04| Viertes Kapitel

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„Du bist heute geschminkt. Für mich brauchst du dich doch nicht extra hübsch machen."

„Ich habe mich nicht für dich geschminkt."

„Für wen dann?"

„Das ist nicht relevant für dich."

„Doch."

„Nein."

„Doch."

„Also gut, du gibst ja sowieso nicht nach. Ich bin direkt nach meinem Besuch hier noch verabredet."

„Mit wem?"

„Wir sollten jetzt beginnen, Calvin. Mir rennt die Zeit davon."

„Du immer mit deiner Zeit."

„Ich habe nun einmal nicht unendlich viel davon, wie du. Wir fangen an. Meine erste Frage für heute; wie fühlst du dich, wenn du in deiner Zelle sitzt? Ich meine, ist es nicht oft sehr langweilig?"

„Nein, eigentlich nicht. Es gibt viele Angebote, wie man sich die Zeit vertreiben kann. Wir haben eine Tischtennisplatte oder können zum Beispiel Billard spielen. Es gibt auch einen Fitnessraum, ein kleines Schwimmbad und einen Klinikgarten."

„Eine Sekunde, ich schreibe mir das kurz in Stichpunkten auf, es sind wichtige Informationen für mein Buch."

„Machst du das eigentlich immer, mit dem Kugelschreiber klicken?"

„Oh, das mache ich eigentlich nur, wenn ich nervös bin, sonst nicht."

„Mache ich dich nervös?"

„Was? Nein! Du bist eigentlich ganz...okay. Ich bin nur ein wenig aufgeregt wegen meiner Verabredung nachher."

„Das beruhigt mich. Was ist deine nächste Frage?"

„Vermisst du es, dich draußen frei bewegen zu können?"

„Natürlich. Doch selbst wenn ich es dürfte, würde ich es nicht tun. Es macht einfach keinen Spaß, sich nur unter Bewachung draußen bewegen zu können."

„Wieso eigentlich nur unter Bewachung?"

„Weil ich ein Straftäter bin. Ich könnte mich oder andere Menschen gefährden. Ich will es gar nicht abstreiten, dass ich eine Straftat begangen habe, aber sie ist richtig gewesen. Es war nur meine Rache, mehr nicht. Und Rache ist menschlich."

„Das stimmt. Jedoch kann man sich auch rächen, ohne gleich eine Straftat zu begehen. Aber gut, machen wir weiter. Du hast doch sicher auch Therapien, Gesprächstherapie, Ergotherapie und so weiter. Wie laufen diese so ab?"

„Eigentlich wie normale Therapien. Doch ab und zu komme ich mir dabei ein wenig vor, wie ein kleines Kind. Die Gesprächstherapie ist völlig sinnlos, denn ich erzähle sicher nicht irgendwelchen Seelenklempnern meine Lebensgeschichte."

„Aber mit mir redest du doch."

„Natürlich, aber du weißt noch nicht einmal einen Bruchteil meiner Lebensgeschichte, Babe."

„Ich akzeptiere das. Es geht mir nur um meine Fragen und die beantwortest du schließlich. Wenn du mir nicht mehr erzählen möchtest, ist das vollkommen in Ordnung, du kennst mich ja kaum."

„Es ist toll, dass du Verständnis hast. Das haben nicht viele."

„Kein Problem. Meine nächste Frage; Wie kann ich mir deine Zelle vorstellen?"

„In etwa so, wie ein Krankenhauszimmer. Nur etwas persönlicher und farbiger gestaltet. Es hängen ein paar Bilder an den Wänden, eine Wandseite ist in einem schönen dunkelgrau gestrichen, ich habe ein ziemlich gemütliches Bett und ein kleines Badezimmer. Vielleicht kann ich es dir einmal zeigen."

„Also keine Gummizellen?"

„Nein, die existieren heutzutage nur noch in Filmen. Nebenbei, es steht dir, wenn du so kicherst, wie gerade."

„Dankeschön. Eine Frage noch, dann hast du für heute Ruhe vor mir und ich belästige dich erst irgendwann in den nächsten Wochen wieder."

„Deine Gesellschaft ist wirklich nett, keineswegs belästigend."

„Das freut mich zu hören. Letzte Frage: Gibt es irgendeinen Moment aus deiner Vergangenheit, den du vermisst?"

„Ja. Früher bin ich jeden Sonntagabend auf einem Hügel gefahren, von dem aus man einen wundervollen Blick auf die Stadt hat. Ich vermisse es, dies zu tun. Ich vermisse es sehr."

Eifrig kritzelte Livie auf ihren Block, ihre Zunge hatte sie im rechten Mundwinkel eingeklemmt und ihre Brille war tief auf ihre Nase hinuntergerutscht.

Ich fragte mich, wie sie reagieren würde, wenn ich ihr erzählen würde, dass meine Straftat ein Mord war. Doch dies würde erst ganz zum Schluss kommen. Wenn ich meinen Plan durchgeführt hatte.

„Viel Spaß auf deinem Date!"

Sie war gerade dabei den Raum zu verlassen, drehte sich bei meinen Worten allerdings noch einmal um und streckte mir die Zunge heraus. Ich lachte leise.

 Ich lachte leise

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