Kapitel 2

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Kaum war ich ins Haus getreten, kam mir meine Mutter entgegen und umarmte mich. ,,Wie war der erste Schultag?", fragte sie mit vor Neugier glänzender Augen. ,,War echt gut", antwortete ich und stellte meinen Rucksack ab, um dann in die Küche zu laufen. Ich nahm mir einen Apfel und setzte mich an den Tisch. Meine Mutter setzte sich zu mir, zog die Augenbrauen hoch und sagte:,, Erzähl' bloß nicht zu viel". Augenrollend lachte ich kurz, dann fing ich an zu erzählen ,,Die Schule ist riesig, aber eigentlich auch ganz schön. Der Schulhof ist viel...naja...grüner als in New York. Ein Mädchen, Miranda, hat mich heute Morgen zum Sekretariat gebracht und in den Pausen war sie auch bei mir. Sie ist echt total nett". Kurz dachte ich darüber nach, ihr von der Begegnung mit Dean zu erzählen, aber das ließ ich lieber erstmal sein. Mit Jake genau das Gleiche. Seitdem das mit Jason passiert war, war sie vorsichtig geworden, genau so wie ich. Allein der Gedanke ließ mich erschaudern. Da hilft nur eins: den Kopf frei bekommen. ,,Das klingt ja stark nach einer neuen Freundin", sagte meine Mutter mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht. Ich nickte und antwortete:,, Das glaube ich auch. Du, Mama? Ich habe gehört, dass hier eine Eishalle ganz in der Nähe gibt. Ich gehe dann gleich mal eine Runde Schlittschuhlaufen, okay?". Mama lachte, dann sagte sie:,, Ja ist ok". Grinsend stand ich auf und lief nach oben in mein Zimmer. Sie kannte mich einfach, dass Schlittschuhlaufen war meine Leidenschaft. In New York war ich ganz oft mit Freunden in der Eishalle. Der Gedanke verpasste mir einen Stich, ich vermisste sie wirklich sehr. In meinem Zimmer angekommen bahnte ich mir meinen Weg durch die Umzugskartons, die ich unbedingt ausräumen musste. An meinem Koffer angekommen kramte ich meine Schlittschuhe heraus, packte sie in meinen Rucksack, zog mir einen Pullover über und lief los.

Die Halle zu finden war echt einfach, ich musste nur die Straße herunterlaufen und fünf Minuten später war ich da. Es war schon 18 Uhr durch, das Training müsste also vorbei sein. Ich bezahlte in der Empfangshalle und trat in einen Raum, wo ich die Schuhe tauschen konnte und die Sachen in einen Spind tun konnte. Ich nahm Spind 294, so wie in New York immer. Auf dem Eis fuhren einige Leute, die Meisten waren vielleicht im Alter zwischen 30 und 40 Jahren. Ich betrat das Eis und fuhr los. Die ersten paar Runden fuhr ich mich erstmal warm und genoss das Kratzen des Eises unter den Kufen. Als nächstes fuhr ich etwas schneller und schob mich durch die Menschen durch. Schließlich drehte ich mich um und fuhr rückwärts. Plötzlich kam jemand von der Seite angeschossen und ich legte eine Vollbremsung hin! Das Eis schoss nach oben und direkt auf die Brust von Dean. Er grinste mich an, klopfte das Eis von seinem Pulli und sagte:,, Der hat gesessen". ,,Ich dachte du hast nur bis 18 Uhr Training", sagte ich und versuchte zu ignorieren, dass er mir so nah war. Dean schmunzelte und sagte :,, Stimmt auch. Und ich dachte, ich fahr mal ein paar Runden mit dir. So wie ich es beobachtet habe, bist du echt gut". Mein Herz blieb für einen Moment stehen und Jasons Stimme hallte in meinem Kopf wieder, ganz leise ,,Ich habe dich beobachtet". Dean ist nicht Jason! Mir lief es eiskalt den Rücken herunter und ich schauderte. Jason ist in New York, alles ist gut. Das redete ich mir in Gedanken immer wieder ein, aber es beruhigte mich einfach nicht. Plötzlich spürte ich Deans Hand an meinem Arm, was mich zusammenzucken ließ. Ich legte meinen Kopf etwas in den Nacken und schaute ihn an. Besorgt zog er die Stirn kraus und sagte:,, Eigentlich sollte das ein Kompliment sein...Also, dass du gut fahren kannst". Eine Gänsehaut breitete sich auf meinen Armen aus und die Wärme seiner Hand spürte ich noch durch den Ärmel des Pullovers. ,,Ehm...ja, ich meine nein. Also...Lass uns einfach fahren", sagte ich und dann fuhr ich auch schon los. Dabei konnte ich nicht ignorieren, dass die Stelle, an der er mich berührt hatte, kribbelte. Für meine Verhältnisse fuhr ich schnell, Dean fuhr mittlerweile neben mir und sah total entspannt aus...und sexy... Stopp! Das habe ich gerade nicht wirklich gedacht! ,,Du spielst Eishockey, oder?", fragte ich. Er grinste, sprang hoch, drehte sich um und fuhr nun rückwärts vor mir ,,Ja", antwortete er. Seine Fahrkünste sind der Hammer! Bei dieser Geschwindigkeit könnte ich mich nicht einfach umdrehen und rückwärts fahren, aber ich spiele auch kein Eishockey. Ich wurde etwas langsamer, dann drehte auch ich mich um und fuhr rückwärts. Ich konzentrierte mich und versuchte etwas schneller zu fahren, als Dean plötzlich auftauchte und fragte:,, Willst du dich festhalten?", dann hielt er mir seine Hände hin. ,,Nein danke", antwortete ich etwas patzig und versuchte noch schneller zu werden. Der Versuch scheiterte jedoch kläglich, als ich stolperte und er mich schließlich auffing. Fest an seine Brust gepresst lag ich in seinem Arm und spürte seine Wärme. Das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit breitete sich in mir aus und als ich hoch schaute, guckte ich direkt in seine strahlend grünen Augen. ,,Du scheinst mich ja gar nicht mehr loslassen zu wollen", hauchte Dean mit einem leichten Schmunzeln im Gesicht. Schnell rappelte ich mich wieder auf, schluckte und erwiderte darauf: ,,Sowas nennt man auch Schockstarre". Er zog eine Augenbraue hoch und schaute mich mit dem Du-weißt-das-das-nicht-so-ist-Blick an. Und er hatte recht. Ich stand nicht unter Schock, ich habe mich einfach so geborgen gefühlt in seinen Armen und war damit beschäftigt, das Grün seiner Augen genauer zu betrachten. Eigentlich habe ich alles um uns herum vergessen, aber das sollte nicht so sein. Ich will nicht nochmal so verletzt werden und ich will mich nie wieder so ausgeliefert und gefangen fühlen.

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