Geduldig warte ich am Mittag wieder einmal an der Haltestelle, doch dieses mal trug ich keine Kopfhörer. Seitdem ich aus dem Bus ausgestiegen war, quälte mich ein schlechtes Gewissen.
Warum habe ich ihn alleine weiter fahren lassen?
Ich hätte ihn bis zur Schule begleiten können, doch dann wäre ich zu spät gekommen. Außerdem spielte der Hinweg kaum eine Rolle, sondern nur der Tag an sich.
Ich sah auf meine Uhr hinab. Er war zu spät. Doch nicht nur für ein paar Sekunden oder eine angemessen Anzahl von Minuten, sondern schon für eine halbe Stunde. Nervös sah ich die Straße entlang und erblickte dabei den Bus, welcher nach kurzer Zeit vor meiner Nase hielt. Lächelnd, beinahe aufgeregt stand ich vor der Tür. Chan war mir sofort ins Auge gefallen, doch als ich sein trauriges Gesicht sah verschwand meine Freude augenblicklich.
,,Alles in Ordnung?," fragte ich ihn, als er aus dem Fahrzeug stieg. Hektisch zog er sich einige seiner Haare über das rechte Auge, weshalb ich nun traurig zu Boden blickte. Er probierte es vor mir zu verstecken wobei er vergaß, dass ich seine Mimik wie ein Buch lesen konnte.
,,Bitte bleib stehen," flüsterte ich gar, da mir die Luft zum sprechen förmlich fehlte. Aber er hörte nicht auf mich, sondern lief einfach weiter.
,,Bitte, bleib stehen," wiederholte ich nun lauter. Ich merkte, wie seine Bewegungen langsamer wurden bis er letzten Endes gänzlich stand. Zögernd lief ich einige Schritte an ihm vorbei, damit ich mich vor ihn stellen konnte. Ich wollte sein Gesicht begutachten. Mit dem unbedeckten Auge sah er mich flehend an, doch ich ignorierte seine unausgesprochene bitte.
Vorsichtig entfernte ich die Haare, welche sein kleines Geheimnis vor mir verbargen. Doch ich bereute meine Neugierde schon bald. Ich sah auf das geschwollene Auge hinab, welches sich wahrscheinlich binnen kürzester Zeit bläulich färben würde. Zögernd - beinahe ungläubig - fasste ich an seinen Wangenknochen, weshalb er zusammen zuckte.
,,Tut mir leid. Es schmerzt bestimmt noch," entschuldigte ich mich schlagartig bei ihm, doch er blieb stumm. Er würde mit mir weder über den Grund - warum derjenige ihn geschlagen hat - noch über die dafür verantwortliche Person reden. Dennoch probierte ich mein Glück.
,,Wer war das?"
Meine Stimme klang angeschlagen, doch anstatt einer Antwort lieferte er mir einen genervten Seufzer, gefolgt von den Worten:
,,Lass uns einfach zu dir gehen."
Genervt ging er an mir vorbei, doch ich konnte ihm nicht folgen. Mein Körper schien mit einem mal schwer wie Stein.
Ich war es gewohnt, dass Chan mit blauen Flecken nach Hause kam doch er sprach nie mit mir darüber.
Ich würde ihm gerne helfen aber er lässt mich nicht. Er berichtet mir immer von seiner Angst, dass ich nur unüberlegt handeln und letztlich nur zur Zielscheibe werden würde.
Dabei wäre es mir um einiges lieber wenn es mich anstatt ihm erwischt.

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朋友 ғʀɪᴇɴᴅ ✧ ᶜᴴᴬᴺᴵᴺ
FanfictionAlles begann mit einem lσch im Zaun. Ein Gespräch, eine entstandene Freundschaft und letztlich eine єínѕєítígє Liebe. Doch wie soll er es bemerken, wenn seine Augen für jemanden αndєrєn bestimmt sind?