Kapitel 26 ❀ mon soldat ivre

984 92 37
                                    


MARIE BRIENNE

Kaum hatte Aliénor die Tür hinter sich geschlossen - selbstverständlich ohne Alexandre erneut hineinzubitten, da jener eine andere Tür als Ausgang verwendet hatte - erhob ich mich erneut und schlug meine Federdecke zurück. Obwohl ich ausschließlich Strümpfe am Körper trug, ging ich in meinem Schlafgemach umher, um den Nebenraum zu betreten.

Bereits darauf vorbereitet, Alexandre dort warten zu sehen, öffnete ich die Tür zu dem dunklen Raum, der nur durch einen kleinen Kronleuchter erleuchtet wurde. Aber mein Geliebter war nirgends zu sehen. Er schien gegangen zu sein... ohne, dass ich ihm dies erlaubt hatte. Das konnte er doch nicht einfach so tun!

Mit zusammengepressten Lippen trat ich in das spärlich beleuchtete Zimmer, strich mir mit den Fingern fröstelnd über die Oberarme. In Alexandres Armen hatte ich die Kälte um mich herum gar nicht wahrgenommen, nun jedoch traf es mich wie ein Schlag.
Meine schlechte Vorahnung befestigte sich, als ich ein Zettelchen auf dem Tisch in der Mitte des Salons bemerkte. Mit zitternden Händen griff ich danach und faltete es auseinander.


Verzeiht mir, wenn ich Euch und Eure Schwester
einfach so belauschte. Doch nach den gehörten
Worten Eurerseits habe ich beschlossen, nicht
mehr länger an Eurer Seite zu bleiben.
Ich kann es nicht mehr so weiterführen.
Ich liebte, ich vergötterte Euch. Jetzt erscheint
es mir wie ein weit-entfernter Traum, dass
wir miteinander verbunden waren.
Nicht länger will ich mich selbst anlügen,
und mir vorgaukeln, Ihr würdet noch die alte Marie Brienne sein.
Gebt auf Euch Acht,
handelt nicht unüberlegt und
findet vielleicht jemand anderen,
der Euch auf Händen trägt.
Jedoch kann ich dieser Aufgabe nicht mehr
länger nachgehen.
Adieu,

𝕬𝕱


Langsam ließ ich das Schreiben sinken.


~*~

ALIÉNOR

Den Blick auf die bemalte Decke meines Gästezimmers gerichtet, lag ich auf Rafaels und meinem Himmelbett. Nach dem Gespräch mit Brienne und meinem kurzen Ausflug auf den Balkon, war ich hierhin zurückgekehrt, um hoffentlich etwas Schlaf zu finden. Nach einigen Sekunden war mir jedoch klar geworden, dass dies einer Schnapsidee gleichkam.

Die Worte meiner Schwester hallten in meinem Kopf wieder, und ich zerbrach mir diesen darüber, was richtig war und was falsch.

Verzweifelt aufgrund Marie Briennes so stark veränderten Charakters konnte ich nach wie vor nicht ganz glauben, was sie getan hatte. Ich liebte sie so sehr - sie war meine Schwester... und wir hatten uns trotz kleiner Unstimmigkeiten - die jedoch normal waren - stets problemlos verstanden. Jetzt gehörte all' dies nur zu ihrem Plan, den sie kaltblütig durchführte, um an Reichtum und Macht zu kommen.

Alles, was ich in diesem Moment wollte, war meine alte Schwester, meine alte grande sœur, meine alte Brienne zurückzuhaben. Gleichzeitig wusste ich langsam aber sicher, dass ich diese wahrscheinlich nie wieder treffen würde.

Aber war ich denn besser? Selbst wenn ich nicht meine Schwester am liebsten im Kerker sehen würde und einen Mann nur aus Geldgründen und aufgrund seines Rufes heiratete, hatte ich mit Louis-Antoine und mit Rafael geschlafen und unternahm immer noch Zeit mit den beiden, als sei nichts geschehen.

PRINCESS OF TULIPS  ᵗᵉⁱˡ ᶻʷᵉⁱWo Geschichten leben. Entdecke jetzt