Kapitel 1

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Ihre Kehle war trocken, ihre Beine waren müde und ihr Puls war viel zu hoch als das es gesund sein könnte. Trotzdem musste sie weiter rennen. Die schwarze Kapuze ihres Sweatshirts hing ihr tief ins Gesicht und warf einen angenehmen Schatten über ihre Augen. Viel zu lange ist es her ,dass sie endlich wieder aus dem Internat kam.
Die Turmuhr schlug 23:30 Uhr. Perfekt für einen nächtlichen Ausflug in die Innenstadt von Manhattan. Das Eingangstor war wie erwartet fest verschlossen. Den Schlüssel bewahrte Direktorin Binner seit ihrem letzten Ausbruch sicher verwahrt in deren Nachttisch auf. Aber als ob sie ein Eisentor aufhalten könnte. Der Baum daneben kam wie gerufen. Ein kleiner Sprung und sie hatte sich an den untersten Ast gehängt. Von dort aus war es eine Leichtigkeit in die Baumkrone zu klettern um dann über die Mauer zu springen.
Elegant landete sie auf der anderen Seite und rannte weiter über die Brooklyn Bridge. Sie war spät dran, musste sich also beeilen. Im gegenüberliegenden Park hatte sie sich mit ein paar Jungs verabredet. Jede Freitag Nacht treffen sie sich dort um sich gegenseitig neue Tricks und Tipps zu zeigen. Seit drei Monaten war sie jetzt schon bei der Gruppe, was für sie ziemlich ungewöhnlich ist. Normalerweise wird sie spätestens nach zehn Wochen von der Schule geworfen oder sucht selber das Weite.
Irgendwie hatte sie einfach nie das Gefühl irgendwo hin zu gehören. In den letzten Jahren aber hat sich dieses Gefühl noch verstärkt. Genauer gesagt seitdem sie jede Nacht von Monstern mit spitzen Ohren und einem Fell aus Stahl träumte. Jede Nacht wachte sie deswegen in Schweiss gebadet auf und versuche sich einzureden, es währe nur ein Traum, nur um in der darauffolgenden Nacht wieder haargenau das gleiche zu träumen.
Ihre Jungs standen schon an unserem Treffpunkt und mit ihnen zwei andere. Es war klar ,dass sie normalerweise nicht zu der Gruppe gehörten. Beide hatten weder Sporthosen noch irgendwelche Handgelenkschoner an.
„Percy da bist du ja, hat aber ganz schön lange gedauert diesmal. Hattest du wider Stress mit deinem Alten?", schrie der erste der sie entdeckte. Sie machte eine abweichende Bewegung mit dem Handgelenk und gesellte sich zu ihnen.
„Das sind Max und... wie ist dein Name nochmal?"
„Mino" Ein kühler Schauer fuhr ihr über den Rücken. Mino hatte sie mit seinen Augen fixiert. Er Verfolgern sie, wie wenn sie an sie gekettet währen. Seine Haare waren blond und top gestylt. Eine lange schwarze Hose und ein viel zu dünnen T-Shirt für diese Jahreszeit ,stellten seine Kleidung dar. Vermutlich standen jegliche Mädchen auf ihn und er konnte sich vor den Freundesanfragen auf Facebook gar nicht mehr retten. Den Mädchen an ihrer Schule hätte er bestimmt auch gefallen, er sah einfach aus, wie aus dem Modemagazin herausgeschnitten.
Max war das genaue Gegenteil. Er hatte müde Augen, die braunen Haare waren verstrubbelt und seine Füsse stecken in zerschlissenen Converse. Genauso ramponiert waren auch seine Hosen. Eine Tarnjacke versteckte ein weisses Shirt mit Aufdruck. Im grossen und ganzen sah er so aus als ob er seit Tagen nicht mehr geschlafen hätte. Dennoch auch er unterzog den Neuankömmling einer gründlichen Musterung.
„Also die Beiden schauen heute einmal bei uns zu. Beide haben schon einen kleine Hintergrund im Parkuhr und sollten uns folgen können." Auffordernd klatschte Trever in die Hände. „Ich würde sagen ihr versucht einfach dran zu bleiben." nacheinander sprangen sie über Absperrungen, Autos, Baustellen, Mülltonnen und kletterten an Wänden hinauf um immer höher zu gelangen. Das Ziel war wie meistens eine Baustelle nordöstlich. Ein neues Bürogebäude erstreckte sich dort auf einem ehemaligen Parkgelände. Unter diesem Vordach hatte sie eine Nacht übernachtet, bevor sie in das Internat gegangen war. Die Sterne hatten ehrlich gefunkelt und der Vollmond hatte alles erleuchtet. In dieser Nacht hatte sie mich zum ersten Mal seit langem wieder einmal ausgeruht. Zwar mit einem Albtraum, aber zumindest so gut das sie wieder klar denken konnte.
Zur Zeit aber würde die Erschöpfung immer schlimmer. Das einzige was sie noch in Manhattan hielt waren die nächtlichen Ausflüge und das Gefühl frei zu sein. Man könnte meinen sie sei ihr ganzes Leben frei gewesen, leider ist das ein Irrtum. Kurz nach ihrem sechsten Geburtstag starben meine Eltern und sie musste zu ihren Grosseltern ziehen. Viel Freude hatte sie dort nie gehabt, also lief sie ein Jahr später weg. Seither lebte sie zwar in der Freiheit, das heisst aber noch lange nicht, dass sie auch wirklich frei war. Jeden Tag für einen Schlafplatz zu sorgen und Tag für Tag um Essen zu kämpfen, war alles andere als frei zu sein.

Daughter of the Gods - About the PastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt