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"Um Himmels Willen, Bill, was ist passiert?", rief Christopher panisch vom Gartentor aus, als er das Auto mit den zwei jungen Erwachsenen darin um die Kurve biegen sah. 

Seine sonst so freundlichen und gelassenen Augen weiteten sich vor Schreck, als der einst schwarze Bentley an ihm vorbei fuhr und vor dem Garagentor zum Stehen kam. Jetzt war er grau vor Dreck und Staub, mit nassen Blättern bedeckt, zerkratzt und zerdellt. Sein Chef liebte diesen Wagen, was musste passiert sein, dass er ihn so vernachlässigte?

Bill schaltete den röchelnden Motor aus und stieg aus, Alex tat es ihm gleich. Er trat auf den Butler zu und drückte ihm die Schlüssel in die Hand. 

"Bringen Sie ihn bitte so schnell wie möglich in eine Werkstatt. Und nehmen Sie auf dem Weg zurück alle Zeitungsausgaben der letzten Woche mit.", wies er den alten Mann an, der verstehend nickte und ins Auto stieg. Sollte ihn auf dem Weg zur Reparatur die Polizei anhalten, wegen mangelnder Sicherheit des Autos im Straßenverkehr, musste er nur Bills Namen nennen und er würde auf seinem restlichen Weg sogar von einer Eskorte begleitet werden. Er wusste nicht woher, aber Bill hatte seine Kontakte. Er war praktisch ein Gesetzloser, wenn er so wollte.

Ein weiteres Mal verließ der Bentley das große Grundstück und der junge Mann sah ihm sehnsüchtig nach. Was solle er nur ohne sein geliebtes Fahrzeug machen? Seufzend fuhr er sich durch die Haare und drehte sich schließlich auf den Fersen um 180° und schritt in Richtung der Türe seiner Villa.

Alex stand die ganze Zeit nur unschlüssig neben ihm und folgte dem Geschehen. Wie stellte Bill sich vor, dass Christopher mit diesem Auto noch zu einer Werkstatt fahren sollte? Es keuchte mehr, als dass es tatsächlich fuhr. Sie sah dem Wagen mit müdem Blick hinterher, wie er die Einfahrt hinabrollte, schwarzer Rauch dabei aus dem Auspuff steigend. 

Unbehaglich scharrte sie mit ihren Schuhen im Dreck auf dem Boden und schielte zu Bill hinauf. Auch er schien mitgenommen von der ganzen Situation, getrocknetes Blut dominierte in seinem Gesicht. Er fuhr sich mit einer dreckigen Hand durch die Haare, zerzauste diese mit dieser Geste nur noch mehr, als sie ohnehin schon waren und ging schließlich ins Haus zurück.

Sie folgte ihm, bis er im Wohnzimmer stehen blieb und sie ihr in die Augen blickte. 

"Geh nochmal duschen, mach dich frisch, bis dahin müsste Christopher auch wieder da sein und fährt dich dann zum Flughafen. Sag einfach wohin du willst, er besorgt dir die Tickets.", erklärte er ihr den weiteren Ablauf des Tages. Seine Stimme zitterte leicht, klang aber dennoch bestimmt, wie Alex feststellte.

"Danke, glaube ich.", antwortete sie mit einem gequälten Lächeln, eine Geste, welche er nur monoton zur Kenntnis nahm. Normalerweise würde sie so ein Angebot nie annehmen. Sie hatte gelernt, für sich selbst zu sorgen. Es war ihr unangenehm, wenn sie von jemand anderem durchgefüttert werden musste. Aber diesmal war ihr alles egal. Sie wollte hier weg. Um jeden Preis. Dafür würde sie auch über ihren eigenen Schatten springen.

Bill nickte kurz und verschwand dann die Treppen hinauf in irgendein Zimmer, die Tür knallte er hinter sich zu. Alex blieb noch einige Momente im Wohnzimmer und starrte auf den Fleck am Boden, an dem der junge Mann eben noch stand, schüttelte dann den Kopf und ging ebenfalls in den ersten Stock. Durch Zufall war die erste Tür die sie öffnete, tatsächlich das Badezimmer und sie trat hinein.

Jedes Mal, wenn sie in den Spiegel über dem Waschbecken blickte, sah sie grauenhaft aus. Getrocknetes Blut klebte an ihrer Schläfe und bahnte sich seinen Weg über ihre Wange. Ihre Haare glichen einem Vogelnest. Blätter und kleine Äste hatten sich darin verfangen und bescherten ihr fast automatisch Dreadlocks. Matsch und Staub bedeckten ihr Gesicht. Mit spitzen Fingern entfernte sie die größten Fremdkörper und kämmte ihre Haare provisorisch mit den Händen durch.

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