Kapitel 8: Kleine Wunder

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Was nach einigen Minuten geschah war tatsächlich schon fast ein kleines Wunder. Ich und der leicht labile Gott saßen in meiner Küche und redeten. Wir führten ein normales Gespräch. Ohne Weltuntergangsszenarien oder spontanes Geheule von meiner Seite. Nein. Normal. Wie es normale junge Leute in einer normalen Küche unter normalen Umständen tuen würden. Ich fand seine Welt einfach zu interessant. Götter, fremde Welten und Portale dorthin. Ich war fasziniert. Und Loki genoss es sichtlich über sich selbst erzählen zu können. Ich saß da und lauschte einfach seiner Stimme. Er konnte gut erzählen, wenn er redete war es wie wenn die Worte tanzten. Bei jedem seiner leichten Lacher, angenehm und ruhig, fuhr mir ein Schauer über den Rücken und die Härchen auf meinen Armen richteten sich auf. Ich war drauf und dran mich in Loki zu verlieben. Und zwar auf eine ziemlich ungesunde Art und weise: unwiderruflich und Hals über Kopf.

„Ja, neeee meinen Büchern geht es eigentlich gut. Außer ein paar Knicken ist nichts dran.", ich erwähnte nicht das diese Knicke mir genauso weh taten wie Messerstiche und ich meinem Bruder wahrscheinlich einen Arschtritt verpasst hätte. Einen kräftigen wohlgemerkt.

Er räusperte sich und warf mir einen amüsierten Blick zu. Diese seltsame Art Blick an dem nicht besonders ist, außer das man auf einmal feststellt: Ich bin am Arsch.
Nach einem kurzen Herzstillstand plapperte ich weiter:„Mein Lieblingsbuch ist ganz also alles Tuttifrutti." Himmel Herr Gott. Tuttifrutti.
Nichts war Tuttifrutti wenn man Tuttifrutti sagte. Nichts.

„Dein Lieblingsbuch?", er schluckte etwas Apfelstrudel-Tee herunter. Nach drei Gläsern Minztee hatte er sich für etwas anderes entschieden. „Welche Sage erläutert es?"
„Die Bücherdiebin! Es ist der absolute Hammer! Es ist de Art Buch die dir dein Herz endgültig aus der Brust reißt! Es geht um Liesel!, sie kommt aus Deutschland und wird während des zweiten Weltkrieges in eine Gastfamilie gesteckt und-und alles ist einfach furchtbar! Traurig. „

Er starrte mich immer noch an. Blinzelte er denn nie?

Ich räusperte mich verlegen und doch ein wenig entschlossen dem Charme des Gottes zu widerstehen. Nun war echt keine Gute Zeit sich in einen Gott zu verlieben. Naja "verlieben". Das war kein verlieben, beschloss ich. Mehr oder weniger so etwas wie eine gefühlsmäßige Halluzination meines Gehirnes, dass bei Auftretens eines attraktiven männlichen Wesen direkt einmal Hormone ausschüttete. Im 3 Kilometer Radius. Und das war dumm und unpraktisch. Vor allem wenn es sich um einen manisch-depressiven, sehr attraktiven Gott handelte. Also ließ ich in meinem Kopf immer und immer wieder den Satz "Du bist nur sehr einsam!" wie ein Banner hin und her schwenken.

,,Auf jeden Fall liebe ich dieses Buch abgöttisch! Ich mein eigentlich weine ich nicht so viel..." Ich blickte zerknirscht aus der Wäsche und fuhr fort," Also-Naja-normalerweise...aber das Buch bringt mich einfach immer wieder zum weinen. Also: Daumen hoch! Empfehlenswert!" Selbst ich lachte nicht über diesen schlechten "Witz". Doch Loki warf mir einen relativ amüsierten Blick zu. Bestimmt lachte er über mich. Nicht über das was ich sagte. Das würde niemand mit einem Funken Humor tuen.

,,Wenn ihr es für so empfehlenswert erachtet, sollte ich doch erwägen einen Blick in diese Sage zu werfen.", Loki lehnte sich mit einer geschmeidigen und hoheitsvollen Bewegung zurück, nicht eine Sekunde lang ließ er mich aus den Augen. Dann nach einer Kurzen Pause wanderte sein Blick interessiert an unseren Wänden entlang. Er inspiziert alles, auf eine durchdringende Art, als ob ihn jede Macke, jede Schramme direkt ins Auge fallen Würde. Doch seine Miene blieb die gleiche, entspannt und gelassen. Er wirkte nicht unglücklich.

„Auf Asgard in Sökkwabeck,", er begriff den fragend verwirrten Blick auf meinem Gesicht und erläuterte: „Der Palast der Saga, Göttin der Sagen und Geschichten, liegt die große Sammlung der vergangenen Tage. Bücher in Bergen die uns Götter beim bloßen Anblick schon erschüttern." Lokis Blick schien in die Ferne abzuschwenken und er schwärmte mir mit liebevoller Stimme von den Büchern Asgards vor.

„Du liebst das lesen nicht wahr?" , ich hing ein seinen Lippen während er redete, doch das Kommentar könnte ich mir nicht verkneifen. „Du scheinst wirklich oft in-äh- Skörrewa zu sein."
„Das Wissen ist schließlich die Macht der, die zu herrschen bestimmt sind."

Ich nickte langsam: „Wissen ist Macht."

Langsam stand ich auf und schüttete mir noch etwas Tee ein. Da fiel mein Blick auf die Uhr die über unserem Herd hing. 23:52. Ziemlich spät, stellte ich nüchtern fest, und mit Sicherheit würden meine Eltern in circa 15 Minuten auftauchen. Und ich musste Ihnen irgendwie Loki erklären. Was praktisch unmöglich war.

„Scheisse.", ich drehte mich abrupt um, „ Es tut mir wirklich furchtbar Leid, aber du musst jetzt gehen!"
„Achja? Weshalb dieser überstürzte Aufbruch?" , er zog eine Augenbraue hoch. Seine Grünen Augen blinzelten ein wenig belustigt.
„Weil meine Eltern gleich kommen und ich wirklich keine Lust habe Ihnen das hier," Ich wedelte mit den Armen, „Zu erklären!"

Loki lachte und erhob sich ohne weitere Einwende von der Bank:" Nun denn: Auf Wiedersehen Tochter Marks, Zoe."
Und er schritt abermals als meiner Küche.
Doch dieses Mal lief ich hinter ihm her. Bis zur Tür. Und winkte ihm als er langsam und gemächlich die Auffahrt hinauflief.

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