Es vergingen mehrere Tage, an denen Xherdan nicht zum Training erschien. Keiner wusste, wo er war und wieso er nicht mehr kam. Nur Mario und ich wussten den Grund, weil wir beide der Grund dafür waren. Ich wünschte, ich könnte wirklich alles wieder rückgängig machen.
An einem Dienstag erschien er auch nicht. Der Trainer machte sich schon Sorgen um ihn und er holte mich vom Platz. „Paula, weiß du, warum Xherdan nicht mehr kommt? Du hast dich doch so gut mit ihm verstanden.“ Ich atmete kurz ein und aus. „Wir reden nicht mehr miteinander, weil er das mit Mario und mir mitbekommen hat.“ „Was mitbekommen?“ „Er hat den Kuss zwischen Mario und mir gesehen und hat dann gemeint, dass er mich nicht mehr sehen will.“ „Das wusste ich nicht.“ Er legte eine Hand auf meine Schulter. „Wenn irgendwas sein sollte, dann kannst du immer mit mir reden.“ „Danke, Trainer.“ Ich schaute ihm in die Augen. „Darf ich gleich was loswerden? Aber sage Mario davon nichts, bitte.“ „Ja klar, erzähl.“ Ich musste versuchen, nicht zu weinen. Ich bin ja glücklich mit Mario, aber ich bin glücklicher, wenn ich meinen besten Freund wieder hätte. „Ich will Xherdan zurück. Es tut mir echt Leid, dass das alles passieren musste, ich will es schon die ganze Zeit rückgängig machen, aber es geht nicht. Ich habe schon versucht, mich bei ihm zu entschuldigen, aber er lässt nicht mit sich reden.“ „Paula, lass ihm Zeit damit, irgendwann wird er es schon akzeptieren können.“ „Irgendwann, irgendwann...in 100 Jahren oder wie?“ „Nein, ich denke schon bald wird es wieder so sein wie früher.“ „Und wenn nicht? Ich will nicht so lange warten, das schaffe ich einfach nicht. Ich bin mit den Nerven so am Ende.“ „Xherdan bedeutet dir echt viel, oder?“ „Mehr als das. Ich will meinen besten Freund zurück. Wieso macht er das, es war nur ein Kuss.“ „Soll ich dir sagen, was ich glaube?“ „Ja?“ „Ich glaube, Xherdan hat sich in dich...naja wie soll ich sagen? Verliebt.“ „Wie verliebt?“ „Er hat nach dem ersten Training, als du kamst, nur über dich geredet und gemeint, was für ein tolles Mädchen du bist. Aber sobald Mario kam, war das alles vorbei.“ „Okay.“ „Aber so, wie du über Xherdan redest, glaube ich, dass du ihn liebst.“ „Ich und ihn lieben? Ich mag ihn als besten Freund, mehr nicht. Ich liebe Mario.“ „Wirklich?“ Der Trainer lachte und schielte mich an. „Ja, wirklich.“ sagte ich.
Und schon kam Mario dazu. „Was ist los, Süße?“ „Es ist alles in Ordnung, Mario. Deine Freundin hat mir nur das Herz ausgeschüttet.“ „Über was?“ „Dass sie dich liebt und das die Sache mit Xherdan sie ganz schön emotional mitnimmt.“ Er schaute mich an. „Ich liebe dich auch.“ Es kam zum langen, leidenschaftlichen Kuss. Doch dann sagte auf einmal jemand: „Schaut mal, da ist Xherdan.“ Mario und ich lösten uns voneinander und schauten nach oben. Tatsächlich. Da war er. Er kam direkt auf mich zu. Doch er schaute mich nicht mehr mit einer Miene an. Er ging an mir vorbei, als ich wäre ich Luft für ihn. Besser gesagt ich bin Luft für ihn. Ich drehte mich zu ihm um und wir schauten uns kurz in die Augen. Tränen stiegen hinauf. Wir beide drehten unsere Köpfe wieder um. Ich konnte mir das nicht mehr länger anschauen und rannte in die Kabine. Die anderen waren einfach nur perplex. „Mario, geh mal zu deiner Freundin, sie braucht dich jetzt. Jetzt hast du gesehen, wie sie die Sache einfach nur fertig macht. Sie kann sich kaum auf das Training konzentrieren.“ „Ja Trainer, ich geh zu ihr.“ Er rannte Paula in die Kabine hinterher. Er sah, wie sie auf dem Boden saß und einfach nur weinte. Genauso ging es Xherdan nach dem ersten Training damals. Er setzte sich zu mir. „Schatz, alles wird gut. Glaub mir. Irgendwann wird es es akzeptieren können.“ Ich stand auf und schrie ihn an. „Fängt du auch noch damit an? Soll ich 100 Jahre warten, bis er mir verzeiht?“ „Beruhige dich, Paula.“ „Ich will mich nicht beruhigen. Ich kann nicht mehr, Mario, ich bin emotional am Ende. Ich will Xherdan als besten Freund zurück. Kannst du nicht was machen? Ich komme gar nicht mehr an ihn ran, das hast du jetzt live miterlebt.“ „Okay, Schatz, ich mache das. Fahr erst mal nach Hause, ich sage dem Trainer Bescheid. Leg dich hin, mache dir einen Tee und ich komme dann später bei dir vorbei.“ „Danke. Wenn ich dich nicht hätte. Ich liebe dich.“ „Ich dich auch.“ Ich packte meine Sachen, küsste Mario und ging aus der Kabine. Als ich rauskam, war er immer noch da. Ich ging einfach an ihm vorbei, bevor ich nochmal weinen musste. Ich ging durch das Eingangstor und stieg in mein Auto.
Mario kam kurze Zeit später aus der Kabine und sagte dem Trainer, dass ich nach Hause gefahren bin, was er auch verstehen konnte. Danach fing er Xherdan ab und ging mit ihm in den nahegelegenen Park und setzten sich auf die erstbeste Bank. „So jetzt reden wir mal unter Männern.“ „Geht es wieder um Paula? Verschone mich damit, bitte.“ „Ja es geht um Paula. Ihr geht es von Tag zu Tag immer schlechter.“ „Schön. Und was habe ich damit zu tun? Ich gehe wieder, das wird mir echt zu blöd.“ Mario stand auf und packte Xherdan am Arm. „Du bist der Grund dafür, dass es ihr total mies geht. Es tut ihr alles Leid, was du mit ansehen musstest, aber für ihre Gefühle kann sie nichts. Verstehe das bitte.“ Er zögerte kurz. „Echt jetzt?“ „Ja, echt. Sie will dich als besten Freund zurück. Das würde ihr echt alles bedeuten.“ „Mal schauen, okay? Ich muss das Ganze noch verarbeiten und es kann noch dauern, sage ihr das bitte.“ „Ja okay.“
Als Mario bei mir war, kuschelten wir auf der Couch. „Schatz?“ „Ja?“ „Hast du mit Xherdan geredet?“ „Ja habe ich.“ „Und?“ „Er wollte dem Gespräch erst ausweichen, aber dann habe ich ihm das klargemacht, dass es dir wegen ihm mies geht.“ „Und was hat er gesagt?“ „Er war total überrascht und ich soll dir von ihm sagen, dass er noch Zeit braucht, um das Ganze zu verarbeiten. Und er hofft, dass du das verstehen kannst.“ Ich schaute aus dem Fenster raus und atmete tief ein und aus. Ich musste immer noch an die Zeit zurückdenken. An den Kuss, an die SMS, die Xherdan damals geschickt hatte, die unsere Freundschaft komplett zerstörte. Wie ein Spiegel, auf den man schlägt, damit alles zerbricht und dir die Haut so aufschneidet, damit das ganze Blut den Weg nach draußen findet. So schmerzhaft war für mich der Verlust meines besten Freundes. Noch nie hat mir ein Mensch mehr bedeutet als Xherdan. Ich wollte meinen besten Freund zurück.
Xherdan lag auf den Bett und wälzte sich hin und her. Sein Bruder kam hinein. „Sag mal Xherdan, was ist los mit dir?“ „Es ist alles okay.“ „Du willst mir echt nicht weismachen, dass bei dir alles in Ordnung ist?“ lachte er. „Ist es wegen Paula?“ Er setzte sich aufs Bett und Xherdan richtete sich auf. Er nickte nur. „Es gibt doch so viele andere Mädchen auf der Welt, die mit dir etwas anfangen wollen.“ „Ich weiß, aber ich kann an kein anderes Mädchen mehr denken als nur an sie. Egal wo ich auch bin, ich sehe sie immer vor mir. Aber immer mit Mario und das bricht mir von neuem das Herz. Ich brauche diesen Abstand einfach.“ „Ja, aber das Training schwänzt du das nächste Mal nicht mehr, haben wir uns da verstanden?“ „Ja okay.“
In den nächsten Tagen und Wochen ging Xherdan wieder ins Training. Ich freute mich, dass er wieder da war, aber wir haben leider immer noch kein Wort miteinander gesprochen. In einigen Tagen würde ich das erste Spiel nach der Winterpause bestreiten können.
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Träume mit Gefühlschaos inklusive
FanfictionPaula ist eine richtig gute Fußballspielerin. Sie hat einen Traum: Als erste Frau in der Männerbundesliga auflaufen zu dürfen. Da kommt ihr der FC Bayern genau richtig. Sie kennt schon zwei Spieler von der Mannschaft: Mario und Xherdan. Doch es gibt...