Chapter One

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Julien's Sicht


"Letzte Nacht sind schon wieder 2 Leute verschwunden. Die Polizei meint das 'Es' sie geholt hat. Was sagst du dazu?...Hey Julien! Hörst du mir zu?", riss mich die nervige Stimme von Gio aus meinen Gedanken.
"Mmh. Ja klar. Was gibts?", eigentlich konnte ich mir denken worüber mein 'Freund' die ganze Zeit geredet hatte.

Heute morgen im Radio wurde berichtet, dass über Nacht wieder 2 Personen verschwunden waren. Eine von ihnen war die Tochter unserer Nachbarin. Sie war erst 5 und hatte, laut dem Radiomoderator, wahrscheinlich aus Angst die Augen aufgemacht.

"Was meinst du zu den Vermissten Julien?", fragte Gio noch einmal. "Ich glaub nicht, dass sie von irgendeinem Monster entführt wurden. Diese ganze Sache klingt nach einer bescheuerten Verschwörungstheorie. Es gibt keine Monster. Es verschwinden überall Leute, nicht nur hier. Das sind wahrscheinlich einfach nur Zufälle.", antwortete ich nur und konzentrierte mich weiter auf den Unterricht. "Ich glaub nicht, dass das Zufälle sind. Irgendetwas hat Casa damals entführt. Wir haben uns ja ein Zimmer geteilt, da hätte ich es gemerkt wenn er abgehauen wäre.", fing Gio nach einer Weile wieder an.

Sein kleiner Bruder Angelo war vor 4 Wochen auf die gleiche Weise verschwunden. Seitdem war er fest davon überzeugt, dass in unserer Stadt ein Monster lebte. Um das Gespräch zu beenden nickte ich zustimmend und tat dann wieder so, als würde ich dem Matheunterricht folgen. Ich verstand zwar kein Wort von dem was unser Lehrer uns erklärte, aber es war besser als wegen einem nicht existenten Monster zu diskutieren.

45 Minuten später

Eigentlich hätte ich noch bis 15 Uhr Unterricht gehabt, aber da ich weder Bock noch später mal Verwendung für Kunst hatte entschloss ich mich kurzerhand nach Hause zu gehen. Meine Eltern würden eh erst abends kommen und meinen Geschwistern war es egal ob ich schwänzte oder nicht.

Als ich an unserem Haus ankam stürmte unsere Hündin Mika sofort laut bellend auf mich zu. "Hey Süße. Hast du mich vermisst?", begrüßte ich sie lachend. Ich ging durch unseren Vorgarten zur Haustür. Diese war nicht richtig abgeschlossen und ich konnte sie einfach aufdrücken. Wir ließen sie immer so damit Mika im Garten spielen konnte. Sie kam nämlich nicht über den Zaun rüber und das Tor war immer automatisch verriegelt. Während Mika also weiterhin um mich herumsprang ließ ich meinen Rucksack fallen und ging zum Kühlschrank. Anscheinend hatte meine Schwester aber die letzte Tiefkühlpizza aufgegessen. Diese Fotze. Jetzt musste ich natürlich noch einkaufen gehen.

Kurzerhand nahm ich also was von dem Geld, dass unsere Eltern uns für Lebensmittel gaben wenn sie bis abends arbeiten mussten und suchte nach Mika's Leine. Wenn ich schon raus musste konnte ich sie gleich mitnehmen. Da ich nicht wusste ob jemand zuhause war rief ich einfach ein kurzes 'Bin kurz Einkaufen' in die ungefähre Richtung unseres Wohnzimmers.

Ohne auf eine Antwort zu warten knallte ich die Tür zu und ging los. Nach 30 Minuten kamen Mika und ich endlich am Supermarkt an. Die kleine Akita Inu stoppte nämlich alle 5 Meter um an irgendeinem Baum zu schnuppern oder ein Insekt zu beobachten. Sie war jetzt knapp 2 Jahre alt und immer noch von allem möglichen fasziniert.

Vor dem Supermarkt band ich ihre Leine an einen der Fahrradständer und ging rein. Aus der Truhe mit den Tiefkühlprodukten nahm ich mir 3 Salamipizzen und 1 Beutel Tiefkühlpommes. Mit meinen Einkäufen im Arm ging ich dann auch direkt zur Kasse.

Ungeduldig wartete ich wie die schon etwas ältere Frau vor mir ewig brauchte, bis sie ihre Sachen eingepackt und das Rückgeld in ihr Portemonnaie getan hatte. Diese dumme Schlampe merkte nicht einmal wie sie die ganze Schlange aufhielt. Normalerweise war ich eine geduldige Person. Allerdings mochte ich es nicht Mika so lange unbeaufsichtigt draußen zu lassen und hatte außerdem noch ziemlich Hunger.

So schnell ich also konnte bezahlte ich für mein Essen und verließ den Laden. Zu meiner Erleichterung lag Mika noch genauso da, wie als ich sie verlassen hatte. Meine größten Sorgen in diesen Situationen waren immer, dass Jemand Mika mitgenommen hatte oder dass sie die Reifen eines Fahrrads angeknabbert hatte. Das war schon 2 mal passiert und weder gut für das Fahrrad noch für Mika.

Als sie mich bemerkte bellte sie jedoch freudig und sprang schwanzwedelnd auf. Neugierig beschnupperte Mika die Plastiktüte mit meinen Einkäufen. Grinsend kraulte ich sie hinter den Ohren und löste ihre Leine von dem Fahrradständer.

Der Rückweg verlief genau wie der Hinweg. Mika blieb wieder wegen allem möglichen stehen und ich wartete mit knurrendem Magen daneben. Wieder zuhause angekommen ließ ich Mika noch etwas im Garten spielen und machte mir eine der Pizzen fertig.

Im Wohnzimmer lief der Fernseher, was bedeutete, dass anscheinend Jemand da war. Mit meiner Pizza ließ ich mich also neben meine kleine Schwester Lara aufs Sofa fallen. Sie war 8 Jahre alt und wir hatten nicht wirklich viel miteinander zutun. Deshalb sah sie auch bloß kurz auf und konzentrierte sich dann wieder auf ihre Hausaufgaben. Nach ein paar Minuten, in denen der Fernseher die einzige Geräuschquelle darstellte, griff ich nach der Fernbedienung.

Immer noch schweigend zappte ich durch diverse Kanäle bis ich endlich bei MTV ankam. Momentan lief ein Musikvideo von Kollegah. Das Lied kannte ich zwar noch nicht, aber es gefiel mir. Ich war so in das Essen meiner Pizza vertieft, dass ich aufschreckte als Mika draußen anfing laut zu bellen.

Genervt stand ich auf um mir anzusehen, was sie so aufregte. Im Garten angekommen sah ich auch schon den Grund für ihr Verhalten.

Unsere Nachbarn waren sehr zurückgezogen und so gut wie nie zusehen. Das einzige was ich über sie wusste war, dass sie anscheinend sehr viel Geld hatten und eine große Familie waren. Als ich 6 war hatte ich mich kurz mit einem der Jungs unterhalten. Er war ungefähr in meinem Alter und eher zurückhaltend. Ich hatte auch nicht viel erfahren, da er kurz darauf von einem älteren Jungen ins Haus gezogen wurde. Seitdem hatte ich niemanden von ihnen wirklich gesehen.

Jetzt stand einer von ihnen jedoch am Zaun und versuchte eine bellende und knurrende Mika zu beruhigen. "Mika! Aus!", rief ich so streng wie möglich. Tatsächlich knurrte sie nur noch einmal warnend und lief dann zurück ins Haus.

"Hey. Ähm Sorry wegen Mika. Sie ist eigentlich ganz lieb aber mag keine Fremden.", entschuldigte ich mich bei meinem Gegenüber. "Ist nicht schlimm. War glaub ich meine Schuld. Ich wollt sie unbedingt streicheln.", entgegnete er nur. Um die peinliche Stille, die drohte auszubrechen, zu vermeiden hielt ich ihm meine Hand hin."Ich bin Julien. Hi." Etwas perplex aber lächelnd ergriff er sie. "Dima", stellte er sich knapp vor.

"Willst du zu mir reinkommen?", bot ich nun an. Dima sah kurz nachdenklich aus und drehte sich vorsichtig zu seinem Haus um, als hätte er Angst, Jemand könnte rauskommen und ihn wieder reinholen. Dann nickte er entschlossen.

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