Selbsterkennung

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Kapitel 4 : Selbsterkennung

Seit fast 2 Wochen war ich nun schon auf der Farm und habe seitdem auch weiterhin das Essen verweigert, was sich mittlerweile arg bemerkbar machte. Getrunken habe ich nur, wenn es wirklich nötig war und mir so das Überleben gesichert. Denn ich wusste das man sehr gut ohne Essen auskam, aber nicht ohne Flüssigkeit. Das durfte ich in den letzten 2 Jahren am eigenen Leib erfahren und konnte diese Hungerphasen von daher schon. Allerdings schritt meine Wundheilung dementsprechend langsam voran. 

Mittlerweile hatte ich, wenn auch nur notgedrungen, so ziemlich alle Farmbewohner kennengelernt, da sie sich ständig mit der Wache über mich abwechselten. Die Handschellen war ich aufgrund meines Verhaltens noch immer nicht los geworden. Alle versuchten immer wieder auf mich einzureden und mich zum essen zu überreden, aber ohne jeglichen Erfolg. Lori, die Frau von Rick, war besonders schlimm. Ständig machte sie einen auf Übermutter, obwohl sie mich gar nicht kannte. Der Rest der Gruppe schien ganz nett zu sein. Mit Daryl redete ich noch immer nur das Nötigste und wirklich freundlich waren wir auch nicht zueinander, oder eher ich nicht zu ihm. Warum er nicht schon längst ausgerastet war, war mir ein Rätsel. Früher hätte ihn so ein verhalten schon nach 2 Sätzen aufgeregt. Und so begann ich das erste mal über mein eigenes Verhalten, den anderen Gegenüber, nachzudenken. Ich hatte mich so in meine Wut verrannt, dass ich gar nicht mehr wahrnahm, dass alle hier nur mein bestes wollten, vor allem aber anscheinend Daryl. Gab es überhaupt noch einen Grund, wütend auf ihn zu sein? Mich ließ dieses Gefühl nicht los, dass er das alles hier tat, um mir zu zeigen, das ich ihm nicht scheißegal war. Ich horchte noch weiter in mich hinein. Eigentlich hatte ich gar keinen Grund, sauer auf ihn zu sein. Immerhin war es Merle, der mich verraten und verkauft hatte, und nicht Daryl. Der war damals genauso Machtlos wie ich. Denn hätte er sich eingemischt, wären wir jetzt vermutlich beide Tod. Endlich sah ich ein, das es Zeit war, mit der Vergangenheit abzuschließen und mein Verhalten von Grund auf zu ändern. Keiner hier verdiente es, dass jemand so mit ihnen umging, wie ich es die ganze Zeit über tat. Denn das waren alles gute Menschen. Und ich musste auch einsehen, dass es endlich Zeit war, ihre Hilfe anzunehmen, die ich dringend brauchte. 

„Andrea?" rief ich leise nach draußen. „Hey kleine, was gibt's?" fragte sie freundlich. „Ich müsste mal ins Bad, bitte." Sie schloss die Handschellen auf und wartete vor der Badezimmertür, bis ich wieder rauskam. Und dann machte ich etwas, was sie natürlich ziemlich erstaunte. Ich setzte mich wieder auf's Bett und ließ mir, das erste mal Widerstandslos, die Handschellen anlegen. 

Irritiert sah sie mich an und verließ wortlos und schon fast fluchtartig den Raum. Ich dachte noch lange über die Vergangenheit und mein verhalten nach. Sie wie bisher konnte und wollte ich auf keinen Fall mehr weitermachen, das war mir jetzt endlich klar geworden. Hoffentlich noch nicht zu spät....

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