7 Monate und 12 Tage vor der Abreise- 15:08 Uhr

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In dem schwarzen Jeep war nur das leise Radio und das noch leisere Brummen des Motors zu hören.
Ansonsten herrschte Totenstille.
Ark wusste nicht was sie zu Alex sagen sollte, aber wusste so vieles, was sie ihn gerne gefragt hätte.
Dann brach er als erstes die Stille. Ark zuckte bei seiner Stimme unmerklich zusammen und sah in seine tiefen Augen.
"Was hast du gesagt?", flüsterte sie.
"Warum du zum Flughafen gefahren bist, wenn du nicht genug Geld für einen Flug dabei hast?", fragte er mit einem besorgten Unterton.
Machte er sich etwa Sorgen,dass sie überfallen wurde?
"Meine Eltern haben mich vergessen."
Sie meinte es genau so, wie sie es sagte.
Alex sagte nichts dazu,doch zog eine Augenbraue hoch.
"Hast du ihnen Bescheid gesagt, dass ich dich mitnehme?"
"Nein."
Er nickte. Ark musste nicht viel sagen, um von ihm verstanden zu werden.
"Ist es für dich ein Umweg nach Chicago?", fragte sie.
"Nein.", sagte er bestimmt. Trotzdem wurde Antarktika das Gefühl nicht los, dass er sehr wohl einen längeren Weg wegen ihr fuhr.
"Wo wohnst du nochmal?"
"Noch Detroit."
"Wieso noch?"
Alex lachte, wobei sich Lachfältchen und Grübchen in seinem Gesicht bildeten.
"Na, weil wir bald nicht mehr auf der Erde wohnen werden."
Ark musste grinsend feststellen: "Das hätte ich fast vergessen."
Worauf Alex noch stärker lachte.
"Übrigens danke wegen der Sache mit Daniel.", sagte Ark mit starken Nachdruck.
"Gerne."
Obwohl er in seiner Lederjacke und seiner coolen Pose da saß, sah in Ark als einen der gutherzigsten Menschen dieser Welt. Denn sie sah unter die äußere Schicht.
"Dafür schuldest du mir aber was.", sagte Alex mit einem spielerischem Zwinkern.
"Und für damals beim Essen und für heute.", fügte Ark hinzu.
Alex lachte wieder: "Vielleicht solltest du anfangen eine Liste zu führen."
"Ich habe eine nahe zu eidetisches Gedächtnis."
"Oh.", Alex sah beeindruckt, aber auch eingeschüchtert aus. Das kleine, zerbrechliche Mädchen neben ihm, mit der viel zu großen Brille auf der Nase, war ihm so stark überlegen.
Ark lächelte verlegen.
"Namen kann ich mir nie merken. Aber den Rest halt schon."
"Den kleinen Rest", murmelte Alex.
Dann herrschte wieder Stille.
Ark sah mit einer fast schon kindlichen Aufmerksamkeit aus dem Fenster und Alex widmete sich seinem schnellem aber überlegten Fahrstil.

Dunkelheit drückte auf die Lichter der Straße.
Ark hatte Mühe ihre schweren Augen offen zu halten, wollte aber keine Sekunde des hier und jetzt verschlafen.
Es fühlte sich so geborgen und friedlich an mit Alex zu schweigen.
Als Alex fühlte, dass seine Augen immer schwerer wurden, bat er Ark darum das nächstgelegene Motel ausfindig zu machen.
Er fand es gefährlich jetzt noch zu fahren. Ark stimmte dem zu. Beide fragte sich im Stillen, ob sie sich wohl ein Zimmer teilen müssen.
"Ich kann auch im Auto schlafen.", sagte Ark als sie vom Highway abfuhren.
"Vergiss es."
"Warum nicht?"
"Es gibt so viele Banden die in dieser Gegend randalieren und Autos anzünden. Ich lasse dich nicht alleine im Auto."
"Ich habe aber nicht genug Geld für ein Zimmer."
"Ich gebe dir so viel, dass du ein eigenes haben kannst."
Ark bemerkte schnell, dass man mit Alex nicht diskutieren konnte. Also nahm sie seufzend sein Angebot an.
"Aber du musst mir kein eigenes Zimmer bezahlen, wir nehmen ein Zweibettzimmer. Das ist günstiger."
Alex wirkte skeptisch,doch insgeheim war es ihm lieber Ark noch näher bei sich zu haben. Ihre Haare leuchteten noch heller im Mondlicht.
Besonders als er das heruntergekommene Motel anfuhr, war es ihm klar, dass er sie nicht aus den Augen lassen wollte. Wer wusste schon was für zwielichtige Gestalten sich hier rumtrieben.

"Der Mond wirkt so nah.", Alex sah aus dem offenem Fenster während auf dem Fensterbrett lehnte.
Zögernd stellte Ark sich neben ihn.
"Schon seltsam, dass wir diesen Anblick nie wieder sehen werden.", bemerkte Alex und musterte Ark von der Seite.
Diese lächelte: "Dafür sehen wir die Erde aus dem Weltraum und sind die ersten Menschen, die den Mars aus eigenen Augen betrachten können."
Alex stützte seinen Kopf ab und grinste breit:
"Das Beste hast du vergessen."
-"Was denn?"
"Es gibt zwei Monde."
Antarktika lachte: "Das ist also das Beste?"
Alex hielt abwehrend seine Hände hoch: "Okay. Es gibt noch etwas Besseres."
Interessiert zog Ark eine Augenbraue hoch.
"Dich."
Stille.
"Mich?"
"Ja", Alex lächelte verlegen, doch versuchte gekonnt lässig zu stehen.
"Das ist bestimmt eine gute Masche ein Mädchen zu beeindrucken, aber bei mir wirkt so was nicht.", bemerkte Ark ganz sachlich. Er konnte diesen Spruch doch niemals ernst meinen.
Auf einmal wirkte Alex verletzt.
"Vergiss es.", sagte er und schloss das Fenster.
"Ich kann nichts vergessen."
"Dann... Ach... Ich weiß nicht Ark. Ich weiß nicht wie ich dir erklären soll, dass ich das ernst meinte. Du machst mich verdammt nochmal sprachlos. Ich bin nie sprachlos!"
Alex ließ sich auf das Bett fallen und raufte durch seine Haare. So etwas hatte er noch nie erlebt. Normalerweise lagen die Mädchen ihm zu Füßen. Warum verdammt nochmal musste er ausgerechnet das komplizierteste Mädchen von allen auswählen?
Weil sie genauso anders war wie er. Doch sie stand dazu und versuchte es nicht hinter einer coolen Fassade zu verstecken.
Ganz sanft berührte eine Hand seine Schulter, während eine weiche Stimme neben seinem Ohr flüsterte:
"Es tut mir Leid, dass ich so bin."
Alex zuckte hoch und nahm ihre Hand: "Bitte sag so etwas nie wieder. Du bist verdammt nochmal perfekt so wie du bist."
Arks Augen wurden größer und sie fühlte das heiße Blut in ihre Wangen steigen.
"Danke."
Alex lachte und nahm sie ihn seinen Arm.
Zu zweit schauten sie den Mond an. Ark hörte Alex Herz klopfen und er lauschte ihrem Atem.



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