Kapitel 4

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Ich rekelte mich in meinem Bett. Die Sonne strahlte durch mein Fenster und wärmte meinen linken Fuß, der aus meinem Bett hing. Ich streckte mich einmal ausgiebig und drehte mich auf den Bauch. Langsam öffnete ich meine Augen. An den Träumen hat sich leider nichts geändert, aber dafür habe ich relativ lange geschlafen, da mein Wecker nicht geklingelt hat. Mama hat ihn sicherlich ausgeschaltet. Meine Augen scannten mein Zimmer ab. Mein Fenster, wo die Sonne rein schaute, mein Kleiderschrank, meine Klamotten von gestern, die verteilt auf dem Boden lagen, ein roter Ballon, mein Schreibtisch und mein... Ich blickte zurück. Alles normal. -Ich hätte schwören können, dass hier gerade ein Ballon war. War sicherlich nur Einbildung-, dachte ich und streckte mich erneut, um dann auf zustehen. Langsam schlurfte ich zu meinem Kleiderschrank und öffnete ihn. Motivationslos starrte ich auf meine Klamotten. Ich griff nach fünf Minuten rum stehen dann einfach nach einem grauen Top und einer schwarzen kurzen Hose. Nachdem ich mich angezogen hatte, ging ich nach unten in die Küche, wo meine Mutter bereits Mittag zubereitete. "Guten Morgen, Schlafmütze.", begrüßte sie mich. Ich setzte mich an den Küchentisch: "Guten Morgen." "Ich mache Rührei mit Speck, ich hoffe, dass das in Ordnung ist." "Klar", gab ich von mir und sah aus dem Fenster. Ich hörte Kinderstimmen und sah auch schon danach, dass drei Jungs die Straße entlang fuhren. "War das da gerade Richie?", fragte ich und stand auf. "Weiß ich nicht, ich habe nicht hin geschaut, aber es hörte sich so an.", antwortete mir meine Mutter. "Ja ok. Ich muss zu ihm und ihn etwas fragen. Ich komme nachher wieder.", sagte ich und ging zur Haustür. "Kannst du das nicht nachher machen?", fragte meine Mutter, die sich gerade setzte. "Nein, dann finde ich ihn nicht mehr. Wir sehen uns!" "Aber...?" Ich ging schnell raus und machte hinter mir die Tür zu. Ich ging mit schnellen Schritten die Straße entlang, dort, wo auch die drei lang gefahren sind. Ich konnte mir schon denken, wo die hin wollten. In die Barrens, wo sie so gut wie jeden Tag sind. Auch wenn sie mal Hausaufgaben auf hatten, gingen sie dort hin. Ich persönlich kann es ihnen nicht verübeln. Sie sind nicht gerade die beliebtesten auf der Schule und werden fast überall weg gejagt. Zum Beispiel, wenn sie Basketball spielen wollen oder wenn sie Fußball spielen. Ich gehe eher selten in die Barrens. Es ist zwar wirklich schön dort, da dort viele Bäume wachsen und man die Natur dort in vollen Zügen genießen kann. Naja, das denkt man, wenn man zum ersten Mal dort ist. Aber eigentlich fließt durch die Barrens zum größtenteils Abwasser von Derry, also Wasser aus Badewannen, Spülen, Wasser aus Gullys und, und, und. Wir nennen das Ganze -Grauwasser-. Ich glaube, dass die Jungs das nicht einmal wissen. Wenn man zu den Barrens wollte, musste man erstens viele Hügel hinauf und zweites musste man an der Seite einer kleinen Brücke runter klettern, wo ich auch gerade war. Die -Kussbrücke-. Hier halten sich des Öfteren Henry und seine Mitmenschen von Freunden auf. Zu meinem Glück waren sie nicht hier. Ich ging am kleinen Zaun, der an der Seite der Brücke war entlang und blickte den kleinen Abhang hinunter. Hier und da wucherten ein paar Pflanzen, aber die sollten mich nicht stören. Ich stützte mich am Zaun ab und sprang rüber. Ich schlitterte den Abhang hinunter und hatte Mühe, nicht hin zu fallen. An einer alten Eiche stützte ich mich kurz ab, ging den restlichen Weg nach unten und sah mich erst einmal um. Unter der Brücke floss ein kleiner Bach entlang. Ich entdeckte an der Seite der Brücke vier Fahrräder. Eines davon war auf jeden Fall Richies. Ich ging Bach abwärts und hörte auch schon bald Stimmen. Vor mir lagen einige Dornenbüsche, doch ich konnte fünf Jungs sehen. Ich sah sie mir alle genau an, um zu gucken, ob ich sie kannte. Richie war klar, Bill kannte ich auch, der Bruder von Georgie. Stan kannte ich nur vom Sehen her, aber er gehörte zu einer reichen Familie. Eddie hieß, glaube ich, der Junge mit der Bauchtasche. Er hatte fast immer irgendeine Krankheit, laut seiner Mutter. Ich mag sie nicht. Und den anderen kannte ich nicht wirklich, er war aber auch neu an der Schule. Er war etwas Breiter gebaut und wurde deswegen auch von Henry gejagt. Gerade, als ich näher kommen wollte, hörte ich wieder Henrys liebliche Stimme: "Seht mal! Die Loser!" Henry, Patrick und ein Blondschopf kamen von rechts zu den fünf. Ich duckte mich sofort und schnitt mir an den Dornen leicht meine Arme auf. Trotz dessen, was mit Belch passiert ist, scheint es Henry nicht wirklich zu stören. -Der wird mal ein Psychopath, das sehe ich kommen.- Irgendwas tuschelten sie, bis Henry plötzlich Eddie zu Boden stieß. -Was ein Arschloch.- Sie laberten noch irgendwas, bis sie dahin verschwanden, wo sie her kamen. Ich stand wieder auf und ging zu den Jungs, die sich alle um Eddie versammelten. "Hey, ist bei euch alles in Ordnung?", fragte ich und kam näher. Alle drehten sich wie auf Knopfdruck um. "Was führt denn so eine feine Dame wie dich hier her?", fragte Richie. "Halt die Klappe.", knurrte ich. "Henry ha-hat ihn geschubst, jetzt hat er e-einen kleinen Asthmaanfall u-u-und kann sein Spray nicht finden.", erklärte Bill. "Okay, dann geht die Strecke zurück und sucht es. Ich bleibe hier bei ihm.", sagte ich. Richie salutierte: "Wird gemacht, Ma'am." Alle nickten sich zu und zogen los. Ich kniete mich hin und betrachtete Eddie. Er krallte sich an einer Wurzel fest und rang nach Luft. Einige kurze, braune Haarsträhnen hingen ihm im Gesicht. -Ich weiß zwar ehrlich gesagt überhaupt nicht, was ich jetzt machen soll, aber er muss sich beruhigen.- "Eddie. Versuche ruhig zu bleiben, ja? Sie werden dein Spray schon finden.", sagte ich ruhig. Er sah mich panisch an. "Sie sind deine Freunde, du kannst sicher sein, dass sie dir helfen werden." Er nickte schnell. "Ich hab's!!!", rief Stan. Ich lächelte: "Siehst du?" Eddie versuchte ebenfalls zu lächeln. Alle kamen wieder her und Stan gab ihm das Asthmaspray. Eddie hielt es mit zitternder Hand, drückte auf einen Knopf oben und inhalierte die Luft. Erst dann beruhigte er sich voll und ganz wieder. "Danke, Leute.", sagte er. Die Jungs sahen mich an. "Was ist?", fragte ich nach und blickte in die verwirrten Gesichter. "War Henry hinter dir her, oder warum bist du hier?", fragte Richie. "Nein, ich wollte mal mit dir reden." Richie setzte sich etwas zu nah zu mir, legte einen Arm um mich und fragte: "Okay. Was ist dein Problem? Krätze? Herpes? Wächst dir ein Schwanz?" Ich schubste ihn von mir weg: "Nein! Ich wollte dich fragen, ob du einen Psychologen namens Lest kennst?" Richie überlegte angestrengt. "Der Name sagt mir etwas.", meinte der Junge, den ich noch nicht kannte. "Du liest auch zu v-viele Bücher, Ben. Und Zeitungen. Klar, da-dass du diesen Namen kennst, der ist sicherlich nicht nur einmal a-auf der Welt vergeben.", sagte Bill. "Oh Gott! Ich weiß wer das ist!", rief Richie aufgeregt. "Hätte mich auch gewundert, wenn nicht.", sagte ich. "Lou, es wäre besser, wenn du da weg gehst." "Warum das?", fragte ich nach. "Mit dem ist nicht zu spaßen, der vergewaltigt Kinder!" "Ernsthalft??", fragte ich nach. Richie grinste schief: "Nein, keine Ahnung. Ich kenne den Typen nicht." "Du Arschloch!!!", knurrte ich. "Wie wäre es, wenn wir uns hier morgen nochmal treffen? Ich kann mal nachschauen, ob ich etwas über ihn raus finde.", sagte Ben. "Ja ok.", sagte ich. "Ich nicht. Ich habe morgen keine Zeit.", sagte Stan. "Ich leider auch nicht.", meinte Eddie. "Du musst doch bestimmt wieder zum Arzt, was Eds?", fragte Richie. "Nenn mich nicht so!" "Wir treffen und um zwei hier. Wer keine Zeit oder Lust hat ko-kommt einfach nicht.", erklärte Bill. "So machen wir's."

Der Clown in meinem LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt