Kapitel 29 ❀ adieu éternel

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ALIÉNOR

Keuchend vergrub ich das Gesicht in meinen Händen. Nun war alles vorbei. Alles, was wir uns aufgebaut hatten, hatte ich zerstört. Meine Gefühle waren mit mir durchgebrannt; ich hatte Louis-Antoine geküsst, obwohl ich Rafael, der mir alles geben konnte, heiraten wollte.

Wenig später spürte ich zwei starke Arme, die mich in eine Umarmung zogen, ehe ich zaghaft begann, in Louis-Antoines Schulter zu weinen. „Wieso bin ich so? E-Er hat das alles doch nicht verdient..."

Die Überlegung, Rafael nachzurennen, hatte ich in den letzten Sekunden verworfen. Mir war bewusst, dass ich nun die letzte Person war, die er sehen wollte.

Kurz schluckte ich, bevor Louis-Antoine das Wort ergriff. Seine Stimme war unglaublich behutsam und ruhig: „Wenn dann bin ich derjenige, der die Schuld trägt. Ich habe mich in Eure Beziehung gedrängt, mich trifft-"

„Bitte hört auf, stets Euch mit einzuziehen. Ich habe Euch geküsst, ich habe zugesagt, dass Ihr mir näher kommt", unterbrach ich ihn schniefend. „Das Problem ist nur, d-dass ich...-" Ich brach ab und drehte beschämt den Kopf zur Seite.

„Dass Ihr...?"
Meine Lippen verließ ein hoffnungsloser Seufzer und ich schloss daraufhin die Augen, um weitere Tränen meine Wangen hinunterrollen zu lassen.

„Ihr könnt nichts dafür, dass Ihr mich anzieht. Ich mag Euch sehr gern... a-aber Rafael auch... das ist mein Problem..."

Es tat gut, endlich diese Worte laut ausgesprochen gehört zu haben. Da er jedoch nichts erwiderte, fügte ich noch schnell etwas hinzu: „Ihr sagtet mir, dass Ihr mich nicht länger wollen würdet. Seit den letzten Minuten weiß ich nicht mehr genau, was ich glauben soll... falls Ihr mich aber wirklich die ganze Zeit gemocht habt... kann ich voll und ganz nachvollziehen, dass Ihr über diese Nachricht erzürnt seid... Rafael sieht dies schließlich genauso..."

Meine Mundwinkel zuckten kurz, während meine Augen nach wie vor an ihm klebten. „Aber es geht schon viel zu lange Zeit so... es ist so k-krank."

„Es ist nicht krank", warf Louis-Antoine nun ein und umschloss meine Hand erneut mit seinen. „Ihr seid bloß etwas verwirrt. Dies ist nichts schlimmes... Möglicherweise solltet Ihr versuchen, auf Euer Herz zu hören."

Langsam begann ich zu nicken und legte meine Augenlider nieder, um seine Worte auf mich einwirken zu lassen. „Etwas Zeit für mich wäre wahrscheinlich jetzt ganz gut", überlegte ich schließlich laut und schaute entschuldigend zu ihm hoch. Mir war nicht ganz klar, ob er eine direkte Antwort von mir verlangte.

Jedoch stimmte er mir zu, indem er mit einem ernsten Ausdruck im Gesicht nickte. Der Anflug eines Lächeln huschte über meine Lippen, dann verließ ich das Gemach.


~*~

Das Festmahl zum Abend hin sollte sich als Qual herausstellen. Rafael war nicht länger zum Essen erschienen. Bis auf meine Mutter und meine jüngere Schwester hatte dies aber auch niemanden wirklich interessiert. Ich zerbrach mir den Kopf darüber, was ich tun sollte, und blickte immer wieder zu Louis-Antoine.

Mir war schlecht. Die schlechten Gewissensbisse hatten überhand von meinem Kopf genommen. Rafaels abwertenden Blick, als er den Kaiser und mich zusammen sah, tauchte zudem immer wieder vor meinem geistigen Auge auf.

Zwar hielt sich Rafael noch im Palast auf, und ging seinen Aufgaben nach, doch hatte er alle meine Versuche, mit ihm zu reden, gekonnt ignoriert und mich mit einem „Ach, lass mich doch in Ruhe" abgewimmelt.
Auch wenn ich seine Reaktion voll und ganz nachvollziehen konnte, tat es weh.

Hingegen ließ das Geständnis meines Cousins mein Herz ungewohnt stark schlagen. Seine Ernsthaftigkeit und Intelligenz zogen mich an, und ich konnte kaum glauben, dass er in meiner Gegenwart fürsorglich wurde.

PRINCESS OF TULIPS  ᵗᵉⁱˡ ᶻʷᵉⁱWo Geschichten leben. Entdecke jetzt