Kapitel VI

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Ein leicht kühler Windstoss weckte mich auf und ich öffnete meine Augen. Draussen war es schon hell, deshalb vermutete ich, dass es schon Morgen war. Der Junge schien immer noch zu schlafen und ich schaute mich um. Eine Decke war um mich gewickelt. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass ich mich zugedeckt habe. Mit der Decke um mich, lief ich zum Ausgang und bemerkte, dass Alexander draussen schlief. Kopfschüttelnd legte ich die Decke über ihn und beobachtete den Sonnenaufgang. „Morgen", brummte Alexander hinter mir. „Guten Morgen", begrüsste ich ihn sanft, während er sich streckte. „Der Junge?", fragte er mich vage und ich wandte mich der warmen Sonne zu. „Er schläft noch", sagte ich und schloss meine Augen. „Ich wechsel seinen Verband", sagte er, stand auf und lief ins Zelt. Kaum hatte er das Zelt geöffnet, blieb er still stehen. „Er ist wach", erwähnte Alexander und ich streckte meinen Kopf ins Zelt. Der Junge sass aufrecht auf dem Bett und blickte uns entsetzt an. „Guten Morgen, Kleiner", begrüsste Alexander ihn freundlich und wir traten ins Zelt. „Keine Sorge, du bist hier sicher", erklärte ich ihm und achtete darauf, dass wir ihm nicht zu nahe traten. Alexander und ich tauschten Blicke. „Ich heisse übrigens Alexander", stellte er sich vor und zeigte anschliessend auf mich, „das ist Kathelyn. Sie hat dich gerettet." Der Junge schien sich zu entspannen. „Ich erinnere mich an dich", flüsterte er in einer zierlichen Stimme, „der Jäger war auch dort." Ich nickte und kam langsam auf ihn zu. „Du bist verletzt, aber du wirst bald wieder fliegen können", erklärte ich ihm und setzte mich an den Bettrand. „Danke", wisperte er und brach in Tränen aus. Ich nahm vorsichtig seine Hand und drückte sie fest. Ihm schien es nicht zu stören und er beruhigte sich langsam wieder. „Wie heisst du?", fragte Alexander ihn. Der Junge schnüffelte die letzten paar Male und atmete tief ein. „Ryan", antwortete er und wischte seine Tränen weg. „Ryan, ich wechsle jetzt deinen Verband, in Ordnung?", fragte Alexander Ryan, welcher schliesslich nickte. Ich verliess das Zelt und wartete draussen auf Alexander. Alles um mich wurde plötzlich schwarz und ich befand mich in meinem eigenen Thronsaal. Ich empfand keine Kopfschmerzen und ich blickte mich um. Erschrocken kreischte ich auf, als ich Ethan blutend auf dem Boden knien sah. „Du Verräter!", rief eine unbekannte Person. Das Gesicht dieser Person war verschwommen und die Stimme verändert, als wollte ich nicht wissen wer diese Person war. „Es ist deine Schuld, dass die Prinzessin entführt wurde!", donnerte die Person weiter. „Ich sag doch, ich konnte nichts gegen die Angreifer unternehmen!", versuchte sich Ethan zu wehren. Die fremde Person schnaubte wütend. „Ich wusste, etwas an dir ist faul. König Markus war blind in seiner Gutmütigkeit! Sie hätten dich nie aufnehmen sollen!", brüllte die Person. Ethan wollte etwas sagen, doch er wurde sofort unterbrochen. „Du wirst zum Tode verurteilt", hallten die letzten Worte durch den Saal. Die Vision hörte auf und ich befand mich wieder im Lager der Rebellen. Tränen fielen von meinen Wangen auf den Boden. „So, Ryan ist gepflegt", murmelte Alexander, während er aus dem Zelt kam, „Kathelyn?" Ich drehte mich zu ihm und seine Augen weiteten sich. „Hey, was ist passiert?", fragte mich Alexander beunruhigt und fasste meinen Arm sanft an. „Ethan wird zum Tode verurteilt", flüsterte ich emotionslos. Alexander sagte nichts dazu. „Wir müssen ihm helfen!", forderte ich ihn auf, doch er schüttelte seinen Kopf. „Das Risiko, dass unser Plan auffliegt, ist zu gross", sagte er bedrückt. Mein Herz blieb still. Ich drehte mich um und lief in eine bestimmte Richtung. „Kathelyn! Wo gehst du hin?", fragte mich Alexander irritiert. „Wenn du mir nicht helfen willst, dann gehe ich alleine!", rief ich ihm zu und entdeckte Vic. „Warte!", hielt mich Alexander an und umgriff meinen Arm. „Ich komme mit", sagte er mit fester Stimme und schaute mich direkt an, „ich informiere nur noch die anderen." Mit diesen Worten verschwand er im Lager. Vic machte ein zwitscherndes Geräusch und schmiegte sich unter meinen Arm. Ich strich ihm über seinen Schnabel und beruhigte mich. „Wir werden ihn retten", flüsterte ich keinem zu. Alexander trabte auf mich zu mit einem grossen Rucksack. Wir zwei stiegen auf Vic und flogen los. Unter uns rasten grüne Wiesen und Bäume vorbei. „Was ist deine Beziehung mit Ethan?", fragte mich Alexander nach einer Weile. Ich überlegte kurz und lächelte sanft. „Als kleines Waisenkind wurde er in meine Familie aufgenommen", erklärte ich ihm ruhig, „er ist mein bester Freund und auch mein Leibwächter." Alexander summte verständnisvoll. „Welche Kraft besitzt er?", hinterfragte er mich weiter. Ich lächelte sanft. „Er ist ein Volutier", verdeutlichte ich und er schien so, als käme ihm etwas in den Sinn. „Ach", sagte er nur lächelnd. Der Rest der Reise verlief relativ ruhig. Wir machten einen Zwischenstopp an einer bekannten Lichtung. Dunkelheit umgab uns. Nebeneinander sassen wir an einem Feuer. „Was ist eigentlich deine Kraft?", fragte ich ihn neugierig. Alexander lächelte mich spitzbübisch an. „Es ist ein Geheimnis", säuselte er nur und ich verdrehte meine Augen. „Hast du überhaupt welche?", bohrte ich nach und er lachte laut. „Natürlich! Um ehrlich zu sein, ist meine Kraft nicht einmal so speziell", lachte er mysteriös. Ich gab ein überlegendes Geräusch von mir und trat in das kleine Zelt hinein, welches Alexander aufgestellt hatte. „Gute Nacht", wünschte ich ihm und kuschelte mich in eine dicke Decke.

Am nächsten Morgen gab Alexander mir einen grünen Umhang mit einer Kapuze. Er sollte als Tarnung dienen, wenn wir in der Stadt sind. Den restlichen Teil des Fluges verging wortwörtlich wie im Flug. Mein Herz schlug vor Aufregung, als ich endlich meine Stadt wieder sah.

„Wir landen ein wenig abseits der Stadt", erklärte Alexander, „wir dürfen nicht erkannt werden." Vic landete sanft auf dem Boden neben einem kleinen Wald, welcher nur aus etwa 30 Bäumen bestand. Dieser Wald stand neben der Mauer der Stadt und bat genügend Deckung für Vic. „Wenn wir nach Sonnenuntergang nicht zurück sind, geh zurück zum Lager", bat Alexander Vic und stieg von seinem Rücken herab. Ich folgte Alexander und zog meine Kapuze tief ins Gesicht. „Gehen wir", sagte ich bestimmt und wir trabten in Richtung des Tors der äusseren Mauer. Als wir das grosse hölzerne Tor erblickten, atmete ich auf einmal erschrocken auf und realisierte etwas. „Wie kommen wir herein? Die Tore werden bestimmt bewacht!", geriet ich in Panik, doch Alexander beruhigte mich. „Um ins Schloss zu kommen, habe ich meine Verbindungen", sagte er mit einem Schmunzeln, „verhalte dich einfach ruhig." Zwei Männer in Uniform standen wie erwartet am Tor und hielten uns an. „Warte kurz", flüsterte Alexander mir zu und lief säuselnd auf die Herren zu. Er flüsterte ihnen etwas zu und übergab den Männern zwei braune Beutel. Die Wächter tauschten Blicke und liessen uns herein. Eine grosse und belebte Stadt lag vor uns. „Was hast du ihnen gegeben?", fragte ich Alexander neugierig. „Verzaubertes Gold", kicherte er verstohlen, „sobald sie die Münzen anfassen, zerfallen sie zu Staub." Ich fragte mich, woher er dieses Gold hatte, aber ich liess es sein. Dutzende Leute kümmerten sich um ihre eigene Arbeit. Ein grosser Herr mit breiten Schultern konnte Metall zu Werkzeugen und Waffen mit seinen eigenen Händen formen! Eine Frau konnte ohne Hilfsmittel, Felle zu elegante Stoffe umwandeln! Überall wandten Leute ihre Kräfte im täglichen Leben an. Sie schienen jedoch so unmotiviert. „Komm, wir müssen uns beeilen", wies mich Alexander an, nahm meine Hand und zog mich durch die Menschenmenge. „Ich kenne jemanden, der einen direkten Weg ins Verlies kennt", sagte Alexander mir unauffällig über die Menge.

Kathelyn und der TurmalinWhere stories live. Discover now