2. Tödliche Klingen Teil II

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Yia hatte das schon zu oft getan, als das sie es hätte zählen können. Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann es ihr Vater ihr beigebracht hatte, doch die Fähigkeit Türen zu knacken, half ihr nun zu Überleben. Sie war eine der Besten und wurde deswegen stets geschickt um geheime Information zu stehlen. Nicht nur beinahe lautlos in das Haus zu gelangen war ihr Talent, auch hinterließ Yia keine Spuren. Niemand bemerkte, dass jemand unerlaubt in seinem Haus war. Dazu kam, sie war ein unscheinbares Mädchen, wer würde ein Einbruch von ihr erwarten? Yia war froh für jemanden zu arbeiten, sonst hätte sie, wie viele Andere aus den Slums, schon längst die Hoffnung verloren.

Yia drückte vorsichtig gegen die, nun unverschlossene, Tür und trat ein. Der Mond erhellte den engen Flur vor ihr. Das Licht bahnte sich durch die Finsternis. Yia setzte einen Schritt in das Haus, die Ohren gespitzt. Die neben ihr, nicht gerade stabil aussehende, Treppe aus Holz, ignorierte sie geflissentlich. Sicher befanden sich dort die Schlafgemächer des Hausherren und da war mit Sicherheit nicht das, was sie suchte. Mit einem kaum hörbaren Klicken, das die Stille dennoch durchbrach, drückte Yia die Tür wieder vorsichtig in den Rahmen. Nun war die Dunkelheit wieder Herr ihres Reviers und verteidigte sie mit allen Mitteln. Doch gegen Yia konnte sie nicht ankommen, denn die schob eine Hand in eine der Taschen ihrer Jacke und zauberte einen Kerzenstummel und Streichhölzer hervor. Sekunden später erhellte eine kleine Flamme den Raum und tauchte ihn in ein flackerndes Licht. Es formte viele kleine Schatten, die Fangen spielten. Mit einem zufriednen Lächeln auf den Lippen, erkundete Yia das Zimmer am Ende des Flurs. Darauf bedacht keine Spuren zu hinterlassen, durchwühlte sie alles, was nicht Niet und Nagelfest war. Vor allem den Schubladen aus billigem, jedoch stabilen Holz, schenkte sie große Aufmerksamkeit.

Die Bürger der Stadt, die mit Buchstaben umzugehen wussten, versteckten ihre Schriftstücke und Kostbarkeiten gerne dort, wo man sie vor den gierigen Fingern der Stadt gut schützen konnte. In verschließbaren Schubfächern. Meist war dies auch eines der sichersten Verstecke. Doch da hatten sie nicht mit Yia gerechnet, für die Schlösser nicht, wie für viele Andere, ein Hindernis darstellten, sondern ein persönliche Einladung war.

Doch sie war niemand, der Massen von kleinen, aber teuren Gegenständen mit sich gehen ließ. Viel zu groß war die Gefahr, das die Besitzer von dem Diebstahl Wind kriegten. Seit dem Vorfall vor Jahren, hütete sie sich davor. Ihre Bande würde Yia nicht schützten, wenn sie wegen etwas anderem zum Tode, als ihrem Auftrag verurteilt werden würde. Es würde nur alle in Gefahr bringen und das verstand sie. Yia bekam gerade genug Geld, um sich über Wasser zu halten und das reichte ihr. Ihr Leben war ihr wichtiger als Luxus.

Die Aufträge bestanden immer darin Informationen ausfindig zu machen. Informationen waren Wissen und Wissen war Macht. Ein Fluch und ein Segen zugleich.

Mit Wissen konnte man seinen Willen durchsetzten. Erpressung. Mit nur ein paar Worten konnte man Menschen auffliegen lassen. Man konnte sie bis in den Abgrund treiben, sie töten.

Mit Wissen war man angreifbar, verletzlich. Wissen war eine Qual.

Schließlich, nach einer Weile, wurde Yia endlich fündig und das gesuchte Schriftstück verschwand ungesehen in ihrer Jacke. Sie versicherte sich noch, keine verdächtigen Spuren hinterlassen zu haben, dann löschte sie die Flamme und trat in die dunkle Nacht hinaus. Der Mond hob lange Schatten aus der Dunkelheit empor. Schreckte Ratten in ihren Verstecken auf. Leise knarzten die Häuser aus Holz im Wind. Leichter Moder drängte sich hartnäckig in ihre Nase, vermischt mit dem Geruch von Verfaultem.

Gerade, als die Tür hinter ihr zufiel, spürte sie plötzlich das Kalte einer Klinge. Seitlich ihres Halses, perfekt platziert, um sie mit einem bedacht gesetzten Schnitt töten zu können.

Das vergessene LandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt