Kapitel 8

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"Warte mal kurz", unterbrach er Amelies Redeschwall, als er Anne entdeckte, die mit wehenden Schritten in Richtung Auffahrt verschwand.

"Jo, Anne! Fährst du schon?", rief er ihr hinterher. Anne drehte sich widerwillig um, lächelte aber, als sie erkannte, dass Sam sie gerufen hatte.

"Ja, wird Zeit. Willst du mit?"

"Bin unterwegs", rief er bestätigend zurück. "Sorry, ich muss los, sonst muss ich noch im Gartenhaus übernachten", wandte er sich wieder an Amelie, die etwas geknickt wirkte.

"Schade, lass uns doch noch Nummern tauschen", schlug sie hastig vor und kramte das Handy aus ihrer Tasche.

"Klar", antwortete Sam und gab ihr im Austausch sein eigenes Handy.

Anschließend verabschiedete er sich hastig von Amelie und lief eilig zu Anne herüber, die bereits ungeduldig auf ihn wartete.

"Hey Sam!", rief Basti ihm hinterher. Sam bedeutete Anne schon mal vorzugehen und ließ seinen Kumpel zu ihm Aufschließen. "Morgen Studio?", fragte Basti mit leuchtenden Augen. Sam stöhnte. Diese verdammten Fitnessfanatiker. "Komm, ich spendier dir auch einen Kaffee anschließend." Gegen eine so geniale Argumentation konnte auch Sam nichts mehr sagen.

"Geht klar. Aber ich bestehe auf Frühstück," stimmte er zu.

"Danke, Bruder. Um 10 bei mir?"

"Klingt gut. Und räum deinen Saustall auf!"

"Ein Genie beherrscht das Chaos", zwinkerte Basti.

"Sam, kommst du?", rief Anne ungeduldig aus dem Auto herüber.

"Sekunde!", antwortete Sam und verabschiedete sich dann schnell von Basti, der anschließend zu den Feiernden zurückkehrte.

Anne trommelte ungeduldig auf das Lenkrad, als Sam sich schließlich auf den Beifahrersitz fallen ließ.

"Wie kommt Ray eigentlich nach Hause?", fragte er interessiert, immerhin entführte Anne gerade das Auto ihres Bruders.

"Der ist so dicht, der pennt bei Johnny oder Maik. Er ist alt genug das selbst zu regeln", wetterte sie los. Sam schwieg, gab ihr aber insgeheim recht. Nach einigen Augenblicken der Stille seufzte Anne. "Sorry, aber manchmal weiß ich nicht, ob ich mit meinem Bruder oder einem bockigen Kleinkind rede. Er merkt nicht, was er für eine Scheiße baut, er hört mir nicht mal mehr zu, wenn ich versuche mit ihm zu reden.. Ohne Johnny hätte er wahrscheinlich mittlerweile auch die Schule geschmissen", klagte Anne.

"Idiot", antwortete Sam.

"Wem sagst du das?", lächelte Anne schwach. "Der muss mit einer seiner Aktionen mal richtig auf die Fresse fliegen. Leider hat er mehr Glück, als Verstand und lässt sich nicht erwischen. Der ist ja nicht ganz dumm der Kerl."

Das stimmte. Rays schlechte Noten waren nicht in Dummheit, sondern schlicht in Faulheit begründet. Warum unnötig anstrengen, wenn man das Abitur auch mit fünf statt zwölf Punkten bestehen konnte. "Ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss", hatte Ray einmal gesagt, als Sam mal wieder unfreiwillig Zeuge eines Streits von ihm und Johnny geworden war. Eine Einstellung, mit der wohl niemand in seiner Umgebung leben konnte. 

"Wie auch immer. Wo warst du eigentlich? Bist beim Trinkspiel so plötzlich verschwunden", wechselte Anne unvermittelt das Thema und erwischte Sam unvorbereitet.

"Uhm...", gab er wenig intelligent von sich und überlegte fieberhaft nach einem Grund, der weder den Streit mit Wolf, noch das Trinkspiel beinhaltete. "Ich.. Ich musste einfach ein bisschen raus. Die Luft war ziemlich scheiße in dem Gartenhaus", antwortete er schließlich. Die wohl dämlichste Ausrede überhaupt, aber Anne schluckte sie ohne zu blinzeln.

"Ist sie das nicht immer?", seufzte Anne. "Scheinst dich ja auch ohne uns ganz gut amüsiert zu haben." Sie warf ihm einen schelmischen Blick von der Seite zu.

"Uhh?" Sam stand auf dem Schlauch. 

"Die Kleine, mit der du da am rumflirten warst? Also wirklich, dein Gedächtnis möchte ich haben, Samed!", rief sie anklagend und Sam erntete zudem einen schmerzhaften Schlag gegen den Oberarm.

"Ich hab nicht mit ihr...."

"Nicht mit ihr geflirtet?", unterbrach ihn Anne. "Das arme Ding, jetzt macht sie sich vermutlich Hoffnungen."

"Anne, ehrlich, wir haben uns nur unterhalten", beteuerte Sam, der gar nicht genau wusste, warum er sich überhaupt verteidigte. Das Gespräch mit Amelie hatte Spaß gemacht, sie hatten gelacht. Nicht mehr und nicht weniger. Allerdings dämmerte ihm langsam, dass Anne vielleicht doch nicht so ganz unrecht haben könnte. Das würde auch erklären, warum sie ihm bei ihrem Aufbruch noch so überhastet ihre Nummer gegeben hatte... Sam stöhnte bei der Erkenntnis und lehnte den Kopf entnervt gegen das Fenster.

Anne warf ihm einen mitleidigen Blick zu und murmelte etwas über die 'Jugend von heute' obwohl sie kaum drei Jahre älter war, als Sam. Bevor sie jedoch tatsächlich etwas sagen konnte meldete sich die Freisprechanlage des Autos mit einem Anruf. "Penner" stand in Großbuchstaben auf dem Display.
"Das ging schnell. Hätte nicht gedacht, dass er so schnell merkt, dass das Auto weg ist", stellte Anne unbesorgt fest und nahm den Anruf an.

"Hallo Bruderherz, amüsierst du dich schön?"

"Anne, wo ist mein Auto?", wollte Ray anklagend wissen. Im Hintergrund vernahm man deutlich die Musik und irgendwer brüllte in unmittelbarer Nähe herum. Sam vermutete Johnny.

"Dorfstraße, etwa 3 km vor Wolfsheide", antwortete Anne gelassen und Sam musste ein Lachen unterdrücken.

"Miststück, was fällt dir ein mein Auto zu klauen?!", wetterte Ray. "Ich zeig dich an!"

"Ray, es ist kein Diebstahl, wenn man einen Schlüssel hat", erklärte Anne seelenruhig. "Du bist betrunken, du hättest ohnehin nicht mehr fahren dürfen."

"Du hast MEIN FUCKING Auto geklaut, Anne! Wie soll ich jetzt bitte nach Hause kommen?!"

"Hör auf rumzuheulen. Penn halt bei Maik oder Johnny", gab Anne zurück, nicht mehr ganz so entspannt, wie vorher.

"Ich bring dich um, wen ich dich in die Finger bekomme, ich schwöre: ich bring dich um", grollte Ray.

"Träum weiter, Herzchen", erwiderte Anne

"Fick dich."

"Artikulier dich gefälligst so eloquent, wie es sich für einen Abiturienten gehört, du Xanthippe", schoss Anne zurück.

"Steck dir dein beschissenes Abitur sonst wohin! Habt ihr Arschgeigen eigentlich nichts besseres zu tun, als mir auf die Eier zu gehen", randalierte Ray weiter. Im Hintergrund vernahm Sam ein gedämpftes 'Fick dich, du herzloser Bastard', was eindeutig von Johnny kam. Nur zu gerne hätte er gewusst, was da gerade vor sich ging.

"Schlaf gut, Bruderherz und verkrach dich nicht mit deinem Lover, sonst musst du doch im Graben übernachten." Ray stieß ein paar weitere üble Verwünschungen aus, die jedoch abrupt abbrachen, als Anne kurzerhand den Anruf beendete.

Sam grinste in sich hinein. Anne war einfach eine coole Sau, die ihren Mund genauso wenig halten konnte, wie Ray selbst.

"Ich hoffe ja, dass Liv nie so mit mir redet", gab er nachdenklich von sich. Anne lachte schallend auf.

"Solange du nicht anfängst so viel scheiße zu bauen sehe ich dazu keinen Anlass. Du bist n guter Kerl, Sam, und Liv weiß das."

Sam's Handy vibrierte und zeigte eine neue Nachricht.

Jetzt fehlst du hier :(

von Amelie. Sam seufzte. Anne hatte also recht gehabt. Diese schien erraten zu haben, wer ihm da geschrieben hatte, anders konnte Sam sich ihr zufriedenes Lächeln nicht erklären, mit dem sie ihn die letzten Kilometer nach Hause kutschierte. 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 02, 2018 ⏰

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