» 5 ANA » Im Fahrstuhl «

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Dreimal bin ich jetzt schon zwischen der Parkgarage und meiner neuen Wohnung im elften Stockwerk hin und her gefahren. Der etwas veraltete Fahrstuhl macht dabei nicht den besten Eindruck, aber auch jetzt bei meiner vorerst letzten Fahrt setzt er sich widerstandslos in Bewegung.

Diese Mal stoppt er jedoch im Erdgeschoss. Die Türen öffnen sich und das Abbild eines Gottes steht vor mir.

Breite Schultern und unter dem schwarzen Smoking sind trainierte Oberarme auszumachen. Darüber das Gesicht eines Models mit hohen Wangenknochen und Locken ähnlich wie die von Yannik, nur etwas dunkler mit goldenem Glanz.

Seine hellen Augen gleiten nur kurz zu mir, dann steigt er ein, stellt sich neben mich. In meinem Kopf kreist nur eines: Ich will Sex mit diesem Kerl, hier und jetzt. Ich will seine Augenfarbe deutlich erkennen, wenn er ganz nah an meinem Gesicht ist und mich küsst, wenn er mich zwischen meinen Beinen küsst und von dort zu mir aufsieht, will ich seine Augen sehen. Sein unrasiertes Kinn soll mich an den Oberschenkeln kitzeln. Die kräftigen, großen Hände, die er jetzt entspannt hängen lässt sollen mich überall berühren, und das zwischen seinen Beinen...

Er bewegt sich, nur leicht. Sein Blick fällt zu mir herunter, da ist eine Falte auf seiner Stirn - wie lange starre ich ihn schon an? Die Augen sind gräulich, blau, aber ich sehe schnell weg, hinüber zur Anzeige, wir sind schon im dritten Stockwerk, immer weiter geht es nach oben.

Er dreht sich wieder weg, verschränkt die Arme. Der dunkle Stoff streckt sich über die Muskeln, wie er wohl ohne Kleidung aussieht?

"Ist was?", fragt er plötzlich. Tiefe Stimme, die mich erstarren lässt. Ganz feucht bin ich schon, ganz nervös. Er raubt mir gerade alle Nerven, ich kann ihn doch so leicht haben. Nur sagen muss ich es, klappe den Mund auf, mir fehlen die Worte.

Er spricht dafür, sieht mich aber nicht an, beobachtet die Anzeige des Fahrstuhls. Fünfter Stock.

"Sind Sie die Neue in Apartment 116?"

"J-Ja." Gott. Was macht dieser Fremde mit mir, dass ich mich verhalte als spreche ich das erste Mal mit einem Jungen, der mir etwas bedeutet. Wir passieren den sechsten Stock, ich halte die Luft an.

"Na dann." Er zuckt leicht mit den Schultern, sieht mich wieder an. Er schmunzelt, seine Lippen bewegen sich. Ich kann nicht anders als auf seinen Mund zu starren, während er sagt: "Auf eine gute Nachbarschaft. Ich bin Pete, Apartment 117."

Der Name passt nicht zu ihm. Absolut nicht, aber seine Lippen haben ihn geformt, ihn ausgesprochen.

"Und Sie?"

"Äh." Ich muss was sagen. Wir erreichen bereits den neunten, den zehnten Stock. Panik durchjagt mich, gleich sind wir da, gleich sollte ich aussteigen.

Es geht ganz schnell. Ich weiß, in welcher Tonlage ich sprechen muss, um Sex zu bekommen. Es verwandelt Männer und Frauen in Wesen, die mich unbedingt wollen. Ganz automatisch geht das, und ganz genau so sage ich: "Fick mich. Hier und jetzt!"

Er lacht.
Er schüttelt den Kopf.

Der Fahrstuhl wird langsamer, stoppt. Die Türen gehen auf und er lacht immer noch. Zwei Schritte geht er raus, dreht sich zu mir um, sagt grinsend: "Sorry. Ich passe."

"Was?" Hat er das gerade wirklich gesagt?

Er lacht nur, geht wieder. Den Flur hinunter, sperrt dann eine Tür auf, gegenüber von meiner Wohnung. Die Fahrstuhltüren wollen sich schließen, ich halte sie auf. Starre immer noch den Kerl an, der mir einen Korb gegeben hat. Er dreht sich nicht einmal mehr zu mir um, verschwindet ganz einfach in der Wohnung und ich stehe immer noch im Fahrstuhl, die Türen gehen wieder zu. Dieses Mal halte ich sie nicht auf.



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