Kapitel II

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„Was sollen wir jetzt mit ihr tun?", hörte ich eine entfernte weibliche Stimme. „Wir folgen meinem Plan", antwortete eine männliche Stimme locker. Wo war ich? „Dein Plan wird nicht funktionieren!", fuhr die andere Stimme ihn an. Mein Kopf brummte. „Sie wird uns vertrauen!", meinte dieser Alex. Sie sprachen weiter, doch ich blendete sie aus. Ich spürte keine Krone auf meinem Kopf. Sie muss wohl verloren gegangen sein, als ich auf den Boden fiel. Meine Augenlider fühlten sich so schwer an, aber ich versuchte trotzdem meine Augen zu öffnen. Alles um mich herum war verschwommen und dunkel. Als die Umgebung um mich schärfer wurde, erkannte ich, dass ich mich in einem Zelt befand. Der Boden unter mir fühlte sich nach Fell an. Mein Herz begann immer schneller zu schlagen, als ich mich an die vergangenen Geschehnisse erinnerte und mich umschaute. Ich bemerkte schnell, dass meine Hände frei waren. Weshalb banden sie mich nicht fest? Meine wirren Gedanken wurden unterbrochen, als zwei Leute ins Zelt traten. „Oh, du bist schon wach", stellte die weibliche Person fest. Ich erkannte sie. Sie war die Rebellin, welche Ethan und mich angegriffen hatte. Sie hatte schwarze, zusammengebundene Haare und dunkle Augen, welche mich abschätzig beobachteten. „Wo bin ich?", fragte ich sie und schaute sie mit stechenden Blicken an. „Immer mit der Ruhe", beschwichtigte der männliche Rebell, „Wir wollen dir nicht wehtun." Der Rebell hatte blondes Haar und Kristallblaue Augen. Er trug einen grünen ärmellosen Mantel, grauen Verband um seine Arme, braune zerrissene Hosen und schwarze Stiefel. Um seinen Rücken trug er einen Köcher gefüllt mit roten Pfeilen und um seine Hüfte trug er ein Schwert. Doch was mir am meisten auffiel, war seine blaue Kette. Mit wackeligen Beinen stand ich auf. „Nicht wehtun?", fuhr ich sie wütend an, „Ihr habt meine Stadt angegriffen und mich entführt! Sicherlich werdet ihr mich genauso wie meine Eltern töten!" Die zwei schauten sich verwirrt an. Nach einer kurzen Stille wiedergab dieser Alex: „Wir haben deine Eltern nicht getötet und wir wollen auch dich nicht töten." Ich blickte sie perplex an. „Lügen!", rief ich, als ich mich wieder entsann, „Alles Lügen!" Das Mädchen blickte Alex genervt an. „Ich hab's dir ja gesagt", meinte sie trällernd und drehte sich von uns weg. „Hannah!", rief er ihr aufgebracht hinterher und seufzte, als sie aus dem Zelt verschwand. „Entschuldige sie", klagte er und lächelte mich entschuldigend an. Mit scharfen Blicken schaute ich ihn still an. „Ich soll mich vorstellen", murmelte er unbehaglich und räusperte sich, „ich bin Alexander und ich bin der Anführer der Rebellen." Nervös blickte ich mich um und erspähte den Ausgang. Alexander erzählte etwas von sich, aber ich hörte ihm nicht zu. Mit einem Sprung rannte ich neben ihm vorbei und stürzte aus dem Stoffzelt. Der Himmel war pechschwarz und um mich herum standen riesige ebenso schwarze Bäume. Hinter mir hörte ich die Rufe von Alexander und ich rannte weiter. Meine Schuhe verlor ich irgendwo auf dem Weg und ich spürte schliesslich, wie kalt es eigentlich um mich herum war.

Von Panik ergriffen, trugen meine Füsse mich immer weiter, immer tiefer in den schwarzen Wald. Ein weiteres Mal fragte ich mich, wo ich mich befand. Vor mir erblickte ich ein bläuliches Licht. Ich warf meinen Kopf hinter mich, doch ich entdeckte niemanden. Mit ruhigeren Schritten bewegte ich mich zur Lichtquelle. Die Bäume um mich herum wurden weniger und ich bemerkte etwas Glitzerndes vor mir. Mein Herz schlug aufgeregt, als ich schliesslich aus den Bäumen heraustrat und ich in einer Lichtung ankam. Der Vollmond schien auf die Oberfläche des Sees, welcher sich in der Mitte der Lichtung befand. Ich atmete erleichtert auf und setzte mich ins dunkle Gras. Meine Füsse brannten höllisch. „Mutter, Vater...", murmelte ich und vergrub meinen Kopf in meinen Knien. Plötzlich hörte ich ein Flüstern und ich fuhr hoch. „Wer ist da?", rief ich unsicher und blickte mich erschrocken um. „Kathelyn", flüsterte die Stimme. Sie klang sanft und freundlich. Langsam drehte ich mich in Richtung Sees. „Komm her", hauchte die Stimme liebevoll. Ich entdeckte eine hübsche Frau am Ufer, welche im Wasser sass und mir zuwinkte. Ihr langes Haar reichte bis ins Wasser und bedeckte ihre entblösste Brust. Wir lächelten uns an und ich trat langsam auf sie zu. „Hier bist du sicher", säuselte sie im Singsang. Noch zwei Schritte fehlten mir und ich konnte ihre Hand berühren, doch ich wurde plötzlich von einer starken Hand weggerissen. Die Person verscheuchte die Frau, welche mit einem Fauchen im Wasser abtauchte. Bevor sie ganz im Dunkeln verschwand, entdeckte ich ihre Schwanzflosse. „Geht's dir gut?", fragte mich Alexander, der mich von oben bis unten mit seinem Blick untersuchte. Perplex nickte ich und entriss mich von seinem Griff. „Sirenen. Wunderschöne, doch heimtückische Wesen", erklärte Alexander abwesend, als wäre es das normalste auf der Welt, „mit ihrer Stimme verführen sie dich und reissen dich in die Tiefen der Gewässer." Ich atmete erschrocken auf und blickte aufs Wasser zurück. Beklommen wandte ich mich Alexander zu und bemerkte einen zweiten Jungen und zwei Greife. Der andere Junge besass hellbraunes Haar und grüne Augen. Er nickte höflich und stieg auf seinen Greif. Alexander ergriff auf einmal meine Hüfte und setzte mich auf den zweiten Greif. „Das ist Darell", stellte Alexander ihn vor und setzte sich vor mich auf den Greif, „er spricht nicht viel." Ich wollte ihm nicht trauen, doch ich wusste nicht wo ich mich befand. Sprachlos summte ich etwas. Alexander und Darell blickten sich an und nickten. „Festhalten!", warnte mich Alexander mit einem Lächeln und klopfte auf den Rücken des Greifs. „Was?", brachte ich nur hervor als der Greif mit einem Sprung vom Boden abhob. Erschrocken kreischte ich und umklammerte Alexander. Ich werde sterben!

Nur dass ich es nicht tat. Nach einer Weile bemerkte ich, dass ich in der Tat, immer noch lebte. „Hey, du kannst deine Augen wieder öffnen!", versicherte mir Alexander. Zögernd öffnete ich sie schliesslich. Die Aussicht war umwerfend. So weit das Auge reichte, sah ich nur Wald. Im dunkeln Nachthimmel schienen die Sterne und der helle Mond. „Wo bin ich?", fragte ich Alexander leise. „Im Verfluchten Wald", lachte Alexander und ich zuckte zusammen. „Willst du uns alle in den Tod reiten?!", rief ich panisch. Keiner kann den Verfluchten Wald durchqueren. Es lauern zu viele gefährliche Wesen in den Schatten. Kein Bericht erzählt über jemanden, der es schaffte, lebend aus dem Wald zurückzukommen. „Wenn man den Wald kennt, ist das kein Problem", sagte er nur und wir flogen näher an den Boden, „wir sind hier." Wir landeten auf dem Boden und ich wurde von Alexander sicher auf den Boden gelassen. Alexander sprach leise mit seinem Greif und drehte sich zu mir zurück. „Iss doch etwas", meinte er lächelnd, als er neben mir vorbeilief, „Hannah hat sicher etwas gekocht." Essen gelüstete mich schon, aber ich durfte keine Schwäche zeigen. „Nein, danke, ich will nichts essen", sagte ich nur und verschränkte meine Arme. Alexander drehte sich um und blickte mich verwirrt an. „Wie kann ich wissen, ob ihr mich nicht vergiften wollt?", fügte ich zischend hinzu. Alexander seufzte und trat näher auf mich zu. „Wollten wir dich töten, hätten wir dich vorhin den Sirenen überlassen", sagte er locker, sein Blick dunkel. Ein Schauder lief mir den Rücken hinab und sein Lächeln tauchte wieder auf. „Wir sollten etwas gegen deine Füsse machen", schlug Alexander vor und zeigte auf meine verletzten Füsse. Dunkles Blut kullerte von den Schnitten auf den Boden. „Das ist nichts. Das verheilt wieder", sagte ich kalt, denn ich wollte ihre Hilfe nicht. Alexander schien mich zu ignorieren und hob mich in seine Arme hoch. Ich wollte mich wehren, doch sein Griff war stark. Er brachte mich in sein Zelt zurück und setzte mich auf die Felle. Alexander suchte etwas im Zelt und durchstöberte einige Taschen, bis er mit einem Tuch, einer Verbandsrolle und einer Flasche zurückkam. Alexander säuberte sanft meine Füsse mit dem Tuch und nahm die Flasche in die Hand. „Dieses Mittel hilft nur gegen Infektionen", erklärte er, bevor er die durchsichtige Flüssigkeit auf meine Füsse leerte. Die Schnitte brannten für eine Weile, doch der Schmerz verschwand nach einiger Zeit. Alexander wickelte den Verband vorsichtig um meine Füsse. „Fertig", sagte er und lächelte. Er übergab mir ein paar Schuhe, gefüllt mit weichem Fell. Ich bedankte mich nicht bei ihm, sondern ignorierte ihn. Sein Blick änderte sich und er schien so, als würde er überlegen. „Ich habe meine Meinung geändert", hauchte er und rief Hannah zu sich. Hannah trabte kurz daraufhin ins Zelt herein. „Kannst du sie ausser Gefecht setzen?", bat er sie und ich blickte beide mit grossen Augen an. Hannah war damit wohl einverstanden und sie schaute mich an. Ich stammelte nervös und wollte wieder flüchten, doch Alexander hielt mich fest. „Keine Sorgen, wir wollen nur nicht, dass du dich wieder in Gefahr bringst", versuchte Alexander mich zu beruhigen, „du wirst nur einschlafen." Bevor ich mich wehren konnte, streckte Hannah ihre Hand aus und alles um mich herum wurde schwarz.

Kathelyn und der TurmalinWhere stories live. Discover now