Kapitel 6: Teebeutel-Präsente

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"Ich- äh- ich-ich....", auf einmal lief mein Gehirn auf Sparflamme. Er war wirklich nett. Und gutaussehend. Und in meiner Küche. Wie wahnsinnig starrte ich in seine leuchtend grüne Augen und kam mir dabei vor wie in einem schlechten Schnulzenfilm.

Und ich war die verdammte eigenständige Tussi die ihre Seele dem Typen den sie einen Tag kennt schenkt. Wahrscheinlich hat er sie auch noch entführt und sie ist generell ziemlich hohl und fällt dem Stockholm-Syndrom zum Opfern er.
Mist. Immer noch zerknirscht lächelnd reichte ich ihm ein weiteres Taschentuch und versank in ein wenig realistischere Gedanken. Ich war weder äußerlich noch vom Verhalten her besonders ansprechend.

Klar ich war nicht hässlich. Als relativ großes braunhaariges Mädchen mit einer doch ziemlich sportlichen Figur und schönen hellbraunen Augen mit beeindruckenden dunklen langen Wimpern die jedoch wegen meiner beeindruckenden Nase (von der meine Freunde behaupteten sie wäre wirklich nicht furchtbar wie ich immer sagte) nicht wirklich auffielen, belegte ich in der Rangliste wohl den gesunden Mittelstand. Also lagen meine Chancen bei so ungefähr 1,5%, was nicht wirklich hoch war.
Und außerdem: was wollte ich von dem? Er war zwar JETZT nett aber vorher ein ziemlicher Psychopath gewesen. Was wollte ich von jemandem der dermaßen schwunghafte Launen hatte wie ich wenn ich meine Tage hatte....?

Und trotzdem setzte mein Herz einen Schlag aus als ich sah das er mich ebenfalls nachdenklich oder vielleicht einfach nur verachtend musterte. Dieses Grün seiner Augen war schwer einzuordnen, irgendetwas zwischen saftigem Gras und tödlichem Gift, als ob die Entscheidung ob sie nun gefährlich oder verträumt waren ganz von mir abhing. Wieder ein wenig meine verzweifelten Gedanken abblockend schluckte ich und murmelte nur:"Tut mir wirklich furchtbar leid... wirklich. Normalerweise niese ich niemandem so einfach ins...Gesicht."

Ich stand dort, stocksteif und fühlte mich einfach grauenhaft. Und trotzdem wollte ich nirgendwo anders sein. Glaubte ich. Nirgendwo anders und doch Meilen weit weg. Verwirrend.

„Wie ich schon sagte: Ich verzeihe dir. Jemanden anzuniesen ist wohl dem Einbrechen in ein Haus kaum gleich zu stellen.", er drehte sich um und ließ mich jedoch nicht aus den Augen bis er schließlich wieder saß und einen kleinen Schluck aus seiner Tasse nahm. Ich grinste doof. Was sollte ich darauf sagen. Klar. Er hatte recht denn er war irgendwie ein Psycho. Und trotzdem sollte man das dem Psycho selbst als allerletztem sagen. Also lachte ich nur ein wenig.

„Woher kommst du eigentlich? Ich meine Asgard? Ich hab noch nie davon gehört.", mein verzweifelter Versuch die Stille zu brechen und eine Konversation anzufangen. „Asgard ist die Heimat der Götter.", er schmunzelte leicht ,"wie ihr uns nanntet." Der Ausdruck schien ihm sehr zu gefallen. „Asgard ist nicht auf Midard, sondern hat seinen Sitz weit von dieser Welt entfernt. Wenn dieses Wissen nicht gelehrt wurde, gibt es wohl vieles was ihr Menschen vergaßt. Wichtiges über Welten in anderen Dimensionen." Ich war wie gefesselt von seinen Worten. Seine Worte schienen mich zu umhüllen, er war definitiv ein Mensch, Gott, Asgardianer oder was auch immer,der die Aufmerksamkeit liebte.

„Das Göttergeschlecht, die Arsen leben schon seit Anbeginn dort, doch seit ein paar Jahrhunderten zogen wir uns aus eurer Welt zurück." Er nahm seinen letzten Schluck aus der Tasse ,"Die Zeiten der Macht waren die angenehmsten..." Sein Blick wanderte in die Ferne, durch mich durch als würde er durch Zeit und Raum zurückblicken. Traurig erschien er mir und doch waren diese Worte düstern und unheilvoll.

„Und du willst die alten Tage wirklich zurück holen? Uns alle unterwerfen und so?", meine Stimme kratzte während ich das Innere meiner Tasse inspizierte. Er schwieg und ich schluckte hart: „ Denn...Denn ehrlich gesagt finde ich das nicht wirklich gut, ich meine das ist ziemlich scheisse! Ich lebe hier und es geht den meisten Menschen prima! Ich will nicht unterworfen werden! Von niemandem und auch wenn ihr hier schon mal wart das geht doch nicht so einfach!Ihr habt hier halt nichts mehr zu sagen!"
Energisch hatte ich meine Tasse von mir geschoben und starrte ihn nun direkt an. „Ich will nicht das du meine Welt über nimmst! Das...ich meine....das ist mein Zuhause! Mit meiner Familie..." Nervös rollte ich die Tasse zwischen meinen Fingern hin und her und wusste nicht genau was ich nun getan und gesagt hatte jetzt eher gut oder schlecht war. Wahrscheinlich eher schlecht, denn dem Gott der gerade erstmal nett zu einem war anzubrüllen das er nicht seinen Plan umsetzten sollte...klang nicht erfolgreich.

Und nun starrte ich ihn an und hörte meinem eigenem Herz beim zerspringen zu. Tränen traten wieder in meine Augen und ich verfluchte mich dafür das ich heute anscheinend seeeeehr nah am Wasser gebaut war. Sehr nah. Er währenddessen blickte mich wieder rum einfach an. Mit dem selben kalten Blick mit dem er mich schon im Zimmer anblickte. Berechnend und emotionslos. Dann räusperte er sich und blinzelte ein paar mal. Seine Augen schienen aufzutauen und er war zu dem charmantem Loki zurück gekehrt.
„Ich...Du bist aus welchem Grunde auch immer sehr sympathisch Zoe, Tochter Marks und deshalb...werde ich deine Welt verschonen wenn dir so viel daran liegt. Deine Gesellschaft scheint mir doch sehr angenehm zu sein."

Ich schwieg, denn ich hatte ehrlich gesagt mit ziemlich viel mehr wiedersagend gerechnet. Und nicht mit einem einfachen „Du bist nett, warum denn nicht?". Das wär einfach zu zuvorkommend.

„So einfach?", ich schlug mir die Hand vor den Mund. Du Frage war mir mehr oder weniger herausgerutscht.

„Es war sowie so nur ein unausgereifter Plan gewesen", er lächelte mich an, wie ein kleiner Welpe und zwinkerte mir zu, stand daraufhin jedoch schnell und elegant auf. „So lebe denn wohl Tochter Marks." Und stolzierte hinaus. Und ich blieb leicht geschockt und verwirrt sitzen.

Die kaputte Heizung gurgelte und ich dacht die ersten Sekunden gar nichts. Einfache leere und große Verwirrung.  Hatte mir gerade ein Gott zugezwinkert? Mir? In der Küche? Ich gackerte einmal leicht wahnsinnig. Dann herrschte wieder schweigen.

Bis mir in einem Moment des Schreckens ein schauern den Rücken runter rannte und ich aufsprang:" Der Boden!" Wie zur Hölle sollte ich meinen Eltern ein verdammtes Branntzeichen auf dem Steinboden erklären? Joa. Das war auf einmal da? So aus dem nichts? Die einzige Person die das wieder richten könnte war gerade wieder aus der Küche spaziert. Auf nach Asgard nach nimmer Wiedersehen. Und ich würde ihn nie Wiedersehen.

Wie wahnsinnig sprintete ich so gut es mir die verbrannten Füße erlaubten , ohne Schuhe aus der Haustür hinaus:"Warte!" Loki stand eben genau auf dem Zeichen und drehte sich zu mir um. Leichte Überraschung zeichnete sich auf seinem Gesicht:"Weshalb sollte ich?" Er neigte seinen Kopf leicht zur Seite und seine Augen funkelten um Licht seiner Homemade Flamme. „Der -äh- Boden. Ich wollte nur fragen ob du das...Dings da wegmachen kannst? Wie soll ich das sonst meinen Eltern erklären? Ich kann Ihnen ja wohl kaum die Wahrheit sagen!" ich lachte nervös und erstarrte dann unter dem Blick der er mir zu warf. Er sagt verletzt aus, für eine Sekunde und dann wieder einfach emotionslos. „Natürlich.", beim Klang seiner Stimme wären die Pole gleich nochmal gefroren. Mit einer kurzen Bewegung schnippte er in Richtung Boden und die eingebrannten Zeichen schienen aus dem Boden wieder nachzuwachsen bis alles wieder wie vorher aussah.  „Der Bifröst wird mich dann von etwas weiter fort abholen. Wenn du nun nichts mehr brauchst." Er wand sich ohne ein weiteres Wort. Wehender Umhang, stiefelklackern und verschwindendes Licht.

Seine Umrisse verschwanden nun langsam, schritt für schritt in die Richtung unserer Einfahrt. Was sollte das denn nun? Das sollte es sein? Ich traf einen Gott, einen (teilweise) sympathischen auch noch sind das sollte die Verabschiedung sein? Aus irgendeinem Grund wollte ich nicht das es so endete. „Warte! Bitte! Ich- tut mir leid ich.... wollte mich verabschieden!" Er hielt an. Drehte sich leicht zur Seite und blickt mir in die Augen. Und zu meiner Überraschung sah er fast schon glücklich aus. „Ich wollte mich verabschieden. Ich-Hier.", Nicht fähig  einen weiteren halbwegs sinnvollen Satz hervorzuquetschen drückte ich ihm einen Beutel Tee in die Hand den ich mir vorher Geistesabwesend wohl in die Hosentasche gesteckt hatte. Mit einem freundlichem Lächeln das sein Gesicht aufzuhellen schien, nahm er es in seine schmalen Hände. „Lebe wohl." Dann lief er weiter.

Ich blieb stehen, im Dunkeln und blickte einfach nur hinterher. Bis er verschwunden war und bis das Regenbogendingens in der Ferne aufleuchtete. Dann tapste ich langsam und mit brennenden Schmerzen und den Füßen in mein Zimmer zurück. Nicht nur dort hatte Loki ein Chaos hinterlassen.

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