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Luna:
Meine Augen sind gläsern und meine Sichtweise wird mir durch meine Tränen eingeschränkt, aber der Schlag von Milo in Maxims Gesicht hat sich gerade gewaltig in mein inneres Auge eingebrannt.
Ich höre urplötzlich auf mit heulen, starre Milo mit offenen Mund an und frage, was er eigentlich hier tut und woher er kommt.
Maxim hält sich die Nase, Blut tropft. Sein Blick schwankt zwischen Schmerz und Wut.
Er holt aus und geht auf Milo los. Ein Schlag rechts und ein Schlag links.
Milo greift sich mit seinen Fingern an sein Lippenpiercing, um zu schauen, dass er noch da ist.
Seine Lippe ist geschwollen, aufgeplatzt und sieht furchtbar aus.
Er geht in Angriff.
Die beiden prügeln sich wie die Bekloppten. Ja und ich sitz auf dem kalten Boden, versuche meine Panik und alle Gedanken zu kontrollieren.
Und auf einmal schrei ich einfach so laut wie es geht.
Tief aus der Seele schreie ich.
Aus Angst, vor Panik, aus Hilflosigkeit.
Ich höre ein Polizeiwagen. Blaulicht. Zwei Männer steigen aus dem Wagen. Bewaffnet. Sie laufen, nein sie rennen auf das prügelnde Chaos zu.
Was wollen die? Helfen die mir?
Ich halte das nicht mehr aus.
»Maxim Sawyer. Sie kommen mit uns. Vorläufige Festnahmen wegen Drogenbesitzes und Drogenhandel an Minderjährige.«
Gott, ich halt das nicht aus.
»Und Sie junger Mann kommen auch mit uns. Schwere Körperverletzung, so wie es aussieht.«
Die Stimmen sind neutral und ernst.
»Wer ist das Mädchen?«
Die Stimmen werden leiser.
»Krankenwagen ist auf dem Weg.«
Deutlich leiser.
Und schon ist es schwarz und stumm. Alles.

*

Milo:
Was eine verdammte Scheiße!
Maxim ist das größte Arschloch, dem ich je begegnet bin..
Mich hat's ganz schön erwischt.
Geprellte Schulter und Rippen, aufgeplatzte Lippe und Augenbraue,  ein schönes blaues Auge und da wo mal mein Lippenpiercing war, ist jetzt ein großes schmerzhaftes Loch.
So ne Prügelei hatte ich lange nicht mehr.
Ich hoffe Luna verzeiht mir das alles, was ich ihrem Freund zugerichtet hab.
Apropos Luna. Ich trete von dem Spiegel weg, hinaus aus dem Notfallzimmer, in den Gang.
Die Ärzte meinten,  Luna läge in dem Notfallzimmer 4.
So schnell wie ich dieses gefunden habe, betrete ich es und laufe mit eiligen Schritten an ihr Bett.
Sie ist an verschiedene Kabel und Schläuche gehangen.
Leider hat sie ihre Augen noch zu, sie schläft noch und erholt sich.
Ich schaue auf sie hinab. Sie ist so wunderschön, ihre Haare passen perfekt zu ihrem Gesicht, es ist so rein weiß und glatt.
Glatt? Milo Alter, was laberst du?
Ehe ich mich versehe, was ich hier grad tue, ziehe ich meine Hand schnell von ihrer Wange weg.
Ich nehme dafür ihre Hand, diese ist genauso weich und zierlich.

Vielleicht ist es ja eine gute Idee mit der schlafenden Luna zu reden.
»Also nun ja Luna«, ich räusper mich, »Ich werde jetzt ein paar Selbstgespräche führen, vielleicht hörst du mir ja zu....Wenn nicht ist auch nicht so schlimm.«
Ich mache eine kurze Pause eher ich anfange zu reden.
»Sag Luna, soll ich lieber flüstern? Oder tust mich dann nicht mehr hören? Also singen werd ich auf keinen Fall für dich, damit das klar ist.«

Nochmal eine kurze Denkerpause.

»Gut...ähm wie fang ich an? Ich fange an, wie unglaublich bezaubernd zu aussiehst, wenn du lachst, selbst wenn du schläfst. Mir kommt es überhaupt nicht vor, als hätte ich dich gestern das erste Mal gesehen. Gestern. Weißt du noch, als du mich heimlich beobachtet hattest?
Wie du urplötzlich angefangen hattest mit weinen?
Als du mir eine erste Mail geschickt hattest?
Wer zur Hölle hätte erahnen können, dass heute, der zweite Schultag, so endet?
Wer bitte hätte denn auch erahnen können, dass ich nach 24 Stunden so fasziniert von dir bin? Boar Luna, ich komme mir hier so blöd vor, weißt du das?«
Ich schaue von ihr auf. Der Monitor mit ihren Herzschlägen und Atmung zeigt sehr komische Werte an. Der Herzschlag geht doppelt so schnell, genauso wie ihre Atmung. Was ist hier los?
»Ähm Luna...also ich bin ja kein Arzt ja, aber dein Herz das hyperventiliert. Was hat das zu bedeuten?«
Da sie noch schläft erwarte ich keine Antwort von ihr. Doch plötzlich ertönt ihre Stimme.
»Es liegt an dir, Milo.«

Ich starre sie an und ihre Augen öffnen sich ganz langsam.
»Aber..aber.. Luna, ich dachte zu schläfst! Sag nicht, du hast mir die ganze Zeit bei meinen Selbstgesprächen zugehört?«

Sie lacht. Oh mein Gott, sie lacht. Wie schön.
»Ich hab dir zugehört, seitdem zu mich gefragt hattest, ob du flüstern solltest.«
Sie lacht wieder und ich starre sie einfach nur fassungslos an.

»Mach doch nicht so ein Gesicht, Milo. Ich fande alles was du gesagt hast, ganz ganz toll.«

Sprachlos wie ich so eben geworden bin, beobachte ich sie einfach nur.
Mühevoll versucht sie sich aufzurichten und darauf zu achten, dass sie nirgends irgendwelche Kabel und Schläuche zieht.
Jetzt sind wir auf Augenhöhe.
»Luna...-«
Ich rede nicht weiter, da sie mit ihr Hand an meine Wange geht und mit ihren Fingern an Wunden von Augenbrauen, Wange bis zu den Lippen sanft berührt.
An meiner Lippe bleibt sie mit ihren Fingern steht und schaut mir tief in die Augen.
»Milo...was habt ihr Furchbares nur getan..«
Ich weiß nicht weshalb, aber bevor sich noch mehr in meiner Hose richtet, nehm ich ihr Kinn und wie der Wille es möchte, berühren meine Lippen ihre.
Es fühlt sich schmerzhaft und wunderschön zu gleich an.
Scheiße tut das weh.
Ich unterbreche den Kuss, da meine Lippen wie die Hölle brennen, aber ich kann nicht genug von ihr bekommen und lege meine Lippen wieder so sanft und vorsichtig auf ihre.

»Was machst du nur mit mir, Luna?«

»Nein Milo, was machst du mit mir?«
Kurzes Schweigen.
»Weshalb bist du nicht auf deinem Gymnasium, mein Lieber?«

»Nun ja, du hattest mich heute früh so hilfebedürftig angeschaut und ehe ich es selbst fassen konnte, bin ich euch hinterher gelaufen. Ich wollte dich vor diesem Psycho beschützen Luna.«

»Was ist eigentlich passiert? Das letzte woran ich mich erinnern kann, ist, dass auf einmal Bullen kamen und euch mitnehmen wollten.«

»Ja da hast du Recht. Maxim ist in irgendwelche Drogengeschäfte verwickelt und wird wahrscheinlich jetzt für 6 Monate in den Knast. Mich haben sie mir nur eine "Gruppe für aggressive Leute, die ihre Gewalt nicht unter Kontrolle bringen können" aufgesetzt. Diese tolle Gruppe darf ich dreimal besuchen gehen. Hab denen halt erzählt dass alles Notwehr war,  um dich zu beschützen. Mir egal, Hauptsache ich muss nicht in den Knast.«

Luna nickt mir  mitleidig zu, sie hebt ihren Arm und weißt auf den Schlauch in ihrem Arm hin. In ihrem Gesicht bildet sich ein Fragezeichen und deutet mir, dass sie nicht weiß, wofür der Schlauch geeignet ist.

»Und zwar ist das so ein Ernährungsschlauch, an den eine Infusion angeschlossen ist. Das brauchst du, weil du ohnmächtig geworden bist und unterversorgt warst. Außerdem klebt da an deinem Finger so ein Kabel und das ist dafür da, um dein Sauerstoffgehalt zu messen.«
Ich zeige ihr auf dem Monitor eine braune Linie die in einem guten Bereich liegt.
»Und was sind das für runde Dinger mit Kabeln?« Sie zieht leicht ihr Nachthemd hoch und zeigt mir alle 4 Elektroden.
»Das ist Elektroden, diese messen deine Herzfrequenz und Puls. Das siehst du ganz oben auf dem Monitor.«
Luna schaut neugierig auf den Bildschirm, der immer wieder Ausschläge anzeigt.
Ich nehme ihre Hand und lege diese mit meiner auf ihre linke obere Brustkorbseite, da wo ich ihr Herz vermute.
Scheiße, die hat ja gar keinen BH an...

»Ähm also...wenn du jetzt ganz genau fühlst, müsstest du deine Herzschläge bemerken und jedes mal wenn es pumpt, siehst du dies an dem Bildschirm, dass da wie so ein großer Berg entsteht.«

»So ganz dumm war ich in Biologie nicht«, witzelt sie.

Und so verharren wir. Meine und ihre Hand auf ihrem Brustkorb und unsere Blicke treffen sich.

»Luna?!«

Scheiße eh, warum ist der Kerl nicht hinter Gittern?!?!?

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Bild : Luna Highfield

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