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"Wow", war alles was Bill sagen konnte, als er das Wrack, das einst ein roter Polo war, betrachtete. "Das ist es?", fragte er nach einem Moment der Stille, die Hände tief in den Taschen seiner Anzughose vergraben.

Zögerlich schritt Alex zum Ort des Geschehens und blieb neben dem großen Mann stehen, der sie leicht um zwei Köpfe überragte. Unbehaglich schlang sie die Arme um ihren zitternden Oberkörper.

"Kann sich ja nicht jeder einen Bentley leisten", murmelte sie mehr zu sich selbst, doch er hörte es trotzdem.

"Aber könnte es jeder, würde so etwas weniger oft passieren", gab er neunmalklug zurück.

"Und das wäre dann bitte warum, wenn ich fragen darf?"

"Auf einen Bentley passt man besser auf."

Alex konnte auf seinen höchst einfallslosen Kommentar hin nur die Augen verdrehen und ging genervt einen Schritt näher auf den Blechhaufen vor ihr zu. Bill folgte ihr. Er ließ seine langen Finger über das, was von der Karosserie übrig war, gleiten und beäugte es mit zusammengezogenen Augenbrauen. 

"Es ist ein Wunder, dass du das überlebt hast, geschweige denn mit so wenig Verletzungen. Die Fahrerseite ist komplett zusammengedrückt. Wie schnell bist du denn in die Kurve gefahren, Mädchen?", fragte er sie vorwurfsvoll und drehte sich so, dass er sie von oben herab ansah. Sie spielte nervös mit ihren Fingern und starrte auf die Spitzen ihrer Sneaker.

"Nur ein bisschen über dem Tempolimit. Ich dachte, hier stört das eh niemanden.", seufzte sie fast schon und sackte noch ein Stückchen mehr in sich zusammen.

"Um aus der Kurve zu fliegen, muss man etwas mehr als 'nur ein bisschen über dem Tempolimit' fahren. Die legen das nicht umsonst so fest", äffte er sie nach und hob eine Braue.

"Ich muss mich jetzt nicht auch noch vor dir rechtfertigen! Immerhin habe ich einen Unfall gehabt, nicht du. Das ist doch mein Problem", keifte sie zurück und fühlte sich in ihrer Ehre verletzt. Das letzte was sie im Moment brauchte, war eine Lehrstunde von einem eingebildeten Schnösel. Ihr verdammtes Auto war Schrott, sie war am Arsch der Welt, hatte kaum mehr Geld und nun auch keine Möglichkeit mehr jemals wieder von hier wegzukommen. 

"Im Grunde ja, ist es dein Problem. Allerdings muss ich jetzt den Abschleppdienst rufen und wahrscheinlich auch noch zahlen." Entgeistert blickte sie ihn an, ihr Kiefer klappte dabei nach unten.

"Stell dich nicht so an! Du lebst in einer verdammten Villa und jammerst, weil du den Abschleppdienst zahlen musst? Kannst du dir nicht vorstellen, dass das eher eines meiner kleineren Probleme ist? Wäre mein Geld nicht zusammen mit diesem...", sie deutete auf das Autowrack und rang nach Worten, "...dieser scheiß Karre verschrottet worden, würde ich es bezahlen! Lass dir Eier wachsen!", schrie sie ihm ins Gesicht, trat dabei näher auf ihn zu und stach ihm mit dem Zeigefinger in die Brust. 

Das durfte doch nicht wahr sein. Von allen dummen Menschen auf der Welt, musste sie ausgerechnet an ihn geraten. Verzweifelt ließ sie sich gegen einen Baum fallen und rutschte daran hinab, bis sie auf dem Boden saß. Den Kopf in die Hände gestützt seufzte sie laut. Weiter hinten hörte sie Bill telefonieren. 

Immerhin etwas. 

Wenn sie all ihre Ersparnisse überschlug und von der Bank abhob, müsste sie sich ein Flugticket nach Hause gerade noch leisten können. Zur Not würde sie die nächste Nacht auf einer Parkbank schlafen, aber bei ihm blieb sie nicht mehr. 

Zwei glänzende Schuhe traten in ihr Blickfeld und sie hörte, wie Bill sich neben sie kniete.

"Der Abschleppdienst ist unterwegs. Ich hoffe, die können das hier", er fuchtelte mit den Armen in Richtung des Autos, "überhaupt noch abschleppen." 

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