Special 2.2

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"Danke für den Tayaki." sage ich und beiße in das fischförmige Gebäck hinein.
Die heiße Vanille Füllung fließt augenblicklich in meinem Mund zusammen und hinterlässt einen zuckersüßen Nachgeschmack.
Ein wahrer Traum.

Karma dreht sein Gesicht zu mir um und lächelt, bevor er dem Verkäufer zunickt und sich von ihm verabschiedet. Er ist derjenige, der vorgeschlagen hatte, dass wir uns an einem Stand etwas zu essen holen sollen. Wie waren zusammen in der Stadt unterwegs bis es dunkel wurde und liefen zufälligerweise an diesem Stand vorbei.

"Meine Anko Füllung ist besser." sagt er und läuft neben mir her. Wie einen Preis hält er sich das Gebäck vor die Brust.
Ich verdrehe die Augen. "Von wegen."
"Probieren?" Er hält mir seinen Tayaki hin und schaut mir tief in die Augen. Ich werde rot. Waren wir schon an dem Punkt gekommen, wo wir das Essen miteinander teilen konnten? Nein, oder? Das geht doch nicht!

Einige Sekunden lang starre ich einfach nur überfordert auf das Tayaki in seiner Hand, ehe er mit der Schulter zuckt und selbst hineinbeißt.
"Dann nicht."
Ich traue mich nicht, etwas zu erwidern und eine seltsame Stille entsteht zwischen uns beiden. Huch? Eben war doch noch alles in Ordnung. Sofort bereue ich es, seinen Tayaki nicht genommen zu haben.Ich hätte es einfach nehmen und hineinbeißen sollen, da war doch nichts dabei! Wieso denke ich immer nur so kompliziert?

Dennoch treiben wir weiter, machen einen Schritt nach dem anderen und lassen das stressige Stadtzentrum Tokyos hinter uns. Nur wenige Straßenlaternen erhellen uns den Weg und so langsam fangen die Grillen um uns herum, ihren Gesang zu starten.

Es ist wunderschön. Die Nacht finde ich immer schon am magischsten. Manchmal kann sie alle Geräusche um einen herum einsaugen, sie zu einem nichts formen, aber sie kann auch jeden einzelnen Ton, zu einem ohrenbetäubenden Lärm verwandeln, sie ganz groß und mächtig erscheinen lassen.

Ich beiße ein Stück von meinen Gebäck ab und schaue zum Himmel empor. Sterne, ganz viele Sterne funkeln dort oben. Links von meinen Sichtfeld sehe ich den Mond. In seiner Halbmond Form macht er sich garnicht mal so schlecht. Ich kann Korosensei schon förmlich sehen, wie er dort oben sitzt und uns versucht Mathe zu erklären. Wobei das bei dem Kerl neben mir, wahrscheinlich garnicht nötig wäre.

Verstohlen blicke ich ihn an und erschrecke, als ich sehe, dass er das auch bei mir tut. Mit einem boshaften Ausdruck zieht er seine Lippen zu einem Grinsen und führt so extrem langsam, dass selbst ein Seestern schneller vorangekommen wäre, seinen Tayaki zu seinem Mund. Verführerisch beißt er hinein und tut so, als wäre er in irgendeiner Werbung. Ich merke, dass meine Augen sehnsüchtig auf sein Gebäck starren und auch gerne etwas davon abhaben wollen.

Aber am meisten irritiert mich sein Verhalten. Er beobachtet mich ganz genau. Meine Finger fangen an zu kribbeln und erneut schießt mir die Röte ins Gesicht. Er spielt mit mir. Ich muss verdammt gut aufpassen, das mein Blick nicht zu seinen perfekten Lippen wandert, anstatt es bei seinem Gebäck sein sollte. Naja, eigentlich sollten sich meine Augen auf den Weg konzentrieren, damit uns nicht versehentlich ein Radfahrer anrempelt!

Aber er nimmt mich komplett in den Bann. Mit einem Schlucken sehe ich ihm dabei zu, wie er immer wieder einen Bissen nimmt und mich mit funkelnden Augen ansieht. Ich frage mich, ob seine goldbraunen Augen die Sterne reflektieren, oder ob das Funkeln  wirklich aus seinem Inneren kommt.

"Na? Willst du jetzt doch probieren?" haucht er in die Nacht hinein, während seine Schritte auf dem Asphalt wiederhallen. Mich überkommt ein Gänsehaut.

Wieso ist bloß keiner mehr auf den Straßen? "Ehm..ich..." stottere ich und zwinge mich vergebens zu einer Antwort.
"Ja?" Sein Atem streift meine Haut und ich kneife meine Augen zusammen. Was ist nur los mit mir? "Du hast nur noch eine Chance." sagt mir seine raue Stimme und ich reiße die Augen auf. Er hält nur noch ein kleines Stückchen seines Anko Tayaki in den Händen und sein Blick liegt auf mir.

Mir ist heiß. Mir ist so verdammt heiß! Schweiß läuft mir den Hals hinunter und ich bekomme nur noch ganz wenig Luft. Fuck! Er hat mich! Das ganze bereitet mir Angst! Ich sollte mich nur auf das kleine Stückchen in seiner Hand konzentrieren und nicht auf seine Gegenwart! Das ist alles was ich haben will. Alles, was mein Mund zu schmecken bekommen will. Glaub ich jedenfalls.

Er bleibt stehen, wedelt mit dem Tayaki vor meinen Augen hin und her und ich weiß nicht, was ich tun soll. Wie ein kleines Kind, das von seinen Eltern kein Spielzeug bekommen hat, blicke ich den Tayaki an. Irgendwie kann mein Körper gerade nicht arbeiten.

Und mein Verstand anscheinend auch nickt. Er seufzt. "Dann gehört das letzte Stück wohl mir..." Alarmglocken läuten in meinem Kopf. So schnell es geht, schießt mein rechter Arm vor und schnappt sich
das Essen. Überrumpelt schaut er mich an, aber da hab ich schon das Stückchen in meinen Mund gestopft. Es überrascht mich selbst, dass ich es einfach getan habe. Mein Körper hat von selbst reagiert.

Benommen nimmt er seine Hand runter, die gerade das Stückchen in seinem Mund schieben wollte. "Mann, du bist schneller Jahr als ich dachte." Eifrig nicke ich. "Und jetzt benimmst du dich auch noch wie ein Hund, dass man eben gerade einen Leckerli gegeben hat!"
"Tue ich nicht!" widerspreche ich empört.
Er kommt einen Schritt nach vorn und stupst mir mit den Fingern an die Nase. "Und ob du das tust!"

Ich kneife die Augen zusammen, sage aber nichts mehr und mache mich mit ihm wieder auf dem Weg. Nachdem ich sein letztes Tayaki Stückchen gegessen habe, fühle ich mich nur noch pudelwohl und grinse wie ein Idiot.
Ich ergreife sogar während dem Laufen Karmas Hand. "Du hältst meine Hand? Hast du nicht vorher gesagt, das es nicht nötig sei?" fragt er ungläubig.
Ich grinse. "Aber jetzt ist es doch nötig! Ich führe dich. Du hast keine Ahnung wo ich wohne, wie willst du mich dann nach Hause bringen?"
Er lacht. "Wer hat gesagt, dass ich dich Nachhause bringe?"
Ich boxe ihm gegen die Brust. "Unhöflich!"
"Wenn du darauf bestehst, tue ich es natürlich gern." sagt er und zwinkert mir zu.
"Ne, mach was du willst." Bockig drehe ich mich von ihm weg.

Sein Körper bebt bei seinem kehligen Lachen. "Gut, ich will es."
Ich will es auch, schießt es mir durch den Kopf aber ich drehe mich nicht um.

Er kratzt sich am Hinterkopf.
"Okay, anders geht es anscheinend nicht." Gerade wundere ich mich, was dieser Satz zu bedeuten hat, da legt er von hinten seine Arme um meine Schultern und schmiegt sich an mich. Kyaaa!

"Karma! Was machst du da?!" rufe ich auf.
"Dich wieder besänftigen."
Ich schlage auf seine Arme. "Brauchst du nicht! Lass mich los!"
"Hmm... lass mich überlegen...Nö."

"Aber... was wenn uns jemand so sieht!" 
"Und? Was wäre schon dabei?"
Oh, da wäre einiges dabei. Dennoch beschließt mein Mund etwas anderes zu sagen: "Weiß nicht."

"Na dann. Bleiben wir so."
"Aber..."
"Shishhht." raunt er mir ins Haar.
Absolute Gänsehaut.
Herzklopfen.
Schmetterlinge im Bauch.

Augenblicklich halte ich meine Klappe.
Ich spüre seinen heißen Atem an meinem Nacken und nehme jeden einzelnen Geruch von ihm auf, während ich die Augen geschlossen halte.
Gott...was macht er da mit mir? 

Er wärmt mich. Innerlich und äußerlich.
Er ist wie eine milde Salbe für meine Seele und sogleich auch ein Feuer was mich entzündet. Er ist mein tieferer Sinn. Er ist alles.

"Sieh hoch." höre ich Karma flüstern.
Verwirrt öffne ich meine Augen und tue was er sagt.
Der Halbmond liegt direkt über uns und lacht uns an.

Bei diesem Anblick überkommt mich ein großartiges Gefühl von Glückseligkeit.
Alles scheint perfekt. Energie rauscht durch meinen Körper. Kraft erfüllt mich. Ich scheine zu explodieren und meine gesamte Existenz dem Weltall zu schenken. Ein Wall von Freude bricht über mich ein.

Ich fühle mich glücklich mit ihm.
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Assassins Desire | ᴋᴀʀᴍᴀ x ᴏᴄWo Geschichten leben. Entdecke jetzt