitarbeiter, er sagt, dass er unbedingt seinen Freund sehen will. Könnten sie uns helfen?", fragt dieser und sieht zwischen mir und Jin hin und her.

Ich schüttle sofort den Kopf als dieser mich ansieht und er presst die Lippen genervt aufeinander. "Ich hatte heute schon Mrs. Lee, Mr. Jung gehört dir", sage ich, gehe auf ihn zu und nehme ihm den Stift und das Notizbuch aus der Hand. Er sieht mich an als würde er mich innerlich gerade verfluchen, aber ich zucke lediglich mit den Schultern.

Der Krankenpfleger bedankt sich als Jin an mir vorbei saust und aus dem Zimmer in den Flur verschwindet, wo man bereits einen aufgebrachten Hoseok hören kann, aber das ist nicht länger von Interesse. Alles was für mich wichtig ist, ist Taehyung, der in der gleichen Position da sitzt, den Blick auf die Hände gerichtet.

Ich stecke das Notizheft und den Stift weg und stelle mich nun neben sein Bett. "Tae", sage ich leise und sanft und lege vorsichtig meine Hand auf seine in seinem Schoß. Er zuckt kurz zusammen und möchte mir seine Hände wieder entziehen, aber ich umklammere eine von ihnen und lächle erleichtert als er endlich zu mir hinauf schaut, direkt in meine Augen.

"Jungkook?"

Dark Room |Vkook - Texting|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt