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Taehyung Pov

Erneut werfe ich einen Blick auf das Handy und muss ungläubig feststellen, dass seit dem letzten Mal, als ich rauf gesehen habe, nicht mehr als zwei Minuten vergangen sind. Er sagte wir würden uns um 15:00 Uhr hier treffen und ich war auch pünktlich da, aber hier ist keine Spur von ihm. Ich erwische mich immer wieder dabei wie ich die Männer in meiner Umgebung auf der Suche nach ihm betrachte. Jeder der braunes Haar hat wird opfer meiner intensiven Blicke, aber bis jetzt war er nicht dabei. 

Kurz geht mir der Gedanke durch den Kopf das er vielleicht einen Rückzieher gemacht haben könnte. Ich halte Jungkook zwar nicht für die Art Mensch, die sich in der letzten Sekunde umentscheidet, obwohl er es war, der den Vorschlag gemacht hat, aber ich würde es ihm auch durchaus nicht übel nehmen. Ich selber habe auch mit dem Gedanken gespielt nicht zu kommen. 

Hoseok abzuschütteln war nicht leicht, am liebsten wäre er geblieben und hätte sich um mich gekümmert bis die Wunden vollkommen verheilt sind, aber nachdem ich ihn endlich dazu gebracht hatte zu gehen, war ich mir nicht sicher ob ich kommen sollte. Ich war stets gegen ein Treffen, aber seit er vor einigen Tagen bei mir im Krankenhaus war, hat sich das irgendwie geändert.

Das, was er gesagt hat, die Art mit der er mich berührt hat, so vorsichtig und behutsam, es hat mir geholfen. All die Gedanken, mit denen ich bis kurz vor seinem auftauchen alleine war, waren plötzlich verschwunden. Die Schuldgefühle waren natürlich immer noch da, das sind sie auch jetzt noch, aber ich habe mich nicht länger alleine damit gefühlt. Es war, als hätte Jungkook mir einen Teil der Last abgenommen.

"Taehyung", höre ich eine Stimme direkt hinter mir und zucke zusammen als mir jemand seine Hand auf die Schulter legt. Ich hebe abwehrend die Hände und stolpere nach hinten wobei ich fast über meine eigenen Füße falle, aber von Jungkook am Arm festgehalten und davor bewahrt werde. 

Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, auf meinem ganzen Körper hat sich eine Gänsehaut breit gemacht und sogar die Tränen haben sich in meinen Augen gesammelt. Es war nicht seine Absicht mich zu erschrecken, das merke ich an seinem besorgten Gesichtsausdruck, aber mein Körper hat automatisch auf das plötzliche Auftauchen von jemand anderem reagiert. Genau sowie damals in meiner Wohnung als der Junge plötzlich da stand. 

Vollkommen erstarrt starre ich ihn mit großen Augen an und versuche meinem Gehirn klar zu machen, dass von ihm keine Gefahr ausgeht. Das hier ist Jungkook und trotz all meinem Misstrauen und dem fehlenden Wissen über ihn, weiß ich das er mir nichts tun würde. Er war derjenige, der mir gut zugeredet hat nach dem Vorfall in meiner Wohnung, er war auf eine Art auch immer für mich da, selbst als wir uns noch nicht so wirklich kannten. 

"Taehyung", sagt er wieder meinen Namen, dieses mal leiser und sanfter während er mein Gesicht in seine Hände nimmt und mir mit seinem näher kommt. Ich spüre die Blicke der Menschen um uns herum, die uns verwirrt mustern, aber es interessiert mich nicht. Alles wofür ich gerade Augen habe ist Jungkook, dessen ruhiger, aber dennoch besorgter Blick mich langsam beruhigt. 

Meine schnellen Atemzüge werden langsamer, meine Augenlider wieder leichter und das zittern meines Körpers nimmt ab. Alles was ich dafür tun muss ist ihn ansehen, weil es mir das Gefühl gibt nicht alleine zu sein. 

"Ich bin es." Er schenkt mir ein leichtes Lächeln und streicht mir die Haare beruhigend aus dem Gesicht. "Du brauchst keine Angst zu haben, ich tue dir nichts. Das würde ich niemals." 

Es ist ein merkwürdiges Gefühl etwas so intimes aus seinem Mund zu hören. Bisher haben uns nur diese beiden Handys verbunden und das einzige Treffen, das zwischen uns beiden statt fand, war das im Krankenhaus. Wir haben nicht viel miteinander gesprochen, zumindest nichts was Persönliches anbelangt, aber trotzdem glaube ich ihm diese Worte sofort. Er ist mir quasi nach wie vor Fremd, ich weiß fast nichts über ihn, aber ich weiß alleine durch einen kurzen Blick in seine Augen, dass er mir wirklich niemals etwas tun würde.

Ich nicke langsam, lege meine Hände auf seine und nehme sie von meinem Gesicht runter. Die Menschen um uns herum starren uns nach wie vor an, aber es ist mehr als nur einfach sie zu ignorieren und sich stattdessen auf das wesentliche zu konzentrieren. Für sie mag das komisch aussehen, weil hier zwei Männer mitten auf dem Bürgersteig stehen und sich so nah kommen, aber für mich und Jungkook ist das ein wichtiger Moment. Nicht nur, weil wir uns das erste mal gewollt Treffen, sondern auch weil wir hier Hinweise finden könnten, die über unser Leben entscheiden. 

"Wir sollten rein gehen", sage ich und nicke in die Richtung des Buchladens, der um diese Uhrzeit gut besucht ist. Ein Glück das es bei Büchern nicht so ist wie bei Klamotten, hier ist die Auswahl viel zu groß als das man wirklich fürchten müsste, dass das gewünschte Buch ausverkauft ist. Außerdem kann man es sofort nachbestellen sollte es doch so sein. 

Ich fahre mir mit den Händen über das Gesicht und gehe auf den Buchladen zu, aber bevor ich überhaupt weit kommen kann, hält Jungkook mich an der Hand fest und zieht mich zurück. Verwirrt runzle ich die Stirn und sehe ihn an, aber er schüttelt lediglich den Kopf. 

"Du gehst in die falsche Richtung." Er sieht an mir vorbei auf irgendetwas, das hinter mir steht. Zögernd drehe ich mich um und suche nach einem anderen Laden, der Bücher verkauft oder zumindest irgendetwas damit zu tun hat, aber das einzige was sich hinter mir befindet ist ein Firmengebäude, das rein gar nichts mit dem zu tun hat, was wir suchen. 

"Das musst du mir erklären. Ich dachte du hättest einen Hinweis in den Büchern gefunden."

"Nein, ich sagte lediglich, dass ich nach weiteren Hinweisen suchen wollte, aber nicht das ich darin welche gefunden habe." Er zieht mich an meiner Hand, die immer noch in seiner liegt, zu sich heran, sodass ich jetzt neben ihm stehe und das Gebäude direkt ansehen kann. "Der Hinweis, den ich gefunden habe, befindet sich darin."

Dark Room |Vkook - Texting|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt