Kapitel 10

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Dem restlichen Tag verbrachte wie in Trance.
Entweder waren meine Tage gefüllt mit Wechselbäder der Gefühlen, in dem einen Augenblick noch drei Meter über dem Himmel, im nächsten Augenblick zu Boden zerstört, und am nächsten Tag lachte ich über die Stimmungswechsel am Tag zuvor. Oder ich verbrachte meine Tage ganz ohne jegliche Emotionen.
Ich las nichts, außer für die Schule. Ich hörte keine Musik, und ich sprach nur das nötigste. Ich lächelte durchgehend, ohne dass das Lächeln meine Augen oder mein Herz erreichen würde.

"Lissa, Liebling, was ist heute mit dir los?", fragte mich meine Mutter währen des Abendessens zum gefühlt zehnten Mal.
"Ich habe doch schon gesagt, dass nichts los ist." Ich zwang mich zu einem Lächeln. Trank einen großen Schluck und ließ mir Zeit zu schlucken.
"Du isst kaum etwas. Schmeckt es dir denn nicht?"
Ich verdrehte kaum merklich meine Augen. Mum schien gerade zu einer Ermahnung ansetzten zu wollen, dass es unhöflich war, die Auen zu rollen, schien sich jedoch in letzter Sekunde anders zu besinnen. Stattdessen lächelte sie mich nur aufmunternd an.
"Es schmeckt wunderbar. Ich bin nur...genervt von der Schule!" Ich sah ihr direkt in die Augen. Versuchte so aufrichtig wie möglich zu wirken. Jeder sagte immer, ich sei eine grauenhafte Lügnerin. Doch die Ausrede mit der Schule, glaubte doch jeder.

"Ich will nicht ins Gymnasium, wenn Schule dann auch so nervig ist, wie bei Lissa", teilte uns meine kleine Schwester mit und nickte eifrig.
"Ich dache du willst unbedingt auf die Schule gehen, die auch deine große Schwester besucht", erkundigte sich mein Vater. Ein kleines Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Es wusste, wie sehr es meine kleine Schwester liebte mich nachzuahmen. Dieselben Lieblingsfilme, die auch ich in ihrem Alter hatte. Dieselben Spielsachen und natürlich auch dasselbe Wunschgymnasium.
Anstatt wie normalerweise aufzulachen, und meiner kleinen Schwester zu versichern, dass die Unterstufe nur halb so schlimm war, schwieg ich heute Abend nur. Doch zum Glück plapperten meine Eltern und die kleine Hannah auch das restliche Essen hindurch, weshalb es sie nicht sonderlich störte, dass ich kaum den Mund aufmachte.

Nachdem ich meinen Teller in die Küche gestellt hatte, kam meine Mutter auf mich zu. Ich wollte gerade abwehrend irgendeine Entschuldigung stammeln, und mich auf mein Zimmer zurückziehen, als sie mir wortlos eine Tafel Schokolade zusteckte. "Eine kleine Dosis puren Glückshormonem..."
Ein kleines Lächeln umspielte meine Lippen. Ich aß regelmäßig Massen an Schokolade. Doch meine Mutter war für gewöhnlich der Meinung, dass Schokolade zu ungesund wäre, und für besondere Anlässe sei. Daher bedeutete dieses Geschenk von ihr mehr als nur eine kleine Aufmunterung.
"Danke!" Ich schlag meine Arme um sie und schloss die Augen. Mütter konnten einem binnen Sekunden das Gefühl geben, wieder ein kleines Kind zu sein, und alle Probleme während mit einem kleines Kuss auf die Stirn oder einer Tafel Schokolade gelöst.
Zu schade, dass dieses Gefühl nie länger als die Umarmung anhielt.

In meinem Zimmer legte ich mich auf mein Bett, aß die Schokolade und schloss meine Augen. Ich ließ alle Gedanken einfach nur auf mich einstürmen. Ängste, Nervosität, Unzufriedenheit.... Alle stürmten gleichzeitig auf mich ein. Am liebsten hätte ich mir die Ohren zu gehalten, und mich wie ein kleines Kind weinend in den Schlaf gewiegt. Solange, bis meine Familie zu mir kommen würde, und mich in den Arm nehmen würde. Dann würden sie mir versichern, dass alles wieder gut werden würde, und ich würde es glauben.
Zu schade, dass ich kein kleines Kind mehr war.

Ich ließ meine Gedanken überschlagen. Zu gerne hätte ich sie aufgeschrieben. Alle Worte aus mir herausfließen lassen, anstatt sie immer nur einzusperren. Und dann...die hässlichen Gedanken. Die Angst es nicht in Worte zu fassen. Gefühle konnte man nicht aufschreiben. Man konnte sie nicht in Worte fassen. Ich wusste noch nicht einmal, wie ich sie beschreiben sollte. Es war ein Gefühl, für das es keine Worte gab.
Und wenn ich es nicht gut schreiben konnte, schrieb ich lieber gar nicht. Lieber nichts kritisches schreiben, als es falsch darzustellen. Zuckersüße Fan-Fictions, wo die Storyline schon vorgegeben und die Charaktere schon geschaffen waren, und ich sie nur 'ausborgte' um meine Interpretation aufzuschreiben, das war in Ordnung. Persönliche Erfahrungen, oder Gefühle aufschreiben? Auf gar keinen Fall!
Also ich es auf dem Block von Elias versucht hatte, war es endgültig schief gegangen. Nie wieder.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 07, 2018 ⏰

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