Kapitel 6

16 1 0
                                    

Flatternd öffnete ich meine Augenlider. Ich lag auf dem dunklem Holzboden des Zimmers. Wahrscheinlich befinde ich mich immer noch im Tower, dachte ich mir. Und ich hatte noch immer dieses klobige Hausmädchenkostüm an. Wie lange liege ich schon hier? Tausend Fragen wirbelten in meinem Verstand. Langsam rappelte ich mich auf. Schnell putzte ich den Staub von meinem Kleid und schaute mich um. Nach ein paar Minuten des Umschauens bemerkte ich, dass etwas fehlte. Mit panischem Blick suchte ich nach dem Stein, aber er war nicht da! Dort wo die Vitrine hätte stehen sollen, stand ein dunkler Holzschreibtisch mitsamt einem dunkelroten Sessel.Oh nein nein nein nein nein... das kann nicht wahr sein! Sowas passiert doch nur in Büchern! Langsam begriff ich, mit was ich hier zutun hatte. Ich war wirklich in der Zeit gereist. "Das kann doch alles nicht wahr sein...", flüsterte ich, während ich die Hände über dem Kopf zusammenschlug.Das kann nicht wahr sein, die haben mich bestimmt nur in ein anderes Zimmer gebracht... Ich lief durch den Raum und suchte nach Hinweisen darauf, dass mich jemand veralbern wollte. Ich durchwühlte den Schreibtisch, schaut in dem langen Bücherregal nach, welches die ganze Wand bedeckte. Man war wie in einen Raum voller Bücher eingeschlossen. Nach ein paar Minuten hatte ich immer noch nichts gefunden. Nichts...,dachte ich mir verzweifelt. Es gab rein gar nichts, was darauf hindeutete, dass ich immer noch im 21. Jahrhundert war. Jetzt war ich nur von einem heillosen Chaos umgeben bestehend aus Büchern, Briefen und Papier. "Was machen Sie da?!", rief plötzlich eine tiefe Stimme hinter mir. Erschrocken, besser gesagt ertappt, drehte ich mich um. Ein gutaussehender junger Mann stand mit einem Buch unter dem Arm geklemmt in der Tür. Oh oh... Seine Gesichtsausdrücke verwandelten sich von erschrocken, zu verwirrt, zu sauer. Mit zusammengezogenen Augenbrauen fixierte mich der Fremde mit seinen dunkelbraunen Augen."Miss, waren Sie das etwa?" Mir brach der kalte Schweiß aus. Es schien als würde er mich gerne erwürgen wollen. "Ähm...", fing ich an bis mich der gutaussehende Fremde unterbrach. "Ich habe es doch ausdrücklich gesagt, dass ich in meinem Arbeitszimmer niemanden haben will, besonders keinen der mein Zimmer verwüstet und in meinen Sachen herumschnüffelt! Er sagte alles so schnell und in diesem typischen britischen Akzent, dass ich nur die Hälfte verstand. Mit zitternder Stimme erwiderte ich in meinem besten Englisch:" Es tut mir leid, ich habe etwas die Orientierung verloren und dann habe ich Panik bekommen und..."Ich verstummte. Was wenn ich ihm sagte ich sei in der Zeit gereist?Dieser Typ würde mich für verrückt halten... "Könnten sie mir zufällig sagen welches Jahr wir haben", beendete ich etwas lahm meinen Satz. Diesmal mit einer etwas festeren Stimme. Der Unbekannte schaute mich überrascht an. Nachdem er mich noch etwas wütend angestarrt hatte, kam er meine Frage nach und sagte:" Wir haben 1864 Miss" Das bestätigte mir meine Vermutung. Kraftlos sackte ich in mich zusammen. Langsam kamen die Tränen und mein Gesicht erhitzte sich. Warum musste sowas mir passieren? Warum musste das mit der scheiß Zeitreise funktionieren? Warum hatte ich nur dieses blöde Ritual gemacht? Langsam flossen immer mehr Tränen und ich schüttelte mich vor Schluchzern. Einmal lief es gut in meinem Leben und dann hab ich es wiedermal zunichte gemacht... Ich spürte den Jungen neben mir, aber es war mir egal. Ich versank gerade viel zu tief in Selbstmitleid. Er kniete sich neben mich und sagte:"Es tut mir leid,ich hätte sie nicht so anschreien dürfen." Mit verquollenen Augen sah ich zu ihm auf und erwiderte:" Oh nein, sie verstehen das ganz falsch. Sie haben schon richtig gehandelt. Es ist nicht nett von jemand Fremden das Zimmer zu verwüsten. Könnte ich vielleicht ihren Namen erfahren?" Prompt wurde ich rot. Das war vielleicht doch etwas zu direkt. Er lächelte nur über diese Aussage,so als wäre ich ein kleines Dummchen. Wo war eigentlich sein Buch?"Mein Name ist James Malcolm Perkins, Sohn von Arthur und Diana Perkins der das Anwesen gehört.""Oh das erklärt einiges...", sagte ich eher zu mir selbst als zu James."Dürfte ich", fragte James," vielleicht auch ihren Namen erfahren?" Jetzt lief ich schon wieder rot an. Ich konnte das Grinsen, welches von James ausging  spüren. "Mein Name ist Victoria Evons", sagte ich schüchterner als beabsichtigt.Langsam erhob sich der nun nicht mehr Fremde neben mir. "Wie wäre es wenn wir nochmal von Neuem starten und dieses heillose Chaos zusammen beseitigen", fing er an", ich denke nicht, dass sie wissen wo alles hier hinkommt." Er hielt mir Gentlemanlike die Hand hin, die ich dankbar ergriff. Er zog mich so schnell hoch, dass ich gegen seine Brust taumelte. Mit rosaroten Wangen schaut ich zu ihm hoch. Mit seinen braunen- fast schwarz-wirkenden Augen, der geraden Nase, den vollen Lippen und dem Funkeln in den Augen, wirkte er eher jungenhaft als wie ein Mann. Sein Gesicht war von blonden Haaren umgeben, die unordentlich nach hinten gestrichen waren. Er musste ungefähr 20 Jahre alt sein. Als ich mir meinem Starren bewusst wurde, wich ich schnell einen Schritt zurück und strich mir verlegen eine gelöste Haarsträhne hinter mein Ohr. "Also wollen wir anfangen?", fragte ich mit einem entschlossenen Blick. James räusperte sich verlegen und erwiderte:" Nun gut, dann zeige ich ihnen mal alles." Und so fingen wir mit einer gewissen Vertrautheit an still aufzuräumen und dem Chaos Herr zu werden.

~

Nach einer Ewigkeit hatten wir alle losen Blätter, Briefe und aufgeklappten Bücher zurück an ihren Platz geräumt.Obwohl es mir vorkam wie 5 Minuten, sah man durch das kleine Fenster, welches an der Decke war, wie das Licht immer mehr verschwand. Diese Aufräumaktion muss ungefähr drei Stunden gedauert haben... Bloß wie komme ich jetzt zurück? Während ich weiterüberlegte , legte mir mir James einen Arm um die Schulter. "Puh, ich wusste nicht dass aufräumen so lange und so viel Kraft benötigt. Eigentlich übernehmen die Butler und Hausmädchen diese Aufgabe.", sagt er an mich gewandt. "Tja", entgegnete ich ihm," für alles gibt es ein erstes Mal."Langsam entzog er mir seinen Arm und stellte sich mir gegenüber. Verwirrt blickte ich ihm in seine Augen, die mich sorgenvoll musterten. "Habe ich etwas im Gesicht?", fragte ich ihn verwirrt. "Nein, aber sie müssten hier noch nicht solange arbeiten. Ich habe es dem Hauspersonal eigentlich untersagt in meinem Arbeitszimmer sauberzumachen, außer wenn ich es selbst anordne." Weiterhin mustert er mich gedankenverloren und flüstert eher zu sich selbst als zu mir:" Warum habe ich Sie dann noch nie so richtig wahrgenommen?" Aber da kam mir die Idee: Ich könnte so tun , als wäre ich ein neues Hausmädchen und wenn dann der Stein wieder in das Anwesen gelangte, könnte ich wieder zurück ins 21. Jahrhundert reisen! Aber ich müsste vorsichtig sein, denn Lügen hatten bekanntlich kurze Beine... "Miss Evons?" Aus meinen Gedanken gerissen schaute ich James an. " Ich müsste Sie dann bitten mein Arbeitszimmer zu verlassen, nachdem nun jegliche Unordnung beseitigt ist", wies mich nun James an. Oh je, wie soll ich mich nur hier zurecht finden? Ich denke ich frage ihn einfach... Mit rosaroten Wangen trat ich einen Schritt auf ihn zu. Seine wunderschönen Augen weiteten sich ein bisschen. Ich sagte: " Entschuldige, aber ich kenne mich hier noch nicht so gut aus und weiß auch noch nicht so recht wo ich schlafen kann. Könntest du mich vielleicht begleiten und mir ein bisschen des Anwesens zeigen?" Mit meinem besten Hundeblick schaute ich ihm direkt in die Augen. Sein Blick verwandelte sich von erschrocken, in verwirrt, in freundlich. Mit einem schiefem Grinsen schaute er auf mich herab und erwiderte: " Natürlich kann ich das. Besonders mit dem per du würde es mir eine Freude sein." Jetzt war ich wahrscheinlich noch roter als eine Tomate. Ich hatte die Etikette komplett vergessen! Gott sei Dank war er kein steifer alter Mann mit Schnauzer und Monokel der mich wahrscheinlich wegen diesem Fehler hätte ins Gefängnis werfen lassen. Übertreib mal nicht so, es ist doch nicht passiert. Schnell straffte ich meine Schultern und erklärte ihm, dass es mir leid täte. "Macht nichts", er zuckte mit den Schultern," es ist etwas Abwechslung zu den steifen Umgangsformen, die wir hier in London haben. Aber ehe wir hier festwachsen, sollte ich ihnen langsam alles zeigen, nicht wahr?" Eine unausgesprochene Dringlichkeit lag in seinem Blick. "Oh, j...ja natürlich." und zum gefühlten tausendsten Mal wurde ich Rot in diesem Gespräch. Wie ein Gentleman, der James eben war, hielt er mir die massive Tür auf und bat mich hinaus auf den Gang zu treten. Immernoch rot wie eine Tomate, huschte ich schnell an ihm vorbei und wartete bis er die Tür zu seinem Zimmer fest verschlossen hatte. "Ladys first", flüsterte James mir mit seiner tiefen Stimme ins Ohr, worauf ich sofort Gänsehaut bekam. Langsam setzte ich meinen linken Fuß auf die erste Treppenstufe. Jetzt könnte ich nicht mehr in dieses nach druckerfarbe- riechendes und heimelige Zimmer gehen. Ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter. Auf was ließ ich mich gerade überhaupt ein?

Tja dann mal los.





~

Heyy Leute!

Nach langer Inaktivität und einer Schreibblockade ( wo auch immer die herkam) habe ich es geschafft ein Kapitel zu schreiben, juhu!:D

Schreibt mir mal eure Meinung zu dem Kapitel. :)

Bis bald

eure LunaAnnabella

Der Tower  ~ Gefangen in der Zeit ~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt