» 9 CHLOE » Jäger «

7.7K 42 6
                                    

Jäger sind scheiße, wie haben die mich jetzt schon wieder eingeholt? Wir sind hier auf Madagaskar, verdammt, in irgendeinem unauffälligen, aber durchaus luxuriösen Ferienresort. Kein Ort, an dem ich verfluchte Jäger erwartet habe.

Gerade als ich die Poolarea verlasse, ballert schon der nächste auf mich. Es ist viel zu laut und ich verstecke mich hinter einer Säule, von dort aus brülle ich: "Willst du ficken?"

Als Antwort sind da nur noch mehr Schüsse. Aus der Wand rechts von mir fliegen Stücke und der Putz bröselt herunter. Die letzten Jäger hatten Ohrenstöpsel, denn dumm sind sie ja nicht. Früher konnte man sie einfach verführen, aber inzwischen ist das schwierig geworden. Sie lernen halt doch dazu. Und einen Sponsor haben sie wohl auch, denn früher habe ich sie meist spätestens am Flughafen abgeschüttelt.

"Komm aus deiner Deckung raus!", brüllt der Mann, der gerade noch auf mich geschossen hat. Ich höre zwei Paar Schritte, die sich nähern. Sie arbeiten meistens zuzweit, größere Teams würden womöglich auffallen.

Noch etwas, das sich geändert hat. Sie organisieren sich. Sie planen das ganze, und sie wissen mehr als ich.

Obwohl ich dieses Fangen spiele seitdem ich zwölf Jahre alt bin, habe ich erschreckend wenig Ahnung. Ich kenne grob die griechische Mythologie und ich kenne diverse Filme mit Sirenen. Hier schon mal ein Hinweis: nein, meine Beine werden nicht zu einer Flosse, wenn sie mit Wasser in Berührung kommen. Ich bin keine Meerjungfrau, sondern eine Sirene. Laut Mythologie habe ich eher Flügel wie Vögel, aber das ist nicht so richtig bestätigt. Also, eigentlich ist gar nichts bestätigt. Es ist nur so dass ich durchaus mit meiner Stimme Menschen verführen kann und sie so in den Tod reißen könnte - aber wir sind ja im einundzwanzigsten Jahrhundert. Was will ich schon Seefahrer in den Tod jagen?

"Ko-omm raus!", singt der Mann durch die Halle. Es ist gefährlich still im Hotel, bis dann ein Alarm losgeht. Super, doch noch irgendwo ein Hotelgast da oder der Typ von der Rezeption.

"Sie steckt immer noch dahinten fest", zischt die Frau, die mich durchaus beeindruckt hat. Alle bisherigen Jäger sind ziemlich jung gewesen. Sie haben wohl keine allzu hohe Lebenserwartung, oder irgendwann keine Lust mehr auf den Scheiß. Jetzt sagt sie: "Wir werden doch wohl mit 'nem Sirenenkind klarkommen, ist ja schließlich keine Chimäre."

Chimäre? Das erinnert mich an Percy Jackson. Und das erinnert mich daran, dass da draußen womöglich noch mehr Wesen aus der griechischen Mythologie lauern. Heilige Scheiße. Ich bin doch eigentlich katholisch erzogen worden und jetzt soll ich an Zeus, Poseidon und die anderen glauben? Diese Diskussion hab ich schon mal mit mir geführt, und jedesmal endete sie damit, dass ich Atheist bleibe.

"Polizei!", erklingen draußen Schreie. "Verlassen Sie mit erhobenen Händen das Gebäude! Sie sind umstellt!"

Noch etwas, was mich schon mal interessant hat: mit der Polizei arbeiten sie wohl nicht zusammen. Allerdings reagieren die beiden nicht eingeschüchtert, sondern kommen noch mal näher. Der Mann ist jetzt ganz nah, ich kann ihn atmen hören.

"Was zögerst du?", zischt die Frau.

Der Mann macht noch einen Schritt. Ich kann die Waffe sehen, die er fest umklammert. Langsam dreht er sich in meine Richtung. Er ist völlig schwarz gekleidet, samt Maske.

Dann bin ich blitzschnell. Ich springe aus der Deckung, ducke mich unter seiner Waffe weg. Er drückt ab, daneben. Ich trete ihn gegen das Knie, er klappt zusammen. Ich reiße ihn umher, benutze ihn als Deckung, denn sie drückt auch ab. Meine Hände packen seine, zielen mit seiner Waffe auf die Frau, schießen. Sie hat keine Deckung. Sie geht zu Boden, während ich mich weiter hinter dem Mann verstecke. Der will mich packen, wir umklammern aber beide die Waffe.

» Sirenen - about Sex and Gods «Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt