06| Sechstes Kapitel

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„Wie hast du dich gerächt?"

„So, wie sie es verdient haben! Blutig!"

„Was?"

„Du hast mich schon richtig verstanden, Süße. Ich bin nicht hier, weil ich Blümchen gestohlen habe."

„Aber- Du wirkst total nett."

„Nett? Das ist ja wirklich niedlich von dir, Kleine, aber ich bin alles andere als nett."

Livie rückte nervös ihre Brille zurecht und räusperte sich. Sein Tonfall verunsicherte sie ungemein, doch niemals würde sie das zugeben.

„Ähm, okay. D-dann machen wir weiter. Wie lange bist du ungefähr hier und warst du in dieser Zeit jemals draußen?"

„Ich denke, vier oder fünf Monate dürften es bereits sein, aber genau kann ich es nicht sagen. Ich war seitdem nicht mehr draußen, nein."

„Ich stelle mir das schrecklich vor, immer in diesem Gebäude bleiben zu müssen, nicht in die frische Luft zu dürfen und die Sonne zu genießen."

„Es ist auch belastend. Ich dürfte sogar nach draußen, aber nur mit einem Wächter und einem Angehörigen. Damit wollen sie an meinen Familiensinn appellieren und dass ich deshalb nicht versuchen würde, abzuhauen. Würde ich auch nicht, aber leider habe ich keine Angehörigen, die das machen würden."

„Meinst du, es ginge auch, wenn ich mitkäme?"

Kurz hoben sich Calvins Mundwinkel erfreut.

„Wenn du ihnen einen triftigen Grund lieferst, sicher."

„Okay, wäre es- Oh, die Pfleger sind ja nicht mehr im Raum. Ich bin gleich wieder da."

Calvin lachte rau und fröhlich, als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel. Hoffentlich würde sie es schaffen, die Pfleger zu überreden.

„Es geht! Wir können gleich morgen raus, ich sage meinen Termin ab und wir machen das! Ich habe den Wächtern erzählt, dass ich dokumentieren möchte, wie du dich verhältst, wenn du das erste Mal seit langem wieder nach draußen kommst. Es stimmt ja sogar, das habe ich vor! Oh, Calvin! Das wird genial!"

 Es stimmt ja sogar, das habe ich vor! Oh, Calvin! Das wird genial!"

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„Oh, ich bin so aufgeregt!"

„Jetzt strahlen deine Augen wieder so niedlich."

„Freust du dich nicht?"

„Natürlich freue ich mich! Ich kann nach draußen! Warte nur kurz, ich nehme noch meine Jacke und eine Sonnenbrille mit."

„Mach das. Aber dann komm! Der Wächter wartet schon!"

„Ist ja gut, ich hab's schon."

Livie zog den Mann fröhlich hinter sich her, in den Aufzug und dann verließen sie endlich gemeinsam mit dem Pfleger die Psychiatrie und traten in die Sonne. Sie liefen einige Meter, dann blickte Livie Calvin erwartungsvoll an.

„Wow! Ich habe das Gefühl von Sonnenstrahlen auf meiner Haut so sehr vermisst! Immer nur durch das verschlossene Fenster und jetzt..."

„Wie fühlst du dich?"

„Überwältigt, fröhlich und so, als könnte ich Bäume ausreißen! Ich bin wieder draußen!"

„Das muss ich notieren! Kommt, lasst uns in den Park gehen."

Zu dritt spazierten sie durch die belebte Altstadt und anschließen langsam durch den Park, bis sie sich entschlossen, zurückzukehren. Die Dämmerung hatte längst eingesetzt und die Straßenlaternen beleuchteten die Wege spärlich.
Es war still und friedlich geworden. Livie wünschte sich, Leyla wäre hier. Sie liebte es, abends gemeinsam mit ihr durch die Straßen zu spazieren.

Plötzlich blieb Calvin abrupt stehen, sodass sie beinahe in ihn hineinlief.

„Was ist los?"

„Hmmpf." Das Geräusch kam von dem Wächter, doch als ihr Blick zu diesem schoss, sank er gerade zu Boden.

„Calvin, was-"

„Nur einmal."

Unwirsch küsste er sie kurz auf die Lippen.

„Sorry, Kleine. Du bist wirklich süß, frech und hast eine große Klappe. Aber du bist viel zu naiv. Ich wünsche dir, dass du glücklich wirst und deine Naivität ablegst."

Er drückte zwei seiner Finger fest auf eine Stelle in ihrer Schultergegend und beinahe im selben Augenblick kippte sie ohnmächtig gegen ihn. Calvin legte sie vorsichtig auf einer Parkbank ab und verschwand lautlos im Schutz der Dunkelheit.

 Calvin legte sie vorsichtig auf einer Parkbank ab und verschwand lautlos im Schutz der Dunkelheit

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