Kapitel 3

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Die Schule war anstrengend. Roy hatte wieder angefangen mich zu beleidigen. Immer wieder musste ich mir anhören, dass ich eine dumme Lesbe wäre. Und immer wieder traf es mich.
Und dann war Blue heute nicht da. Sie ist die einzige gewesen, die mich verteidigt hat und jetzt ist sie nicht da.
„Noch fünf Minuten. Dann verschwinden wir von hier."
Ich nickte, versuchte nicht zu zeigen wie verletzt ich war.
Immer wieder sah ich auf die Uhr.
Noch vier Minuten.
Ich packte meine Sachen langsam ein und schloss meine Tasche.
Noch zwei Minuten.
Ich sah immer nervöser auf die Uhr und versuchte auch Roy im Blickfeld zu haben. Falls er etwas vorhat musste ich es wissen.
Noch eine Minute.
Auch Rebecca hatte jetzt zusammen gepackt. Sie nahm kurz meine Hand und drückte sie zur Aufmunterung. Bei der Berührung bin ich zusammen gezuckt, habe mich aber sofort entspannt. Es war angenehm. Ihre Hand in meiner...
Es klingelte und sofort verschwanden Rebecca und ich aus der Klasse.
Doch anders als gedacht, wurde ich im Flur mit voller Wucht an einen Spind geschlagen und fiel auf den Boden.
„Wolltest du etwa verschwinden, Lesbe?"
Ich wurde auf meine Beine gezogen.
„Lass sie in Ruhe."
Rebecca sagte es so kalt wie sie ihm davor schon hat abblitzen lassen.
„Sonst was? Willst du mich melden?"
„Nein."
Ich sah wie sie ihn packte und gegen die Wand drückte.
„Glaub mir ich werde weitaus Schlimmeres tun."
Er sah sie belustigt an und holte zu einem Schlag aus, aber sie wich ihm aus und schlug ihm mit einer Kraft in den Magen, die ich überhaupt nicht von ihr erwartet habe. Roy krümmt sich vor Schmerz.
„Ich habe dich gewarnt Roy. Wenn du sie noch einmal anfasst, dann passiert weitaus Schlimmeres."
Sie gab mir mit einem Blick zu verstehen, dass wir jetzt gehen sollten.
Wir liefen schweigend zum Ausgang, aber nach einer Weile nahm ich ihre Hand und drückte sie dankend.
Sie sah mich bloß von der Seite besorgt an.
Als wir vor ihrem Motorrad standen hielt sie mich fest.
„Alles okay? Bist du verletzt?"
„Nein geht schon."
Erst jetzt fiel mir der Schmerz in meiner rechten Rippe auf und ich verzog mein Gesicht.
„Sicher?"
„Ja, es ist nichts."
Sie sah mich skeptisch an aber setzt sich ihren Helm auf. Ich folgte ihrem Beispiel und zog den Helm an. Sie setzte sich auf das Motorrad und ich setze mich hinter sie. Bei jeder Bewegung zog ein stechender Schmerz durch meine Rippe. Als ich schließlich auf dem Motorrad saß stöhnte ich vor Schmerz auf.
„Ist wirklich alles in Ordnung?"
„Es-Es geht schon."
Ich schlinge meine Arme um ihren schlanken Körper und lehnte mich an sie. Der Schmerz in meinen Rippen wurde immer stärker und ich hielt mich auch immer fester an Rebecca fest. Als wir zu Hause ankamen half sie mir vom Motorrad und nahm mir den Helm ab. Ich hielt mich gekrümmt, eine Hand auf meinen Rippen und mit der anderen stützte ich mich am Motorrad ab.
„Kommst du alleine weiter?"
Ich schüttelte bloß meinen Kopf und versuchte meine Tränen zurückzuhalten. Sie legte ihren Arm um meine Taille und ich legte meinen auf ihre Schulter. Nach ein paar Treppenstufen konnte ich nicht mehr. Sie legte ganz plötzlich eine Hand unter meine Knie und hob mich hoch.
„Ich bin doch viel zu schwer!"
Sie lachte.
„Ich packe dich schon. Keine Sorge."
Ich legte auch meinen anderen Arm um sie und genoß es von ihr getragen zu werden. Als wir vor meiner Haustür ankamen ließ sie mich die Tür öffnen und trug mich dann ins Wohnzimmer. Sie setzte mich ganz sanft auf der Couch ab.
„Zeig mal was der Idiot da angerichtet hat."
Ich nickte und begann meine Bluse aufzuknöpfen. Sofort sah ich den großen Bluterguss auf meiner rechten Seite.
„Habt ihr einen Erste Hilfe Koffer oder irgendetwas Ähnliches?"
„Unter der Couch."
Sie holte den Koffer hervor und begutachtete seinen Inhalt. Ohne etwas heraus zu nehmen kam sie näher und wollte den Bluterguss gerade berühren, aber sah mich fragend an.
„Darf ich?"
Ich nickte und spürte im nächsten Moment ihre Hand auf meinen Rippen. Ich zog scharf die Luft ein als ich die Schmerzen spürte. Sie tastete ein wenig nach meinen Rippen, wobei sie mir schreckliche Schmerzen zufügte.
„Die Rippe ist definitiv geprellt. Vielleicht sogar gebrochen."
Sie nahm sich Salbe und Verband aus dem Koffer.
„In beiden Fällen kann man außer einer Art Stützverband nichts tun. Ich trage dir jetzt Salbe auf, die deine Rippe ein wenig kühlt und die Schwellung mindert."
Ich nickte, verwundert darüber, dass sie so viel wusste. Ich spürte ihre Hand erneut auf meinen Rippen, doch dieses Mal waren ihre Berührungen sanft und sie verteilte die Salbe in regelmäßigen Kreisbewegungen. Nach etwa einer Minute nahm sie sich Verbandszeug und verband mir den Bauch.
„Wo ist euer Bad?"
„Im Flur, erste Tür rechts."
Sie ging ins Bad und ich stand auf um mich umzuziehen. Im Flur begegnete ich ihr dann. Sie trat gerade aus dem Badezimmer.
„Du solltest dich besser ausruhen. Brauchst du etwas?"
„Ich wollte mir etwas anderes anziehen."
Sie nickte trug mich dann zurück auf die Couch.
„Wo ist dein Zimmer?"
„Die erste Tür links."
Und schon wieder verschwand sie. In der Zeit, in der sie weg war, dachte ich nach. Wieso half sie mir so? Wieso hatte sie mich getragen? Wieso?
„Hier. Deine Schwester hat mir gesagt die Sachen trägst du gerne."
Sie hielt mir meine schwarze Jogginghose und meinen dunkelblauen Lieblingspullover hin. Der Pulli gehört ja eigentlich Jason, aber er musste sich schon vor langer Zeit damit abfinden, dass er ihn nie wieder haben wird. Ich nahm mir die Sachen.
„Danke."
Während ich mich umzog, suchte sie mir eine Decke. Sie überreichte mir diese auch.
„Leg dich hin. Du musst deine Rippen schonen."
Ich nickte und legte mich hin. Sie dreht sich um um zu gehen, doch ich hielt sie auf.
„Kannst du noch ein wenig bleiben?"
Sie überlegte nicht lange und nickte. Ich ließ sie sich hinsetzen und legte meinen Kopf in ihren Schoß.
„Danke."
„Wofür?"
„Dass du mich beschützt hast, mich heute morgen und eben gefahren hast, mir einen Kaffee gekauft hast und dass du dich um mich kümmerst."
„Das machen Freunde doch so, oder?"
Ich zuckte mit den Achseln. Ich wusste doch selbst nicht wie das ist wenn man Freunde hat.
„Es ist nur, dass du meine erste Freundin bist."
„Dann hoffe ich mal, dass du es nicht bereuen wirst mit mir befreundet zu sein."
„Wieso sollte ich es denn bereuen?"
Sie strich mir eine Strähne aus dem Gesicht und kurz verweilte ihre Hand an meiner Wange.
„Es gibt so vieles, dass du nicht über mich weißt, Skye."
„Dann möchte ich dich kennenlernen. Bitte."
Dieses Mal überlegte sie es sich ganz genau. Ich sah es in ihren Augen. Wie sie sich veränderten. Sie strahlten plötzlich nicht mehr ganz so viel aus wie nur einen Moment zuvor.
„Du musst mich, Rebecca. Ich wiederhole nur was du heute morgen gesagt hast: Wenn du willst, dass aus der Freundschaft etwas wird, dann musst du mit mir reden."
„Ich werde mit dir reden, versprochen. Aber fürs erste muss sich das Vertrauen zwischen uns aufbauen."
Ich nickte und noch während ich in ihre Augen sah, merkte ich wie ich schläfrig wurde.
„Du solltest jetzt schlafen."
Erneut nickte ich.
„Bleibst du bei mir?"
Ich sah wie sie nachdachte ob das eine gute Idee war.
„Komm schon. Das baut Vertrauen auf."
Schließlich nickte sie und ich freute mich innerlich wie ein kleines Kind.
„Danke."
„Wofür denn? Du tust doch alles für mich. Ich habe gar nichts für dich getan."
Sie strich mir eine weitere Strähne aus dem Gesicht.
„Es ist einfach schön dich kennengelernt zu haben."
Ich lächelte leicht.
„Willst du dich vielleicht hinlegen?"
Ich sah sie mit einem flehenden Blick an.
„Gerne."
Ich ließ sie aufstehen und nachdem sie ihre Schuhe und Jacke ausgezogen hatte legte sie sich neben mich. Unbewusst kuschelte ich mich an sie heran.
„Schlaf jetzt."
Ich nickte und kuschelte mich noch etwas mehr an sie. Ich spürte jetzt schon wie meine Lider schwer wurden. Kurz bevor ich einschlief spürte ich ihren Arm um meine Taille und auch wie sie mich etwas näher an sich drückte.
„Schlaf gut Skye."

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