Drei

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Snow packte ohne Wiederworte ihre Sachen zusammen. Ein paar Pullover und Unterwäsche, ihre zwei Bücher, ihre Ersparnisse von 150 Dollar und ihr Tagebuch. Aus dem Bad holte sie noch ihre Zahnbürste und einen Kamm. Mehr besaß sie nicht.

Sie hasste Lucinda wirklich, wollte sich einen Streit jedoch ersparen. Die minderjährige Adoptivtochter rausschmeißen war möglicherweise gegen das Gesetz, aber Snow hatte auch nicht vor, in einem Heim zu versauern.

Den Schlüssel für die Wohnung legte sie auf ihr Bett. Ohne einen Blick zurückzuwerfen verließ sie erhobenen Hauptes das Wohnhaus und trat auf die Straße.

Wohin jetzt?

Snow hatte überhaupt keinen Plan. Sie hatte auch keine Freunde oder Bekannte, bei denen sie hätte bleiben können. Von Verwandten ganz zu schweigen.

Also spazierte sie einfach die Straße entlang, in der Hoffnung, dass ihr währenddessen etwas einfallen würde. Nach einiger Zeit erreichte sie den Central Park. Pärchen, Mütter mit Kinderwägen und Straßenkünstler so weit das Auge reichte.

Einer fiel ihr besonders ins Auge. Ein junger Zauberer, höchstens achtzehn. Er vollführte gerade irgendeine Art Kartentrick. Snow stellte sich unauffällig unter die Staunenden.

Was allerdings nur sie zu bemerken schien, war, dass der Zauberer neben einer Karte aus der Westentasche eines Zuschauers, auch seine Geldtasche aus einer Hosentasche zog.

Sie war sich nicht ganz sicher, ob sie begeistert oder entsetzt sein sollte. Sie achtete kaum mehr auf den Rest des Tricks. Irgendwann applaudierten die Leute und strömten wieder in alle Richtungen auseinander.

Der junge Straßenkünstler grinste und zählte seine Beute. "Hey.", sagte Snow. Nur widerwillig löste der Junge vor ihr den Blick von dem Geld und sah sie an. Zwei graue Augen musterten sie neugierig.

"Ja?", fragte er beinahe gelangweilt. "Du hast dem Kerl da gerade was geklaut!" Er zuckte mit den Schultern. "Na und?" Snow klappte der Mund auf.

"Na und? Das ist Diebstahl!" Ein wissendes Grinsen stahl sich auf die Lippen des Typen vor ihr. "Du kommst nicht von der Straße, oder Schneewittchen?" "Schneewittchen?", fragte sie glucksend.

Sein Grinsen wurde breiter. "Kurze schwarze Haare, bleiche Haut... Ich würde sagen die Bezeichnung passt ganz gut." "Ich heißte Snow, nicht Schneewittchen. Warst' aber nahe dran." Er zog sein New-York-Yankee Capy vom Kopf und vollführte eine gespielte Verbeugung. "Ist mir eine Freude. Mein Name ist Logan, falls du mich bei den Cops verpfeifen willst. Die dürften mich eh schon kennen."

Er setzte sich das Capy wieder auf und wendete sich zum Gehen. "Vielleicht sieht man sich mal wieder, Schneewittchen.", rief er noch über die Schulter, eher er zwischen ein einer Touristengruppe verschwand.

Interessanter Kerl, schoss es Snow durch den Kopf.

Schneewittchen (Märchenadaption)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt