Kapitel VIII

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Im Lager angekommen, verliess uns Alexander, denn er meldete sich bei Hannah und Darell. Ethan wurde wieder skeptisch und blieb immer in meiner Nähe. „Hör auf damit", befahl ich ihm und stupste ihm leicht in die Seite, „sie sind alle sehr freundlich." Er schmollte leise und blickte sich um. „Hier hast du deine Gefangenschaft verbracht?", fragte er mit einem leicht abstossenden Ton. Ich warf ihm einen genervten Blick zu und brachte ihn damit zum Schweigen. „Ich sehe es schon lange nicht mehr als Gefangenschaft", antwortete ich ihm und es schien ihm zu genügen. Ein Lächeln tauchte auf meinem Gesicht auf, als ich Molly und Felix sah. Sie spielten mit Ryan. „Ist das...", fing Ethan erstaunt an und legte sanft eine Hand vor seinen Mund. „Er heisst Ryan und ich habe ihn vor einem Jäger gerettet", erklärte ich ihm kurz. Molly erblickte mich und winkte uns mit einem weiten Lächeln zu. Die zwei Jungs drehten sich zu uns und winkten auch. „Du bist zurück!", kreischte Molly und ich nahm sie in eine Umarmung. „Das hier sind Molly, Felix und Ryan", stellte ich die drei Ethan vor. Ethan winkte ungeschickt und wurde leicht rot. „Das hier ist Ethan", stellte ich ihn vor. „Er hat auch Flügel", stellte Felix fest und wechselte Blicke zwischen ihm und Ryan. Ich bejahte dies und bemerkte Ryans Verband um seinen Flügel. Ich schlug vor, dass ich seinen Verband wechseln sollte. „Tschüss, ihr zwei!", verabschiedete ich mich von den Kindern und nahm die zwei Volutiere ins Zelt von Alexander. Ethan setzte sich still auf einen hölzernen Stuhl, während Ryan sich aufs Bett setzte. Geschickt entfernte ich den Verband und bemerkte, dass die Wunde schon fast weg war. „Wie fühlst du dich?", fragte ich Ryan, der seine Flügel vorsichtig ausstreckte. „Spüre so gut wie nichts mehr", meinte er lächelnd. Wieder einmal erstaunte mich die Regenerationskraft der Volutiere. „Und du, Ethan?", fragte ich ihn. Ethan schüttelte seinen Kopf und sagte: „Ich denke, es geht noch einige Tage." Ich nickte und bemerkte, wie sich die zwei Jungs anschauten. Lächelnd räusperte ich mich, was beide aus der Trance holte. „Tut mir leid", entschuldigte sich Ethan beschämt, „du bist der erste Volutier, den ich jemals neben mir selbst sehe." Ryan machte ein überraschtes Geräusch. „Wirklich? Im Wald der Riesenbäume leben ganz viele", meinte Ryan und legte sein Kinn auf seine Hand, „nur wenige haben aber so grosse Flügel wie du." Es stimmte. Ethans Flügel glichen einem Raubvogel und berührten beinahe den Boden. Ryans Flügel reichten nur bis zu seinen Hüften. „Ich wusste, du bist etwas Spezielles!", rief ich wie eine stolze Mutter mit einer weinerlichen Stimme. Ethan grummelte etwas und errötete verlegen. Alexander trat auf einmal auch ins Zelt. „Schön, dass ihr euch auch kennenlernt", meinte er lächelnd, „Hannah und Darell sehnen sich danach, den neuen Volutier zu treffen." Ethan blickte ihn leicht misstrauisch an, doch liess es sein, als er meinen Blick sah. „Wir statten ihnen einen Besuch ab, nicht wahr, Ethan?", lächelte ich und Ethan nickte schnell. Alexander schmunzelte und begleitete uns zu seinen zwei besten Freunden. Ethan schien sich gut mit den beiden zu verstehen, sogar auch mit Hannah. Ein warmes Gefühl stieg in mir auf, als ich sie alle beobachtete. Es fühlte sich an, wie Zuhause. Ich könnte mich an dieses Zuhause gewöhnen.

Einige Tage vergingen, seit Ethan dem Lager beitrat. Sein Misstrauen gegenüber den Rebellen hatte sich aufgelöst und er schien sie zu akzeptieren. Ethans Flügel waren auch völlig verheilt und er konnte ohne Probleme in der Luft segeln. Es machte mich glücklich, Ethan völlig in seinem Element zu sehen. „Du scheinst ihn wirklich sehr zu mögen", hänselte Alexander und stiess mir in die Seite. Ich errötete und schubste ihn von mir weg. „Natürlich mag ich ihn! Er ist meine einzige Familie", erklärte ich und kühlte langsam ab. Alexander hob eine Augenbraue und fragte: „Und dein Onkel?" Ich wippte auf meinen Füssen. „Er ist auch Familie, aber ich empfinde nicht die gleichen Gefühle für ihn. Ich sehe ihn nicht sehr oft." Alexander summte und wandte seinen Blick in die Höhe. Ryan und Ethan führten ein imaginäres Wettrennen und sausten durch die Lüfte. Ethan besass immer einen Vorsprung. Einige Leute beobachteten dieses Schauspiel erfreut. „Ich habe ihn schon lange nicht mehr so glücklich gesehen", murmelte ich absent und bemerkte, dass Alexander mich anschaute. Ich errötete und räusperte mich. „Ihm wurde es nicht erlaubt, auf königlichem Grund zu fliegen, denn er musste stets an meiner Seite bleiben", erklärte ich es ihm und lächelte sanft, als ich mich zurückerinnerte, „als Kinder schlichen wir nachts nach draussen und ich liess Ethan frei in seinem Element." Ethan und Ryan landeten vor uns auf dem Boden und keuchten, als wären sie seit Stunden gerannt. Mit ausgespreizten Flügeln liess sich Ryan auf den Rücken fallen und stöhnte laut. „Habt ihr euch ausgetobt?", fragte Alexander sie und sie nickten. „Wir müssen noch ein kleines Treffen halten. Eyreen und Adreal kommen auch", erwähnte er und blickte mich an. „Über was werdet ihr sprechen?", informierte sich Ethan, nachdem er genügend Luft hatte.

„Wir werden das Königreich ein weiteres Mal stürmen", sagte Alexander eisig. Er bemerkte wohl, dass Ethan und ich nicht sehr überzeugt von der Idee waren und fügte hinzu: „Wir werden die Stadt nicht angreifen, nur das Schloss." Ethan und ich tauschten Blicke und dachten wohl das Gleiche. „Ich weiss, ihr wollt nicht, dass wir euer Zuhause zerstören, aber wir wollen nur unsere Freiheit zurück", erklärte Alexander ruhig und ich nickte. „Verständlich, ich kann dir keine Vorwürfe machen", meinte ich und blickte Ethan an. „Gut, ich denke, Eyreen und Adreal treffen bald ein", sagte Alexander und meinte, wir sollten ihm folgen. Schnell folgten wir ihm in ein grosses Zelt. Hannah und Darell waren auch schon dort und begrüssten uns. Kurz darauf kamen auch unsere elfischen Gäste an. Ethan war überrascht und erstaunt sie zu sehen und verneigte sich höflich. „Wie ist die Lage im Königreich?", fragte Adreal Alexander. „Meine Spione übermittelten mir, dass König Gabriel ausser sich ist und alle Schutzmassnahmen verstärkt hat", erzählte er, seine Miene streng, „es wird schwieriger ins Schloss einzudringen." „Aber nicht unmöglich", fügte Hannah hinzu und trug ein Grinsen, „du vergisst wieder, welche Armee du besitzt." Alexander blickte sie für eine Weile an und seufzte schliesslich. „Du hast Recht. Kommen wir zum Plan", begann Alexander, „Er ist recht simpel. In einer Woche werden wir ihn ausführen. Nachdem wir im Schloss angekommen sind, werden viele Soldaten versuchen es zu verteidigen. Ich werde diese Aufregung nutzen, den König suchen und töten." Ich unterbrach ihn, da mir etwas an seinem Plan nicht gefiel. „Wieso musst du den König töten? Und wieso gehst du alleine?", fragte ich ihn beunruhigt. Er gab mir keine richtige Antwort darauf. „Es ist besser so", sagte er nur und lächelte. Sein Lächeln störte mich. „Während ich den König töte, muss eine Gruppe Prinzessin Kathelyn beschützen. Sie wird den rechtmässigen Platz als Königin einnehmen", erklärte er zu Ende. Alle Blicke ruhten auf mir. „Ich dachte, du wolltest keine Tyrannei mehr?", fuhr Hannah ihn an. Alexander blickte mich sanft an. „Ich weiss, dass sie das schaffen kann", sagte er und mein Herz schlug schneller. Hannah hackte nicht weiter nach, sondern akzeptierte seine Entscheidung. „Wenn das alles ist, werde ich meine Truppen informieren", meinte Eyreen ruhig. Alexander nickte und die zwei Elfen verliessen uns wieder. „Denkst du, der Plan wird funktionieren?", fragte mich Ethan flüsternd. Ich sagte nichts, da ich mir selber nicht sicher war. Alexander verliess das Zelt und erklärte seinen Plan den restlichen Rebellen.

Kathelyn und der TurmalinWhere stories live. Discover now