Kapitel 7

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Skye Monroe

Rebecca sah bedrückt aus, als sie zurückkam. Plötzlich kam mir die Idee sie eingeladen zu haben sehr blöd vor.
„Ist alles in Ordnung? Du bist so blass."
„Ja es ist nichts."
Sie brachte ihre Tasche in mein Zimmer und ich folgte ihr.
„Du kannst in meinem Bett schlafen. Ich schlaf in Blues Bett."
„Okay."
„Du brauchst dir echt keine Sorgen zu machen. Ich werde dir auf gar keinen Fall etwas antun."
Sie nickte und ging ins Bad um sich umzuziehen. In der Zeit zog ich mich auch um. Eine Shorts und ein T-Shirt sollten zum Schlafen reichen.
„Willst du noch einen Film schauen bevor wir schlafen gehen?"
Sie nickte. Irgendetwas stimmte nicht. Ich folgte ihr ins Wohnzimmer und wir setzten uns auf die Couch. Ich machte uns irgendeinen Film rein und kuschelte mich an sie.
„Was ist los?", fragte ich sie schließlich nach einem langen inneren Konflikt.
„Es ist nichts. Wirklich."
Ich sah ihr in die Augen und erkannte die Unsicherheit.
„Lüg mich bitte nicht an, Becca."
„Es ist wegen damals. Es gab einen..."
Sie suchte nach einem Wort.
„Nennen wir es Unfall. Ich habe seitdem Schlafstörungen und nehme Tabletten dagegen und gegen vieles anderes. Aber die sind jetzt leer und die von gestern haben schon längst die Wirkung verloren. Ich sollte besser gehen."
Jetzt machte ich mir wirklich Sorgen.
„Ich lasse dich jetzt sicher nicht alleine weg. Ich werde auf dich aufpassen, versprochen. Ich bleibe bei dir. Auch wenn ich dich dafür verflogen muss."
Sie sah mich verängstig aber dankbar an.
„Dann bleibe ich hier."
Ich nickte und kuschelte mich wieder an sie.
„Versuch aber bitte zu schlafen. Okay Becca?"
„Wenn du darauf bestehst."
Ich nickte und sie seufzte.
„Dann sollten wir jetzt schlafen gehen."
Ich stand auf und zog sie an ihren Händen hoch. Ich hielt ihre Hand fester in meiner und brachte sie in mein Zimmer.
„Ich habe dir gesagt, dass du mir nichts erzählen musst. Und ich meinte es ernst. Du kannst es mir erzählen wenn du willst, aber du musst nicht. Ich werde auch wie versprochen bei dir bleiben."
„Ich will aber auch nicht, dass du dich dazu verpflichtet fühlst, bei mir zu bleiben nachdem ich es dir erzählt habe."
„Werde ich nicht."
Sie legte sich in mein Bett und ich schaltete das Licht aus. Im Dunkeln lief ich in Blues Bett und legte mich hinein. Wir schwiegen beide. Ich wusste nicht was ich sagen sollte.
„Ich war zwölf als es passiert ist. Ich war damals in der sechsten Klasse und habe ab und zu komische Briefe bekommen. Es waren eine Art Drohungs- und Liebesbriefe. Ich habe sie damals nicht ernst genommen. Erst als ich damals angegriffen und entführt wurde habe ich die Gefahr wahrgenommen."
Ich nickte in die Dunkelheit.
„Du hättest nichts dagegen tun können, Becca."
„Das ist ja das Problem. Ich hätte so viel tun können. Ich hätte es meinen Eltern sagen können, ich hätte es meinem Bruder oder meinem besten Freund von damals sagen können. Aber stattdessen habe ich die Drohungen akzeptiert. Dabei wäre es doch eigentlich eine logische Schlussfolgerung gewesen, dass sie echt waren."
„Wieso eine logische Schlussfolgerung?"
„Weil Drohungen für Leute wie mich üblich sind und oft ernst gemeint sind."
„Leute wie dich?"
„Nicht heute."
„Okay. Gute Nacht, Becca. Schlaf bitte."
„Gute Nacht, Skye."
Ich drehte mich auf die Seite und versuchte sie in der Dunkelheit zu erkennen. Ich hatte zwar Schmerzen in meinen Rippen, aber ich musste einfach sicherstellen, dass sie schlief. Ich achtete auf ihre Atmung. Erst nach einer langen Zeit wurde diese lauter und regelmäßiger. Beruhigt konnte ich nun schlafen.

Mitten in der Nacht wurde ich durch Schreie wach. Sofort stand ich auf und schaltete die Nachttischlampe an. Ich ging schnell zu Rebecca rüber und sah sie zitternd, mit schmerzverzerrtem Gesicht und weinend im Bett liegen. Ich wollte sie wecken, wollte ihr helfen. Ich versuchte sie wach zu schütteln, doch sie schlug nur um sich und wehrte sich dagegen. Sie verpasste mir sogar einen Schlag in die angeknacksten Rippen und ich zog scharf die Luft ein. Ich nahm es ihr gar nicht übel, wusste ich doch, dass sie noch gar nicht wach war.
„Hey Becca. Ich bin's Skye. Du musst aufwachen. Das ist alles nur ein Traum."
Ich versuchte erneut sie wachzurütteln, wobei sie sich wieder wehrte, aber ich musste ihr einfach helfen. Sie schlug wild um sich als ich sie an der Schulter schüttelte, doch ich ließ mich davon nicht abbringen. Sie musste aufwachen. Erst nach mehreren gescheiterten Versuchen wachte sie auf. Ich nahm sie in meine Arme. Sie wehrte sich immer noch.
„Ich bin's Skye. Becca du hast bloß schlecht geträumt. Das war alles nur ein Traum..."
Ich merkte wie sie sich entspannte und sich langsam an mich schmiegte.
„Bitte bleib. Ich-Ich kann das nicht alleine."
„Natürlich."
Immer noch zitterte sie, aber sie hielt mich fest, als würde ihr Leben davon abhängen. Ich strich mit meinen Fingern über ihren Rücken, zeichnete Kreise, in der Hoffnung sie zu beruhigen. Und das tat sie auch. Sie beruhigte sich wieder. Ich legte uns hin.
„Es ist alles gut, Rebecca. Ich bin für dich da."
Sie nickte und drückte mich an sie. Sie vergrub ihren Kopf in meiner Halsbeuge und hielt mich an meiner Taille fest. Auch ich hielt sie, wollte sie gar nicht mehr loslassen.
„Schlaf bitte. Tu es für mich."
Sie nickte und entspannte sich deutlich mehr. Ich gab ihr einen Kuss auf die Stirn und versuchte abzuwarten bis sie eingeschlafen war. Was mir auch einigermaßen gelang. Ich blieb etwa eine halbe Stunde lang wach bis ich schließlich einschlief.

Ich liege auf etwas weichem, es kommt mir sehr bekannt vor... Die Erinnerung von gestern Nacht kamen zurück. Ich lag auf Rebecca. Ich sah zu ihr auf. Sie schlief anscheinend noch. Ich musste lächeln und war stolz auf mich. Sie hatte die Nacht durchgeschlafen. Ich genoß diese Position. Sehr sogar. Ich sah kurz auf meinen Wecker und war erstaunt als ich sah, dass es schon  halb elf war. Plötzlich regte sich etwas unter mir. Rebecca war dem Anschein nach wach.
„Guten Morgen."
„Morgen? Es ist Morgens?"
„Eher schon fast Mittag aber ja."
Sie sah mich aus großen grünen Augen an.
„Ich habe die Nacht durchgeschlafen?"
„Ja hast du."
Ich kuschelte mich näher an sie.
„Danke", hörte ich sie flüstern.
„Gerne, Becca."
Sie strich gedankenverloren Kreise auf meinem Rücken. Ich mochte es.
„Du kannst ruhig öfters bei mir schlafen. Solange es dir hilft jederzeit."
„Darauf werde ich zurückkommen."
„Gerne."
„Sie haben neun Stunden und 52 Minuten geschlafen, Miss. Darf ich fragen wie es dazu kam?"
Becca sah mich lächelnd an.
„Natürlich darfst du, Iris. Ich hatte Hilfe."
„Miss Monroe hat Ihnen geholfen Miss, nicht wahr? Das wäre laut meinen Berechnungen eine logische Schlussfolgerung."
„Ja das hat sie."
Ich sah auf ihre Lippen. Ich wollte es so unbedingt. Ich wollte sie küssen, in meinen Armen halten und mir ihr reden. Ich wollte sie.
„Wir sollten vielleicht frühstücken gehen."
Ich nickte und stand auf.
„Kommst du?"
Sie nickte und folgte meinem Beispiel indem sie aufstand. Im Flur musste ich mich erstmal an die Helligkeit gewöhnen. Es war ja schließlich fast Mittag. Bald würden sie wieder nach Hause kommen und dann wäre das alles mit Rebecca vorbei.
„Was hast du denn da im Gesicht?"
Sie legte ihre Hände jeweils auf eine Wange und ich sah wie sich ihr Gesichtsausdruck veränderte.
„War ich das?"
Sie fuhr mit ihrem Finger über meine Wange und ein Stechen durchzog diese Stelle. Sie hatte mich gestern ein paar Mal getroffen und sie hatte echt Kraft in den Armen, das müsste man ihr lassen. Ich nickte schließlich auf ihre Frage hin.
„Das tut mir so leid. Ich hätte gar nicht kommen sollen."
„Ach Quatsch. Du hast das gar nicht bewusst gemacht, außerdem war ich mir bewusst was ich tat, nachdem ich dich mehrfach wach machen wollte und Schläge kassiert habe. Aber ich habe es geschafft dich durch die Nacht zu bringen und das war es mir wehrt."
Noch einmal strich ihr Finger über meine Wange.
„Ich will nicht, dass das nochmal passiert."
„Ich doch auch nicht. Deswegen werde ich mich das nächste Mal direkt in deine Arme legen. So ersparen wir uns beide den schmerzhaften Weg."
Ich kuschelte mich an sie.
„Bitte hör auf dir Sorgen zu machen. Es ist nur ein blauer Fleck."
„Sicher?"
Ich nickte zaghaft.
„Wo habe ich dich noch geschlagen?"
Ich seufzte.
„Du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen."
Ich sah zu ihr hoch.
„Bitte."
Erneut seufzte ich und entfernte mich von ihr. Ich zog mein T-Shirt aus. Und zog scharf die Luft ein als ich dadurch meine Rippen ‚streckte'. Rebecca hatte gestern ja darauf geschlagen und es tat jetzt wieder so weh wie am ersten Tag. Ich sah an mir herab. Ich hatte mehrere Blutergüsse an den verschiedensten Stellen. Sie strich gedankenverloren über meinen verletzten Körper.
„Es tut mir ja so leid."
Ich zog sie zu mir.
„Es ist nicht deine Schuld, Becca. Ich wollte dir helfen und ich hätte weitaus schlimmeres ertragen um dir zu helfen."

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