Kapitel 6

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Kapitel 6

Stöhnend wedelte Marinette mit ihrer Hand herum und versuchte ihren kleinen Kwami zu verscheuchen. Schon seit einigen Minuten stupste sie ihr im Gesicht herum.
„Tikki, was soll das denn. Ich will noch schlafen."
Brummend drehte sie sich schwungvoll auf die andere Seite und zog sich ihre Decke über den Kopf. Die gesamte Nacht hatte sie, da sie einfach noch viel zu aufgewühlt war, kein Auge zu getan. Erst am frühen Morgen hatte sie endlich in den Schlaf gefunden. Glücklicherweise war Samstag und somit konnte sie so lange im Bett bleiben, wie sie wollte. Theoretisch. Wäre da nicht eine gewisse kleine Freundin, die sie die ganze Zeit versuchte zu wecken. Wie aufs Stichwort schlüpfte diese just in dem Moment auch prompt unter ihre Decke.
„Dein Handy klingelt in einer Tour. Es scheint wichtig zu sein."
„Was kann an einem Samstagmorgen denn so wichtig sein", murmelte sie leise und streckte ihren Kopf wieder heraus.
„Früh? Es ist schon nach zwölf."
„Was?"
Gähnend rieb sie sich den Schlaf aus den Augen, schwang ihre Beine über die Bettkante und schlurfte zu der kleinen Treppe. Sie hatte sich nicht ein Mal mehr umgezogen gehabt gestern. Sie brauchte jetzt erst ein Mal dringend eine Dusche und frische Sachen.
Langsam stieg sie die Stufen herunter und steuerte ihren Schreibtisch an.
„Es klingelt doch gar-"
Doch genau in diesen Moment klingelte ihr Smartphones und so ging sie flink heran.
„Ja?"
„Mein Gott Marinette, endlich. Was machst du denn? Wo bleibst du?"
Mit zusammengekniffenen Augen musste sie ihr Handy kurz etwas weghalten, da ihr Alya regelrecht entgegen schrie. Irritiert hielt sie es dann aber wieder an ihr Ohr.
„Sorry. Aber, ich weiß nicht, wovon du sprichst? Waren wir verabredet?"
„Schwing dein Hintern in die Stadt, sofort. Ich meine, wirklich schwingen. Wir brauchen Ladybug."
Sofort bekam sie große Augen und prompt war sie hellwach.
„Ein neuer Akuma?"
„Ja. Vor dem Opernhaus Garnier."
Mehr brauchte sie nicht zu wissen und drückte ihre Freundin weg. Mit ernster Miene legte sie ihr Handy zurück auf den Schreibtisch und blickte herüber zu Tikki.
„Es gibt Arbeit. Tikki verwandle mich."


Kurze Zeit später landete sie nahe der Oper auf einem Dach und versuchte die Lage zu überblicken. Eine riesige Menschenmenge hatte sich vor dem Opernhaus versammelt und schien um etwas oder viel besser jemandem herumzustehen. Und dann entdeckte sie es auch schon. Mitten in der Menge stand eine Frau in einem langen weißen Kleid, das mit Noten verziert war. Ihr Gesicht war komplett weiß und ein schwarzer Notenschlüssel zierte ihre Wange. Ihr Blick wanderte weiter herum und dann entdeckte sie auch ihre Freundin, die hinter einem Auto hockte und alles filmte. Mit einem Satz sprang sie zu ihr herunter und leise landete sie neben ihr.
„Was ist hier los?"
Doch bevor sie eine Antwort von ihr bekommen konnte, ertönte plötzlich Geigenmusik.
„Halt dir die Ohren zu!", befahl Alya und drückte sich selbst die Finger in die Ohrenmuscheln.
Sofort drückte sie sich ebenfalls die Hände auf ihre Ohren und sah fragend zu ihrer Freundin. Nachdem Alya ihre Hände nach einigen Minuten wieder herunternahm, schaute sie vorsichtig an dem Auto vorbei auf den Platz.
„Was war das?"
„Eine Frau aus dem Orchester ist offenbar sauer, dass sie nicht die erste Geige spielen darf. Sie nennt sich Sinfonia. Wenn sie auf ihrer Geige spielt, wird jeder, der es hört hypnotisiert und gehorcht ihren Befehlen."
Ernst sah Ladybug auf die Menschenmenge.
„Also steckt der Akuma vermutlich in der Geige", murmelte sie mehr zu sich selbst und nickte ihrer Freundin zu, „Danke."
Ohne Zeit zu verlieren, sprang sie auf, rannte auf die Menschentraube zu und blieb mit etwas Abstand zu ihnen stehen.
„Nur, weil man mal nicht Erster wird, muss man doch nicht gleich seine Wut an der Stadt auslassen."
Lautes Lachen ertönte und im selben Augenblick bildeten die Menschen vor ihr eine Gasse, wodurch sie direkt auf ihren neuen Gegner blicken konnte.
„Ladybug. Na endlich. Du hast mich ganz schön warten lassen."
„Jetzt bin ich ja da."
Kampfbereit griff sie nach ihrem Jo-Jo und wollte es gerade nach der Geige auswerfen, als Sinfonia lachend wieder begann zu spielen. Blitzartig drückte sie wieder die Hände auf ihre Ohren und mit einem Mal drehten sich die Menschen allesamt zu ihr herum und griffen sie an. Sofort sprang sie von der einen zu anderen Seite und versuchte ihnen auszuweichen. Doch oft gelang es ihr nicht und immer öfter bekam sie dadurch einen schmerzhaften Tritt oder Schlag ab. Als es immer brenzliger wurde, rannte sie kurzerhand, so schnell sie konnte, die Straße herunter.
Als sie sich sicher war, dass sie aus der Reichweite von Sinfonia war und das Geigenspiel nicht mehr hören konnte, schwang sie sich auf das nächste Dach. Wie sollte sie nur kämpfen, wenn sie sich die Ohren zu halten musste. Ratlos raufte sie sich die Haare. Das fing ja super an. Der erste Einsatz ohne Chat Noir und sie steckte schon in der Bredouille. Was machte sie jetzt nur? Wenn sie jetzt schon ihren Glücksbringer benutzte, blieben ihr nur fünf Minuten. Was war, wenn die nicht ausreichten? Aber es half nichts, so konnte sie nichts machen. Seufzend richtete sie sich also auf und warf ihr Jo-Jo in die Luft.
„Glücksbringer!"
Mit großen Augen fing sie eine kleine Box auf. Was sollte sie denn damit anfangen? Eilig öffnete sie die Schachtel und freudig ballte sie eine Hand zur Faust, als sie erkannte, was sich darin befand.
„Ja."
Flink zog sie ein paar Ohrenstöpsel heraus und steckte sie sich in die Ohren. Sie durfte keine Zeit verlieren. Sie musste den Akuma einfangen, bevor ihre Zeit abgelaufen war und sie sich zurückverwandeln würde. Auf der Stelle rannte sie los, sprang über die Dächer zurück und schwang sich zurück vor die Oper.
„Hey Sinfonia. Du hast ausgespielt."
Kampfbereit stemmte sie ihre Hände in die Hüften und dann ging alles ganz schnell.
Sinfonia spielte erneut auf ihrem Instrument und die Menschen griffen sie an. Doch dieses Mal rannte sie einfach mitten durch die Masse hindurch, schubste einige dabei zur Seite, holte mit ihrem Jo-Jo aus und schnappte sich damit die Geige. Schwungvoll warf sie sie auf den Boden. Sofort zersprang sie und ein kleiner schwarzer Schmetterling flog heraus. Mit der nächsten Handbewegung fing sie den Akuma ein und verabschiedete ihn mit ihrem üblichen Spruch. Erleichtert zog sie die Ohrenstöpsel aus ihren Ohren und warf sie in die Luft.
„Miraculous Ladybug."
Alles wurde wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückgesetzt und die Frau sackte auf ihre Knie.
„Was ist passiert?"
Lächelnd bückte sich Ladybug zu ihr herunter und half ihr beim Aufstehen.
„Sie wurden akumatisiert. Aber keine Sorge, alles ist wieder gut."
Piepend machte sich ihr Ohrring bemerkbar und entschuldigend legte sie ihre Hand an ihr Ohr.
„Ich muss los."
Ohne auf eine Antwort seitens der Frau zu warten, lief sie los. Sie musste schnell etwas finden, wo sie sich zurückverwandeln konnte. Bis nach Hause würde sie es nicht mehr schaffen. Suchend rannte sie die Straße entlang, als sie plötzlich jemand flüstern hörte.
„Psst. Hier."
Verwundert drehte sie sich herum und blickte direkt in Alyas grinsendes Gesicht, die ihr andeutete herzukommen.
„Na komm. Ich passe auf, dass niemand guckt."
Rasch eilte sie zu ihr und prompt schob ihre Freundin sie zwischen zwei parkende Autos. Dankend nickte sie ihr zu, blickte sich ein letztes Mal um und ging in die Hocke. Keine Sekunde zu früh, da ihr Ohrring ein letztes Mal piepte und sie wieder als Marinette auf der Straße hockte. Das ging gerade noch mal gut.
„Danke."
„Keine Ursache. Geht es dir gut?"
„Ja. Nichts passiert."
Verschwörerisch legte Alya ihren Arm über ihre Schulter und begann über beide Ohren zu grinsen. Sie kannte diesen Blick und begann auch zu lächeln.
„Was hast du vor?"
„Hier um die Ecke ist ein kleines Café. Was sagst du, wir trinken etwas und du erzählst mir, wie es gestern Abend bei Adrien war. Scheint ja spät geworden zu sein, wenn du bis in die Puppen schläfst und nichts mehr mitbekommst."
Schulterzuckend sah sie ihre Freundin an. Aber, warum eigentlich nicht. Ihre Eltern waren ohnehin in der Bäckerei und hatten mit Sicherheit nicht ein Mal mitbekommen, dass sie gegangen war. Außerdem konnte Tikki einen Keks vertragen und sie hatte ihre Tasche in der Hektik auf ihren Schreibtisch liegen lassen.
„Okay ... Aber du musst zahlen, ich hab nämlich nichts dabei."
Entschuldigend kratzte sie sich an ihrem Kopf und schon wurde sie von ihrer Freundin mitgezogen.
„Das ist das kleinste Problem. Schlimmer ist da eher, dass mein Akku mitten im Kampf schlappmachen musste. Nun konnte ich gar nicht das große Fermate filmen."
Theatralisch hielt sie ihr Smartphone in die Höhe.
„Das große Fermate?"
„Sagt man das nicht so?"
Nachdenklich tippte sich Alya gegen ihr Kinn und steckte danach ihr Handy zurück in die Hosentasche.
„Ich glaube, ich hätte in Musik besser aufpassen sollen."
„Ich glaube auch."
Kichernd sahen sie sich kurz an und machten sich dann auf den Weg zu dem kleinen Café.



Müde ließ sich Adrien bäuchlings auf das Bett in seinem Hotelzimmer fallen. Er hatte zwar versucht im Flugzeug zu schlafen, doch ständig textete ihn entweder Nathalie zu oder irgendetwas anderes war, dass er einfach nicht zum Schlafen kam. Aber vielleicht war es auch ganz gut so. Wenn er jetzt einfach gleich schlafen würde, würde er sich vielleicht schneller an die neue Uhrzeit gewöhnen. Und da er sowieso morgen früh aufstehen musste, da er hier zu seinem erstem Fotoshooting musste, war schlafen wohl die beste Idee.
Vorher wollte er Marinette allerdings noch schnell bescheid sagen, dass er gut angekommen war. Lächelnd drehte er sich auf seinen Rücken und richtete sich wieder auf. Was sie wohl gerade machte? Überlegend sah er auf die kleine Uhr, die auf dem Nachtschränkchen stand.
„20.44 Uhr", murmelte er vor sich hin und begann zu rechnen.
„Was willst du mir damit sagen? Zeit zum Essen?"
Genervt rollte er mit seinen Augen.
„Nein. Ich überlege gerade, wie spät es gerade in Paris ist. Ich wollte Marinette schnell bescheid sagen, dass ich gut angekommen bin ... Dort müsste es jetzt ... 14.44 Uhr sein."
„Na dann ruf deine holde Maid mal an. Sonst nervst du den ganzen Abend wieder damit herum."
Gähnend legte sich Plagg auf das große weiße Kissen. Kopfschüttelnd suchte Adrien die Nummer aus seinen Kontakten heraus und schielte zu seinem kleinen Freund. Wer von den beiden war hier denn bitte ständig am Herummaulen. Und das nur wegen Käse.
Schnell wählte er dann aber Marinettes Nummer und wartend, dass sie heranging, tippte er auf seinem Bein herum.
Verwundert legte er dann aber kurze Zeit später, als sich bloß ihre Mailbox meldete, wieder auf. Hatte sie es vielleicht nicht gehört? Oder war sie beschäftigt? Nachdenklich drehte er sein Smartphone in seinen Händen. Er sollte es einfach in ein paar Minuten noch ein Mal versuchen. Aber was machte er in der zwischen Zeit? Langsam sah er an sich herunter und rutschte dann vom Bett herunter.
„Ich geh kurz unter die Dusche", wandte er sich an seinen Kwami, doch der schien schon tief und fest zu schlafen. Ihm hatte die Reise wohl auch zu schaffen gemacht.Schmunzelnd lief er leise herüber in das anliegende Badezimmer und schloss die Tür.
Erfrischt verließ er kurze Zeit später, nur mit einem Handtuch um die Hüften gewickelt, wieder das Badezimmer. Die Dusche tat ihm wirklich gut und er fühlte sich, auch wenn er immer noch hundemüde war, gleich etwas besser.
Flink steuerte er seinen Koffer an, fischte sich ein paar neue Klamotten heraus und zog sich rasch an. Ein weiteres Gähnen entwich ihm und so griff er nach seinem Handy und sah herauf. Keine Nachrichten oder Anrufe. Anscheinend hatte sie es noch gar nicht bemerkt, dass er versucht hatte, sie zu erreichen. Stirnrunzelnd probierte er es erneut, doch wieder bekam er nur die Mailbox heran. Was machte sie nur?
Und dann kam ihm ein Gedanke. Es gab eigentlich nur einen Grund, warum sie mitten am Tag nicht auf ihr Handy sah. Angespannt suchte er den Zettel, den er mit einem Haufen anderer Papiere von Nathalie in die Hand gedrückt bekommen hatte, worauf das Passwort für das WLAN aufgeschrieben stand. Eigentlich wollte er sich erst morgen darum kümmern, aber das konnte jetzt nicht mehr warten.
Nach einer gefühlten Ewigkeit fand er endlich, unter einem Stapel Papieren, den er auf den Tisch gelegt hatte, den kleinen Zettel.
„Was machst du denn hier für einen Lärm? Wolltest du nicht schlafen?"
„Jetzt nicht. Ich muss etwas nachsehen", antwortete er bloß monoton und tippte das Passwort ein.
Sofort, als er das Signal empfing, öffnete er den Ladybug-Blog und entdeckte auch direkt Alyas letzten Videoeintrag. Leider sollte er mit seiner Vermutung recht behalten. Der Eintrag war von heute Vormittag. Wenn er die Zeit zurückrechnete, war das vor wenigen Stunden. Warum ging sie also jetzt nicht heran? Nervös öffnete er das Video und mit zusammengebissenen Zähnen musste er mit ansehen, wie sie von einer Horde Menschen angegriffen wurde. Warum hielt sie sich denn die Ohren zu und wehrte sich nicht richtig? Leider konnte man außer einem lauten Rauschen überhaupt nichts vom Ton verstehen. Erneut wurde sie von einem großen Mann getroffen und plötzlich brach das Video ab. Was war denn jetzt los? Mit weit aufgerissenen Augen starrte er auf das Display. Warum hörte das Video so abrupt auf? War ihr etwa irgendetwas passiert?
„Was ist denn los?"
Fragend setzte sich Plagg auf seine Schulter.
„Es gab einen neuen Angriff und ich kann Marinette nicht erreichen. Was ist, wenn ihr etwas passiert ist?"
„Ihr geht es bestimmt gut. Probier es doch einfach noch mal."
Nickend hielt er ein weiteres Mal sein Handy an sein Ohr, doch wieder nichts. Er bekam nur die Mailbox heran. Aufgeregt begann er auf und ab zu tigern. Was war, wenn ihr wirklich etwas passiert war?
„Ruf doch einfach ihre Freundin an."
Ja, natürlich. Warum war er nicht selbst darauf gekommen. Sofort wählte er Alyas Nummer und nervös wartete er darauf, dass sie heranging.

Ende gut, alles gut? [Miraculous]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt