Zwei - "Carter wird auch da sein"

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Caras POV

Ich lag auf der Couch und zappte mich durch die verschiedenen amerikanischen Fernsehsendungen, als Em nach Hause kam.

„Caraaaaa" rannte sie mit einem lauten Schrei auf mich zu und ließ sich auf meinen Rücken plumpsen. Aua. „Hey Em," presste ich zwischen meinen Zähnen hervor, sie war wirklich schon mal leichter gewesen.

Als das Gewicht auf meinem Rücken nachließ, drehte ich mich um, um in das strahlende Gesicht meiner besten Freundin zu schauen. Mein vom weinen verquollenes Gesicht sehend, raufte sie sich verzweifelt die Haare. „Oh gott, Cara Madilynn Jones, was ist los?"
Sie setzte sich neben mich auf die Couch, und schaltete den Fernseher aus, den Ernst der Lage an meinem Gesichtsausdruck erkennend.

Ich fasste ihr die Geschehnisse des Tages kurz zusammen, deutlich gefasster als noch heute morgen mit ihrem Bruder oder Mom, und wandte mich danach mit einem grinsenden Gesichtsausdruck meiner nun deutlich über meine Stimmungsschwankungen verwirrten besten Freundin zu. „Aber jetzt raus mit der Sprache Emely Caitlynn Morris, wie war dein Date mit Luke?" fragte ich und wackelte mit den Augenbrauen.
Mit einem leicht rötlich verfärbten Gesicht begann sie dann über ihr ach-so-tolles Date mit ihrem ach-so-süßem Freund zu schwärmen.

Ich wirke warscheinlich äußerlich so, als fände ich Beziehungen und alles drum und dran komplett bescheuert, aber im Grunde bin ich einfach nur neidisch auf Em, will das aber nicht zeigen, vor allem nicht vor ihr. Emely und ich hatten unser ganzes Leben lang alles gleich - gleiches Leben, gleiche Hobbies, die gleiche Familie, sogar ein paar gleiche Klamotten. Das sie einen Freund hatte, war der große Unterschied zwischen uns. Nicht das ich komplett hässlich war und deswegen keinen Freund abbekam, aber ich hatte einfach kein Interesse an einer Beziehung.
Ein paar Jungs aus dem Nachbardorf hatten schon ihr Glück bei mir versucht, sind aber alle kläglich gescheitert. Also, ja.

Ich bin sechzehn Jahre alt und habe im Gegensatz zu meiner seeeeehr erfahrenen besten Freundin absolut keine Erfahrung mit Jungs, hatte noch nicht mal meinen ersten Kuss gehabt. Ich war einfach zu wählerisch. Ich wartete auf den perfekten Jungen, und auch wenn man es auf den ersten Blick nicht denken würde, bin ich was das angeht ein hoffnungsloser, kitschiger Romantiker.
„Cara? Hörst du mir überhaupt zu?", wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. „Ähm...was?" Peinlich berührt, dass ich ihr die letzten fünf Minuten nicht zugehört hatte, schaute ich Em in die Augen.

"Mensch Cara, du bist echt ein hoffnungsloser Fall! Ich habe gefragt, ob du mit zum Lagerfeuer am Strand kommen willst. Carter wird auch da sein," wackelte sie mit den Augenbrauen. Ich verdrehte die Augen als ich seinen Namen hörte. Carter hatte ebenfalls vor ein Paar Jahren sein Glück bei mir versucht, und seit Em das wusste, wollte sie, dass ich ihm eine Chance gab. Ähm, nein danke! Auch wenn Carter nett und heiß war, ich wollte einfach nichts von ihm, was meiner besten Freundin allerdings nicht ganz klar war.

"Oh ja, wie ich mich auf Carter freue," sagte ich mit einem gespielten freudigen Unterton in der Stimme.
"Okay, super. Ich geh mich jetzt umziehen, wir treffen uns in fünf Minuten hier."

Ich nickte und stand wiederwilligst von der Couch auf. In meinem Zimmer angekommen zog ich mir einfach ein paar Jeansshorts und ein schwarzes Top an, schrieb Mom, dass ich nicht vor Mitternacht zuhause sein würde, zog Flipflops und einen roten Lifeguard-Sweater über mein Top an. Nach einem schnellen Blick in den Spiegel rannte ich die Treppen runter und stolperte, tollpatschig wie ich war, über die letze Treppenstufe und fiel der Länge nach auf den Boden.

Als ich lautes Lachen hörte, schaute ich verwundert nach oben, nur um Tyler zu sehen, der sich vor Lachen krümmte.
"Na sieh mal einer an...Wen haben wir denn da?", presste er unter Lachen hervor. Idiot.

Ich stand auf, nicht ohne ihm vernichtende Blicke zuzuwerfen, die er mit "Oooh, jetzt habe ich aber Angst" kommentierte, worauf hin ich mich von ihm abwand und im Gehen meinen Mittelfinger in seine Richtung streckte.
In der Küche angekommen, sah ich schon Emely, die sich drei Sixpacks Bier aus dem Kühlschrank angelte. "Em," machte ich meine Freundin auf mich aufmerksam, "wir können gehen, ich bin fertig." Sie drehte sich um, wischte sich die Hände an ihrem Jeansrock ab und lächelte mich an.

"Na, dann mal los," rief sie mir fröhlich zu, schnappte sich zwei Sixpacks, zeigte mit ihrer freien Hand auf das übrig gebliebene und gab mir damit zu verstehen, dass ich das zu tragen hatte, und lief Richtung Haustüre.
Mit den Fahrrädern fuhren wir eine halbe Stunde lang die nur von schwach leuchtenden Straßenlaternen beleuchtete Hauptstraße lang, da es mittlerweile schon neun Uhr Abends war, und bogen dann auf einen kleineren Weg zum Strand ein.

Die Strandparty war schon in vollem Gange als wir ankamen. Um das große Lagerfeuer hatten sich in einem großen Kreis um die zwanzig Teenager in den Sand gesetzt und grillten Stockbrot oder Würstchen, tranken Bier oder unterhielten sich.
Obwohl es schon relativ dunkel war, konnte ich Joey am Feuer sitzend ausmachen, den ich auch ansteuerte, nachdem Luke eingetroffen war und Em für nichts anderes mehr Augen hatte.

Ich schlich mich von hinten an Joey an, zwar nicht ganz leise, aber er war so sehr damit beschäftigt, Gitarre zu spielen, dass er sich extremst erschreckte, als ich ihm von hinten die Augen zuhielt und gleichzeitig "Hi, JoJo" ins Ohr brüllte.
Lachend ließ ich mich neben ihm in den Sand fallen, wo er mich für kurze Zeit böse von der Seite anstarrte, dann aber mit in mein Lachen einfiel.
"Hey, Cara. Schön dich zu sehen!", strahlte er mich an, nachdem wir uns beide wieder beruhigt hatten und zog mich in eine Umarmung.

"Na, wie gehts so? Wir haben uns ganz schön lange nicht mehr gesehen," fing er auch direkt eine Unterhaltung an.
Wie soll es einem schon gehen, wenn du erst vor wenigen Stunden deinen halb verbluteten Bruder ins Krankenhaus gebracht hast? Und dann Abends auf eine Party gehst? "Gut. Und ja das ist echt schade, aber ich hatte viel zuhause zu tun," antwortete ich auf seine Frage.

Was er darauf antwortete, bekam ich nicht mehr mit, da ich immer noch über seine Frage nachdachte. Nein, im Grunde fühlte ich mich total beschissen, weil ich auf einer Party war, während mein Bruder in einem beschissenen Krankenhaus war. Aber Mom meinte ja, es ginge ihm gut, und dass sie bald nach Hause kämen.
Mein schlechtes Gewissen hatte ich zwar noch nicht beruhigt, aber wenigstens fühlte ich mich etwas besser.

Ein Typ, der gegenüber von mir saß, schlug vor, dass wir noch Wahrheit oder Pflicht spielten und so kam es, dass ich zwei Stunden später leicht angetrunken, mit Emmy im Schlepptau Richtung Fahrräder lief.

"Cara, wolltest du etwa gerade gehen? Weil ich hatte noch gar keine Gelegenheit mit dir zu reden, und es wäre extremst unhöflich von dir, mich jetzt hier stehen zu lassen. Findest du nicht?"

Ich erstarrte, drehte mich langsam um und starrte in ein paar blaue Augen, die ich am liebsten so schnell nicht wieder gesehen hätte.

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