Acht.

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„Oh sorry, ich dachte Palle wäre hier."
Ich sah auf, als die fremde Stimme meine innere Verwesung unterbrach.

Im Türrahmen stand ein dunkelblonder Junge mit roten Flecken auf der Haut, den ich bisher kein einziges Mal gesehen hatte.

„Ich bin Tim, aber die meisten nennen mich Herr Bergmann oder Bergi, weil - ach egal."
Sein komischer Spitzname kam mir bekannt vor, aber ich konnte ihn mit nichts verbinden.

„Rewi",murmelte ich vermutlich kaum verständlich.
„Ich weiß."
Tim saß mittlerweile auf Patricks Bett und spielte nervös an seinem Pullover Ärmel, was mich dazu brachte mit demselben aufzuhören.
„Es tut mir echt leid mit Felix."
„Wart ihr Freunde?",fragte ich.
„Ja, aber ich wurde vor fast einem Jahr entlassen und, wie du siehst, bin ich wieder hier, habe ihn aber nicht nochmal gesehen." Sein Blick wanderte zum Boden. „Felix war ein guter Freund."
Ich nickte stumm.

Ein Freund, der mir so oft das Leben gerettet hatte.
Ein Freund, den ich nicht retten konnte.

„Palle hat mir übrigens von dir erzählt und ich kann mir tatsächlich einwenig vorstellen wie es dir geht."
Ich blickte ihn an, wie ich jeden ansah wenn er sagte dass er wusste wie es mir geht.
Ein Blick, der nichts aussagt und gleichzeitig nein schreit.

„Mein Freund -" Tim unterbrach um Luft zu holen. „Bevor ich zum ersten Mal hier eingewiesen wurde, hatte ich einen Freund, Dario, wir waren beide Drogenabhängig, aber er wurde nicht eingewiesen. Wir konnten den Kontakt nicht halten und als ich rauskam habe ich nach fast einer Woche erfahren dass er gestorben ist."
Er hielt seine Geschichte so kurz wie möglich.
„Tut mir leid",sagte ich stumpf.
Er zuckte mit den Schultern.
„Woran -",wollte ich beginnen, doch er unterbrach mich.
„Drogen. Dumm nicht wahr? Wäre er eingewiesen worden wäre er noch am Leben. Als ich das erfahren habe, habe ich wieder komplett mit allem angefangen; Crystal, Speed, Ecstasy."
Er zeigte auf sein Gesicht. „Man siehts glaube ich."
Ich gab darauf keine Antwort, sah ihn nur weiter an.

„Wie hast du es geschafft weiter zu leben?",fragte ich.
„Irgendwie hätte ich gerne die Kraft gehabt mich umzubringen, aber letztlich hätte dass nur meine Eltern und meine Freunde umgebracht und Dario hätte ich auch nicht wiederbekommen."

Ich wusste was er meinte, ich glaubte nicht daran Felix irgendwann im Himmel oder sonst irgendwo wiederzusehen.
Er war verloren, aber ich war es nunmal ohne ihn.
Ich wollte einfach nicht leben ohne ihn.
„Schmerzen sind so anstrengend",murmelte ich durch meine fast geschlossenen Lippen.
„Ja und ich will dir gar nicht sagen dass diese Schmerzen irgendwann aufhören, du wirst dich höchstens an sie gewöhnen."
„Ich vermisse Felix wie sonst was, dabei war ich nie mit ihm zusammen, nichtmal annähernd."
„Aber du hast ihn wie sonst was geliebt und du liebst ihn immer noch."
Es war keine neue Information für mich, ich wusste wie sehr ich Felix liebte, aber jemand anderen es sagen zu hören war etwas neues.
„Was glaubst du würde Felix sagen wenn du dich umbringen würdest?",Tims Tonlage war nun leichter, nicht mehr so traurig.

Was glaubst du würde Felix sagen wenn du dich umbringen würdest?

Tatsächlich fielen mir tausend Sachen ein, die ich ihn schon so oft sagen hörte.
Ich wusste noch wie er da stand, wie seine dünnen Arme verschränkt waren und dieses Felix-typische Lächeln auf seinen Lippen war.

„Du Hurensohn."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 13, 2018 ⏰

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