Kapitel 6 - Doppelte Tränen

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Dort stand ihre Mutter. Zögernd stand Cathy auf. Die so lange unterdrückten Tränen brodelten wieder in ihr auf und dieses Mal bahnten sie sich den Weg über ihr Gesicht. Ihre Mutter breitete die Arme aus und ohne zu warten stürmte Cathy in die geöffneten Arme. Schluchzend drückte sie ihre Wange gegen die Brust ihrer Mutter, die ihr sofort beruhigend über den Kopf strich. Sie fühlte sich anfrüher erinnert.

Es tut so weh", jammerte das kleine Mädchen, dass auf dem großen Himmelbett saß. Ihr roten Haare waren zu zwei Zöpfen geflochten. Neben ihr saß die Mutter des Mädchens, die mit einem feuchten Tuch vorsichtig den Schnitt am Arm des Mädchens abtupfte. „Warum macht er das nur?", schluchzte Klein-Cathy. „Er will, dass du besser wirst. Besser als alle anderen." „Aber warum? Ich will das gar nicht. Die anderen müssen doch auch nicht.", quengelte sie. Traurig seufzend nahm die Frau ihre malträtierte Tochter in den Arm und strich ihr beruhigend über den Kopf.

Da merkte Cathy plötzlich, wie etwas auf ihre Schulter tropfte. Langsam hob sie den Kopf und sah, wie die stummen Tränen über das Gesicht ihrer Mutter strömten. „Es tut mir leid", sagte Cathy stockend, „ich konnte sie nicht retten." „Nein mein Kind, es ist meine Schuld. Ich hab sie hinter dir her geschickt." Überrascht schaute Cathy ihre Mutter an. „Sie war so rastlos nach deinem Verschwinden. Außerdem fehlte dein Schutz. William hatte zu viel mit sich selbst zu tun. Also schickte ich sie los, unter dem Vorwand, dass sie dich suchen und zurückholen soll."

Und obwohl Cathy ärgerlich darüber war, weil ihre Schwester niemals getötet worden wär, wäre sie hier geblieben, so war sie ihrer Mutter doch dankbar, dass sie sie weg von den Fängen ihres Vaters geschickt hatte. Und William.... Moment, was hatte ihre Mutter über William gesagt? „Was ist mit Will?" „Ach nichts schlimmes, er hat sich verlobt." Trotz der Trauer musste Cathy lächeln. „Ach ja?" „Sie ist eine Seherin. Florence heißt sie. Und sie ist ein Schatz, dein Bruder hat echt Glück mit ihr. Übermorgen wird sie mit uns zu Mittag essen, dann kannst du sie kennenlernen."

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